U17-EuropameisterschaftÜber die Ausbildung in jungen Jahren bei der Escher Fola: „Wir wollen sie nicht verbrennen“

U17-Europameisterschaft / Über die Ausbildung in jungen Jahren bei der Escher Fola: „Wir wollen sie nicht verbrennen“
Clayton Irigoyen hat die Escher im vergangenen Sommer verlassen Foto: Editpress/Jeff Lahr

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Es ist ein Balance-Akt, für den es einen engen Kontakt zwischen allen Beteiligten braucht: FLF, Vereinen und Eltern. Victor Afonso, den alle nur als „Coco“ kennen, ist Cadets-Trainer der Escher Fola. Im Gespräch mit dem Tageblatt ging er auf die regelmäßigen Telefonate mit U17-Nationaltrainer Mario Mutsch ein, sprach aber auch über Jugendarbeit, Transfers und Intensität der nationalen Wettbewerbe.

Mit vier U17-Nationalspielern stellt Fola Esch neben F91 Düdelingen das größte Kontingent an einheimischen Kickern für die Europameisterschaft in Israel. Sechs weitere Spieler aus dem Kader von Mario Mutsch spielten bereits für die „Doyenne“. Kapitän Hugo Afonso (KSC) und Clayton Irigoyen (Nürnberg) wechselten im vergangenen Sommer in deutsche Talentschmieden. „Es ist normalerweise dieses Alter, in dem sich die ausländischen Kontakte aufbauen“, weiß Fola-Jugendtrainer Victor Afonso. „Vorher gibt es mit Metz aufgrund der UEFA-Regeln (Distanz zum Wohnort) eigentlich nur eine Option. Aber die Jungs, die im ersten oder zweiten Cadets-Jahr ins Ausland gehen, sind auch vorher schon wegen ihres Talents aufgefallen.“

Mit Torwart Tiago Cardoso verlässt im Sommer ein weiterer Fola-Nachwuchsspieler den Verein in Richtung Mönchengladbach. Gedanken, dass nächste Saison keine wettbewerbsfähige Truppe mehr auf dem Platz steht, macht man sich in Esch aber nicht. „Wir haben 49 Cadets und genauso viele Scolaires. Zum Glück hilft uns die US Esch mit ihrem Platz, sonst wüssten wir bei all den Mannschaften nicht, wohin. Das einzige Loch ist bei den Minimes wegen Corona entstanden. Jeder unserer Jugendtrainer stellt sich ständig infrage. Das beginnt beim Bambini-Training. Wir möchten auf jeden Einzelnen eingehen und sichergehen, dass er es beherrscht.“ 

Während seine Kicker drei- bis viermal pro Woche im Training erscheinen, sieht der Fola-Coach die Nationalspieler nur freitags und sonntags. Heißt auch, dass nur der Samstag für Freizeit bleibt. „Sie wissen, dass sie einmal pro Woche bei uns trainieren müssen, wenn sie am Wochenende aufgestellt werden wollen. Einmal im Monat ist eine Ausnahme erlaubt.“ Umso wichtiger ist der ständige Kontakt mit der FLF. Alle vierzehn Tage gibt es Gespräche mit Mario Mutsch. „Es geht um ihre Leistung, ihren Fitnesszustand. Wir möchten den Jungs ja nicht schaden, sondern an einem Strang ziehen. Das bedeutet auch, dass wir sie im Klub manchmal in ungewohnte Rollen drängen, damit sie gefordert werden und sich entwickeln.“ Als Beispiel nannte er Dino Sabotic, „guter Sechser, den man aber auch pushen kann, damit er sich auf der Acht besser fühlt. Dort muss er mehr Intervalle über sich ergehen lassen.“

„So spät wie möglich heimkommen“

Die enge Kooperation gibt es aber nicht nur mit der FLF, sondern auch mit den Eltern. „Wenn der Spieler wirklich den Weg gehen will, dann muss alles drumherum klappen. Dazu gehören auch die täglichen Transporte zum Training und die Begegnungen am Wochenende.“ Und manchmal auch ein Wechsel zu einem Liga-Konkurrenten. Als regelrechten Transfermarkt wollte er die Bewegungen aber nicht beschreiben. „Diese Spieler bekommen keine finanziellen Entschädigungen. Das ist also nicht die Motivation, zu wechseln. Stattdessen geht es darum, dass sie in einem Umfeld spielen, in dem sie sich wohlfühlen. Dipak Kharti hatte kaum Spielpraxis beim Racing. Deshalb kam er zu uns, wo auch sein bester Freund auf ihn wartete. Jetzt wurde er für die EM nominiert, da er mental wieder top ist. Jordan Barbalinardo explodiert gerade beim F91, während ihm bei uns Clayton Irigoyen den Weg versperrt hatte.“ 

Konkurrenzgedanken unter den Vereinen gibt es in den nächsten Wochen ohnehin nicht, die Meisterschaft wird bis Ende Mai unterbrochen. Als Leader geht die Fola in die Länderspielpause. Bereits seit ein paar Wochen wurden die Einsätze der U17-Nationalspieler im Hinblick auf die Endrunde in Absprache mit dem FLF-Trainerstab dosiert. Ein letztes, hochintensives Duell gegen den Rivalen Ettelbrück diente als abschließender Test. „In anderen Spielen wurde rotiert, damit sie nicht total verbrannt sind. Nur unser Torwart Tiago Cardoso musste immer ran, da wir nur drei Torhüter haben, von denen einer verletzt ist.“

Dass der Schlussmann aber hochmotiviert und in Form ist, hat sich sein Vereinstrainer noch am Tag vor dem Abflug nach Frankfurt mitteilen lassen. „Ich habe sie alle individuell angeschrieben. Es herrschte noch ein wenig Sorge, dass irgendjemand positiv sein könnte … Ich sagte ihnen allen, sie sollen so spät wie möglich nach Hause kommen.“ Das gilt bestimmt auch für die vielen jungen Talente, die den Sprung in eine ausländische Talentschmiede schaffen.