Jahresergebnis 2021Rekordgewinn und volle Auftragsbücher: Die Leistungen von Paul Wurth sind gefragt

Jahresergebnis 2021 / Rekordgewinn und volle Auftragsbücher: Die Leistungen von Paul Wurth sind gefragt
Der Krieg in der Ukraine geht nicht spurlos an Paul Wurth vorbei  Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Nach einem schwierigen Jahr 2020 drehten die Geschäfte des Luxemburger Anlagenbauers Paul Wurth 2021 wieder rund. Der höchste Nettogewinn seit zehn Jahren wurde erwirtschaftet und die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Wegen des Krieges in der Ukraine könnte sich die Lage 2023 jedoch wieder etwas eintrüben.

„2021 war ein hervorragendes Jahr für Paul Wurth“, erklärte Generaldirektor Georges Rassel am Dienstag vor Journalisten. „Unser Auftragseingang war so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr.“ Kunden aus der ganzen Welt haben Projekte von 641 Millionen Euro bei dem Anlagenbauer aus Luxemburg in Auftrag gegeben. Das Resultat zeige, dass „wir mit unseren Projekten auf dem richtigen Weg sind“.

Im Corona-Jahr 2020 war das noch ganz anders. Eine große Anzahl von Projekten, die weltweit in der Ausführung waren, waren durch den Ausbruch von Covid-19 beeinträchtigt worden. Mal wegen Reise- und Arbeitseinschränkungen, mal wegen Unterbrechungen in der Lieferkette, mal wegen Liquiditätsengpässen bei Kunden. In dem Jahr hatte die Luxemburger Unternehmensgruppe „nur“ Aufträge in Höhe von 393 Millionen Euro einsammeln können.

Auch der Nettogewinn des Unternehmens ist 2021 stark gestiegen, auf 23,7 Millionen Euro. Im Vorjahr 2020 waren es 4,9 Millionen. Der Jahresumsatz lag bei etwas weniger als 400 Millionen Euro.

Paul Wurth zählt zu den luxemburgischen Traditionsunternehmen. Die Geschichte der Firma ist eng verbunden mit der der Luxemburger Stahlindustrie. Der 1870 als „Kesselfabrek“ in Hollerich gegründete Betrieb ist auf die Auslegung und Lieferung von Technologien und Anlagen zur Roheisenerzeugung spezialisiert. Darüber hinaus hat sich Paul Wurth mit eigenen Tochtergesellschaften auch in der Planung und Koordinierung von großen regionalen Bau- und Infrastrukturprojekten wie auch auf spezialisierte Geräte zum Heben schwerer Lasten spezialisiert. International ist die Unternehmensgruppe mit ihren rund 1.500 Mitarbeitern in allen Regionen der Welt mit einer wesentlichen Eisen- und Stahlindustrie vertreten. Rund 640 Beschäftigte zählt Paul Wurth in Luxemburg.

Seit rund einem Jahr ist die deutsche SMS Group alleiniger Besitzer der Gesellschaft. Das Familienunternehmen aus Deutschland ist wie Paul Wurth auf den Bau industrieller Anlagen spezialisiert. Die deutsche Gruppe ist jedoch breiter aufgestellt und beschäftigt fast zehnmal so viele Mitarbeiter (14.000).

Der Krieg schmälert die Zahl der Aufträge

In den letzten Jahren wurde bei Paul Wurth viel zum Thema Stahlwerke der Zukunft investiert und geforscht. Dazu zählt beispielsweise die Digitalisierung, die helfen kann, um Datenmengen zu analysieren und so die Werke produktiver und energieeffizienter zu machen.

Geschäftsführer Georges Rassel
Geschäftsführer Georges Rassel Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Eine weitere Herausforderung, die die Gesellschaft angegangen ist, sind CO2-neutrale Stahlwerke. Sieben bis acht Prozent des weltweiten Ausstoßes von CO2 gehen auf den Stahl zurück, so Rassel. „Doch gleichzeitig ist Stahl auch ein Teil der Lösung“, unterstreicht er. „Für Windmühlen, Wasserkraftwerke und Zugschienen … Für alles braucht man Stahl. Wir sehen dort Chancen für die Zukunft.“ Allein um Europas Stahlwerke CO2-neutral zu machen, müssten 100 Milliarden Euro investiert werden. Paul Wurth setzt dabei auf Wasserstoff. Die notwendigen Technologien habe man bereits entwickelt, erläutert er. Nun gelte es, sie regulatorisch und industriell attraktiv zu machen.

Den Löwenanteil seines Ergebnisses erwirtschaftet Paul Wurth auch weiterhin mit seinem traditionellen Geschäft, so Georges Rassel weiter. Also mit der Errichtung von Anlagen zur Herstellung von Stahl. Große Projekte hatte das Unternehmen zuletzt in Brasilien, Algerien, Indien und Spanien. Gute 66 Prozent der Aufträge entfallen auf diesen Bereich.

Für die Zukunft gibt sich der Geschäftsführer zuversichtlich. Dennoch rechnet er ab 2023 mit einem rückläufigen Umsatz. Hintergrund ist der russische Angriffskrieg in der Ukraine – und die diesbezüglichen Sanktionen. Satte 40 Prozent aller eingegangenen Aufträge stammten letztes Jahr nämlich aus Russland, auch der größte Einzelauftrag: der Bau eines ganz neuen Hochofens. Doch dieses Geschäft ist mittlerweile „eingefroren“. „Wir haben jetzt alle Geschäfte mit Russland gestoppt“, so Rassel. „Paul Wurth und die SMS Group stehen voll hinter den Sanktionen.“ Da die Gruppe an Projekten arbeitet, seien die Folgen wohl erst 2023 zu spüren.

Wann sich an dieser Lage etwas ändern könne, wisse man nicht, so der Geschäftsführer weiter. In der Zwischenzeit versuche man gemeinsam mit der SMS Group, Ersatz für die ausgefallenen Geschäfte zu finden.

Besonders im Bereich „Wasserstoff“ sieht Rassel noch sehr viele Chancen und Anwendungsbereiche. Mittelfristig wird die Nachfrage steigen, ist er überzeugt. Beispielsweise seien europäische Flugzeuge ab 2030 verpflichtet, dem Kerosin einen kleinen Teil synthetischer Kraftstoffe hinzuzufügen. Paul Wurth, als Kompetenzzentrum für Wasserstoff innerhalb der SMS-Gruppe, hat bereits eine Beteiligung an einem norwegischen Hersteller synthetischer Kraftstoffe, „Norsk e-fuel“ geleistet. Auch LuxAirport ist an der Firma beteiligt. „Die Fluggesellschaften müssen sich die notwendigen Quantitäten sichern“, so Rassel. „Heute wird das noch gar nicht produziert.“

Vom Krieg wurde der Anlagenbauer derweil nicht nur im Geschäft, sondern auch „menschlich“ getroffen. In der seit Wochen umkämpften ukrainischen Stadt Mariupol hatte die Gesellschaft nämlich ein Büro mit einer Handvoll Mitarbeitern. Mittlerweile sind alle in Sicherheit, so das Unternehmen. Doch es sei, etwa wegen der zusammengebrochenen Kommunikation, alles andere alles einfach gewesen, diese Menschen aus der Gefahrenzone zu bringen. Heute seien drei Frauen in Luxemburg untergekommen – Männer im wehrfähigen Alter dürfen das Land nicht verlassen. Die Arbeitskollegen in Luxemburg haben bereits 50.000 Euro gespendet, um diesen Menschen später „einen Neuanfang zu ermöglichen“, so Rassel. Das Unternehmen wolle die Summe verdoppeln.

Weiter geplant wird derweil auch an der Errichtung eines neuen Firmensitzes im Rahmen der Gestaltung des neuen Stadtviertels „Nei Hollerich“. „Das aktuelle Gebäude wird irgendwann verschwinden“, so Rassel. Doch die Gesellschaft werde auch weiterhin hier im Stadtviertel bleiben. Erste Pläne von Metaform Architects, die auch den Luxemburger Pavillon auf der Weltausstellung in Dubai entworfen haben, gibt es bereits. Entstehen soll ein „Campus“ aus unterschiedlichen Gebäuden, von dem die Bewohner des Viertels nicht ausgeschlossen werden sollen. So solle beispielsweise die Kantine abends als Restaurant genutzt werden können. Spätestens im Jahr 2024 soll Baubeginn sein, hofft man bei Paul Wurth.

Blick auf die geplante neue Firmenzentrale in Hollerich 
Blick auf die geplante neue Firmenzentrale in Hollerich  Illustration: Paul Wurth
Die neue Firmenzentrale soll an einen Campus erinnern
Die neue Firmenzentrale soll an einen Campus erinnern Illustration: Paul Wurth