Luxemburg-StadtZehn Jahre „Bouneweger Stuff“: Gemütlichkeit statt Schickimicki

Luxemburg-Stadt / Zehn Jahre „Bouneweger Stuff“: Gemütlichkeit statt Schickimicki
In entspannter Atmosphäre kann man im wohl größten Wohnzimmer Bonnewegs einfach nur einen trinken, etwas essen – oder aber arbeiten Foto: Editpress/Alain Rischard

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Sie ist schon fast eine Institution im Bonneweger Viertel in Luxemburg-Stadt: die „Bouneweger Stuff“. Seit zehn Jahren gibt es das aktuelle Lokal in der rue du Cimetière bereits – und das wird in knapp drei Wochen gefeiert. Grund genug, gemeinsam mit den Verantwortlichen Bernard Michaux und Michael Prosperi zurückzublicken: auf den Drehort einer Luxemburger Sitcom, einen Besuch von Emma Watson in Bonneweg und auf die Geschichte rund um Teppiche aus zweiter Hand.

Morgens halb zehn in Bonneweg. In einem der wohl bekanntesten Lokale dieses Luxemburger Stadtviertels geht es an einem Wochentag im Mai eher gemächlich zu: Eine Frau betritt die „Bouneweger Stuff“, geht zur Theke und bestellt einen Minztee zum Mitnehmen. Die freundliche Bedienung macht sich an die Arbeit. In knapp drei Wochen wird es in dem Eckgebäude rue du Cimetière Nr. 1 wohl weniger ruhig zugehen. Denn dann wird der zehnte Geburtstag des Cafés gefeiert, in dem man in entspannter Atmosphäre von morgens bis abends auch einen Happen essen kann. 

„Anfang Juni 2012 haben wir eröffnet. Wir waren noch nicht ganz bereit, mussten morgens noch schnell die Fenster putzen und die Mauer bemalen“, erinnert sich Bernard Michaux und zeigt auf die schwarze Wand über der Theke, auf der in Kreideschrift das Getränkeangebot zu lesen ist: Unter anderem biologische Limonade, lokales Bier und die im Großherzogtum so beliebte „Hunnegdrëpp“ kann man bestellen. Gemeinsam mit seinem damaligen Geschäftspartner Charles Fischbach übernimmt Bernard Michaux vor zehn Jahren „d’Taverne Bouneweger Stuff“, die diesen Namen seit 1979 trägt. Das Café wird renoviert und mit kürzerem Namen neu eröffnet. 

Schon länger haben Bernard Michaux und Charles Fischbach nach einem geeigneten Ort zur Eröffnung eines urbanen Cafés gesucht. Die „Bouneweger Stuff“ erfüllt in ihrer Anfangszeit aber noch einen weiteren Zweck: Sie wird zum Drehort der Luxemburger Sitcom „Comeback“ vom Produzenten Bernard Michaux. „Wir brauchten ein Café und bevor wir eins nachbauen, dachten wir, übernehmen wir einfach eins“, erzählt der heute 38-Jährige. Im Thekenbereich, der darüberliegenden Wohnung, aber auch im Dachgeschoss des Eckgebäudes wird so damals an den einen Tagen gedreht, während an den anderen für die Gäste geöffnet ist. 

Prominenter Besuch

Auch für einige Musikclips hat das Lokal schon als Kulisse gedient und: weltbekannte Stars waren dort bereits zu Gast. „Kollegen fragten spontan, ob sie abends für die Abschlusspartys eines Films herkommen könnten. Wir hatten nicht privatisiert und da staunten manche Gäste nicht schlecht, als plötzlich Emma Watson zur Tür hereinkam“, erinnert sich Bernard Michaux grinsend. Die vor allem durch die „Harry Potter“-Filme bekannte Schauspielerin stand 2014 für den Streifen „Colonia“ unter anderem neben dem Deutschen Daniel Brühl in Luxemburg vor der Kamera – und abends in der „Bouneweger Stuff“. 

Seit Juni 2012 gibt es in dem orangefarbenen Gebäude in der rue du Cimetière das gemütliche Lokal, wie man es auch heute kennt
Seit Juni 2012 gibt es in dem orangefarbenen Gebäude in der rue du Cimetière das gemütliche Lokal, wie man es auch heute kennt Foto: Editpress/Alain Rischard

Doch wie man in der Welt von Hollywood so schön sagt, ist nicht immer alles Gold, was glänzt. Auch in der rue du Cimetière Nr.1 kennt man die Schattenseiten des Geschäfts. Vor allem Michael Prosperi, der 2017 als Koch in dem Lokal angefangen und 2019 die Anteile von Charles Fischbach übernommen hat, weiß das nur allzu gut. Als Geschäftsführer hilft er seit 2020 dabei, den Betrieb durch die Corona-Krise zu bringen. „Schwer waren für uns die Einschränkungen und vor allem, dass wir um 23 Uhr schließen mussten. Viel Personal hat während der Pandemie auch komplett den Bereich gewechselt“, erzählt der 35-jährige Michael Prosperi. Heute besteht das Team vor Ort aus neun Personen, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden ständig gesucht. 

Die Pandemie hat viele Veränderungen mit sich gebracht: Menschen sind immer noch teilweise im Homeoffice und kommen mittags nicht mehr. Auch finden weniger Afterworks statt. „Wir mussten uns anpassen. Früher haben wir um 11 Uhr geöffnet, jetzt gibt es ab 9 Uhr Frühstück. Mittags bieten wir nun mehr Gebäck an, da viele zum Arbeiten oder Lernen herkommen. Wir mussten Dinge ändern, um die Ausfälle auszugleichen“, beschreibt Michael Prosperi die Lage nüchtern. Um bei den geltenden Abstandsregeln während der Pandemie genügend Platz zu haben, wurde zudem die sich seit 1938 in dem Gebäude befindende Kegelbahn mit Platten abgedeckt. 

Verschwundene Kegelbahn 

Darauf stehen nun auf gemusterten Teppichen und vor Wänden mit Blümchentapete Tische, Stühle und andere Möbel aus zweiter Hand. Michael Prosperi erinnert sich: „Ich habe während der Pandemie bestimmt rund 300 Kilometer gemacht, um Teppiche bei Menschen abzuholen, die sie zuvor auf ‚Facebook’ eingestellt hatten. Andere Sachen kommen vom Flohmarkt.“ Wie bei Oma und Opa im Wohnzimmer sieht es nun aus – passend zum Vintage-Stil des Lokals. Eben „kein Schickimicki“, wie Bernard Michaux es beschreibt. Auch aktuell besteht die gemütliche Ecke noch, was laut den Verantwortlichen aber nicht bedeuten muss, dass die Kegelbahn für immer außer Betrieb bleibt. 

Der längliche Raum der Kegelbahn wurde während der Pandemie als Erweiterung zum Gastraum genutzt – auch aktuell ist das noch der Fall
Der längliche Raum der Kegelbahn wurde während der Pandemie als Erweiterung zum Gastraum genutzt – auch aktuell ist das noch der Fall Foto: Editpress/Alain Rischard

Was den Inhabern in den ganzen Jahren – anders als die Pandemie – laut eigener Aussage nie Probleme bereitet hat, ist die Sicherheit in dem hauptstädtischen Viertel. „Schon am Anfang hatte Bonneweg einen schlechten Ruf, ich allerdings hatte hier noch nie Angst“, stellt Bernard Michaux fest, während Michael Prosperi ergänzt: „Seit ich hier arbeite, ist noch nie die Polizei gekommen. Das negative Bild von ‚Bouneweg’ ist meiner Meinung nach nicht berechtigt. Wir erleben das Viertel so, wie auch unsere Kundschaft ist: multikulturell.“

So seien die Gäste der „Stuff“ ein bunter Mix: Menschen oft im Alter von 25 bis 45 Jahren, Angestellte der Post oder des Bonneweger Lyzeums, die zum Mittagessen kommen, und Familien, die am Wochenende brunchen wollen – vorwiegend Stammkundschaft. Auf eben diesen Kundenstamm konnte man sich während der Pandemie verlassen. „Wir hoffen, dass die Menschen uns weiter treu bleiben, und ebenso wollen wir sie nicht enttäuschen. Wir werden uns weiter neu erfinden, sodass wir hoffentlich in zehn Jahren immer noch da sind“, so Bernard Michaux. Wer nun den zehnten Geburtstag mitfeiern will, kann das am 10. Juni ab 15 Uhr tun. Mehr Informationen dazu und allgemein zu dem Lokal gibt es in den sozialen Medien bei Facebook und auf der Webseite bounewegerstuff.lu.