EditorialAuf Empfang für Moskau – Corona-Gegner und Russland-Freunde

Editorial / Auf Empfang für Moskau – Corona-Gegner und Russland-Freunde
Grüße aus Moskau: Putins Propaganda schallt schon lange Zeit durch die westlichen Demokratien Archivfoto: AFP

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Nein zur New World Order und dem Great Reset! Unter diesem Motto wird in Luxemburg ernsthaft zu Demonstrationen aufgerufen. Leider, leider hat das Abflauen des Schwurbler-Topics Numero uno der vergangenen beiden Jahre – der Corona-Pandemie samt Impf-Chipifizierung made by Bill Gates – nicht zum Abflauen des Schwurbelns an sich geführt. Denn das Herausragende an Verschwörungsmythen ist ja: Sie sind komplett unlogisch und total abstrus – und funktionieren insofern problemlos auch in der nächsten Krise.

Dazu haben sich die „Freedom Fighters“ nun den Ukraine-Krieg ausgesucht. Anstatt gegen die Corona-Diktatur wird jetzt also gegen die NATO-Aggressoren oder die „Junta in Kiew“ protestiert. So weit, so vorhersehbar und bereits berichtet. Was aber oft vergessen wird, ist der Blick zurück in die Zeit vor der Pandemie. Dass aus einigen Corona-Schwurblern jetzt erst Russland-Fans werden, ist nämlich falsch: Ein Teil derjenigen, die da in den vergangenen Monaten „für“ die Demokratie auf die Straße gegangen sind, war bereits vor Covid-19 begeistertes Mitglied im Putin-Fanclub – und mit allen Antennen auf Empfang für die Propaganda aus Moskau.

Spätestens im Jahr 2014, also mit dem Machtwechsel in Kiew und der Annexion der Krim durch Russland, wurde die Pro-Russland-Propaganda im Westen hochgefahren. Die Geschichte von der bösen NATO und dem vom Westen finanzierten Maidan-Umsturz wird seitdem von – nennen wir sie beim Namen – rechtspopulistischen Content-Kreatoren hoch- und runtergebetet.

Um einmal eine Verschwörungstheorie aufs Tableau zu bringen, die vielleicht nicht ganz so abstrus ist: Putins Propaganda hat ein gutes Stück mit dem Erstarken genau dieser Rechtspopulisten zu tun, jenes neo-rechten Gedankenguts, das auch Irrationalitäten wie den Brexit oder Donald Trump ermöglichte. Der ehemalige EU-Sicherheitskommissar Julian King beschrieb 2018 in einem Gastbeitrag in der Welt eine der größten Bedrohungen für Europa so: „Der Versuch, mit Fake News das Verhalten einer großen Zahl von Menschen zu manipulieren und unsere offenen demokratischen Systeme zu einer Waffe zu machen, die sich gegen uns selbst richtet.“ Es bestand laut King damals „kaum ein Zweifel daran, dass wir es gegenwärtig mit einer ausgeklügelten, sorgfältig orchestrierten regierungsgestützten prorussischen Desinformationskampagne zu tun haben.“

Vor dem EU-Parlament sagte King kurz davor: „Wir müssen wachsam bleiben. Wenn wir uns Meinungsumfragen ansehen, die messen, wie viele Menschen offensichtliche Desinformation akzeptieren, müssen wir unglücklicherweise daraus schließen, dass russische Desinformation extrem erfolgreich sein kann.“ Umgekehrt könnte man rückblickend sagen: Falls das Ziel der russischen Desinformation die Destabilisierung des Westens war, dann ist sie um einiges effizienter als die russische Armee.

Wie sehr Russland die Corona-Proteste unterstützt, instrumentalisiert oder gar ausgelöst hat, lässt sich nur erahnen. Aber um zu erkennen, dass der Kreml in den vergangenen zwei Jahren massiv Verschwörungstheorien, Impfskepsis und Zweifel an unseren Demokratien gesät hat, reichte ein kurzer Blick auf die Internetseite von RT, vormals Russia Today. 

Die EU-Kommission hat mit dem Sendeverbot der offiziellen staatlichen Propagandamaschine – die sich selbst als „Waffe im Informationskrieg“ bezeichnet – versucht, den Geist ein Stück weit in die Flasche zurückzudrängen. Ein in Zeiten der totalen Digitalisierung seltsam ineffizienter und verzweifelter Schritt – aber der Beginn einer Antwort auf eine unbequeme Frage: Sollen unsere liberalen Demokratien auf einen zentralen Part dessen verzichten, was eigentlich ihr ureigener Zweck ist – den Schutz der freien Meinungsäußerung –, um weiter bestehen zu können?

So oder so: Die Propaganda hat schon gewonnen.

Soren
24. Mai 2022 - 9.45

Zitat: "Die Propaganda hat schon gewonnen." Fragt sich nur welche?

Filet de Boeuf
23. Mai 2022 - 13.22

Die Schwurbler sind doch gut für die Politik, sie lenken vom realen finanziellen Kaufkraft-Problem ab. Ist doch schön wenn einigen Leuten eine Maske wichtiger ist als Stau, Arbeit, Wohnung, Bildung, Klima, Armut, Kriminalität, etc. Da müsste doch jeder Politiker mit Freude in den Tag starten.

Grober J-P.
23. Mai 2022 - 9.38

National! Verstehe das immer noch nicht, wie kann man als Nationalist Fan von einem "fremden" Nationalist sein. Das ist doch ein Widerspruch an sich.

Romain Today
23. Mai 2022 - 9.21

@lupus-canis. Genau, was nicht passt wird unterdrückt , es muss Diktatoren und Russenfeindlich sein und pro Amerika und gegen China.

lupus-canis
23. Mai 2022 - 8.57

"Schutz der freien Meinungsäußerung" wann een den Artikel liest : wou wär se dann ..