MeinungDie Grenzen der NATO als Wertegemeinschaft: – Türkei blockiert Schweden und Finnland

Meinung / Die Grenzen der NATO als Wertegemeinschaft: – Türkei blockiert Schweden und Finnland
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan blockiert die NATO-Wünsche aus Schweden und Finnland Foto: AFP

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Kurz nach der Beantragung der NATO-Mitgliedschaft durch Schweden und Finnland blockiert die Türkei Beitrittsgespräche. Mit etwas gutem Willen und einer Finte sollte das ein lösbarer Knoten sein.

Das hatten sich Klaus Korhonen und Axel Wernhoff auch nicht vorstellen können: Dass sie als Botschafter bei der NATO an diesem Mittwoch im Mai die offiziellen Mitgliedsanträge ihrer Heimatländer in die Brüsseler NATO-Zentrale tragen würden. Und überraschend war für viele auch, dass das „Herzlich willkommen“ von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nur im Namen von 29 der 30 NATO-Mitglieder gesprochen wurde. Die Türkei sperrt sich weiter, obwohl alle anderen NATO-Staaten die Aufnahme in Rekordzeit vollziehen wollen.

Es liegt auf der Hand, dass die Südostflanke der NATO eine Gewichtsverschiebung nach Nordosten genau beobachtet. Schon wollen Finnland und Schweden mit Dänemark, Norwegen und Island ein „starkes nordisches NATO-Quintett“ bilden und mit den drei baltischen NATO-Mitgliedern den eigenen Sicherheitsinteressen im Bündnis größeren Nachdruck verleihen. Die Türkei könnte als Antwort darauf gemeinsame Interessen im Südosten des Bündnisgebietes zu bündeln versuchen. Doch die Kooperation mit Nachbar Griechenland besteht nur auf dem Papier. Phasenweise taugt „Waffenstillstand“ zur Beschreibung des türkisch-griechischen Verhältnisses eher als „Partnerschaft“, wie sie unter NATO-Nachbarn eigentlich geboten erschiene.

Nur wegen US-Bombern?

Das autoritäre Erdogan-Regime und auch die aktuellen Veto-Drohungen zeigen die Grenzen einer NATO auf, die sich selbst immer wieder als „Wertegemeinschaft“ versteht. Tatsächlich sehen Finnen und Schweden die Gülen-Bewegung wie die anderen NATO-Staaten, nur Erdogan verfolgt sie seit dem gescheiterten Putsch von 2016 als „Terroristen“. Wenn der türkische Präsident nicht mit Staaten in einem Bündnis sein will, die Gülen gewähren lassen, muss er aus der NATO austreten. Aber natürlich weiß er um die strategische Bedeutung der Türkei für die NATO – so wie die NATO auch die portugiesische Militärdiktatur und das griechische Obristenregime in ihrer „Werte“-Gemeinschaft duldete.

Die Verhandlungsreise einer finnisch-schwedischen Delegation nach Ankara ist die offizielle Version des Versuches, türkische Bedenken zu zerstreuen. Die viel wichtigere besteht in den türkisch-amerikanischen Gesprächen. Ankara will die bestellten F-35-Tarnkappenjets, deren Auslieferung die USA auf Eis gelegt haben. Sie befürchten russisches Ausspähen der Bombertechnik, nachdem die Türkei das hochmoderne S-400-Luftabwehrsystem von Russland gekauft hat. Eine Lösung liegt auf der Hand: Ankara gibt die Blockade auf, Schweden und Finnland kommen in die NATO, die Türkei bekommt ihre Jets – und reicht die S-400-Luftabwehr unter der Hand an die Ukraine weiter. Damit hätte sich dann ein Kreis geschlossen.

HTK
19. Mai 2022 - 15.00

Man stelle sich vor der Sultan vom Bosporus ist auch noch in der EU. Meine Güte.

DanV
19. Mai 2022 - 13.53

Die UNO wird durch Russland blockiert, die NATO durch die Türkei ... Beides gewählte Diktaturen. Was 77 Jahre lang den Frieden zwischen den Ländern in Europa gesichert hat, verhindert ihn nun. Wenn Völker unter Diktaturen leben wollen, ist das ihre Sache. Aber sobald andere Staaten darunter leiden, sollte Schluss sein. UNO und NATO sind nicht obsolete, sollten aber dringend reformiert werden.

Jupp
19. Mai 2022 - 13.46

Erdogan spielt in der gleichen Liga wie Putin. Wir sollten uns jetzt nicht erpressen lassen. Der Beitritt von Finnland und Schweden ist nicht dringend. Putin wird in den nächsten Monaten sicherlich nicht in der Lage sein diese beiden Länder anzugreifen.

DAN
19. Mai 2022 - 9.48

..."und reicht die S-400-Luftabwehr unter der Hand an die Ukraine weiter. Damit hätte sich dann ein Kreis geschlossen" Das wäre Betrug und keine Finte, das ist Aufruf zu einer Straftat!!!!