Kopf des TagesVom Paulus zum Saulus – der Seitenwechsel des J.D. Vance

Kopf des Tages / Vom Paulus zum Saulus – der Seitenwechsel des J.D. Vance
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Seitenwechsel von J.D. Vance versinnbildlicht Trumps Einfluss auf die Republikaner

In der Vergangenheit hat J.D. Vance wenig schmeichelhafte Worte für Donald Trump gefunden. „Mein Gott, was für ein Idiot“, twitterte der Bestsellerautor 2016 über den späteren US-Präsidenten. „Ich bin ein Nie-Trump-Kerl, ich habe ihn nie gemocht“, sagte er im selben Jahr in einem Interview über den Rechtspopulisten. Sogar mit Hitler soll er Trump einmal verglichen haben.

Doch die Zeiten haben sich geändert: Inzwischen will der Autor der von Netflix verfilmten Erfolgs-Autobiografie „Hillbilly-Elegie“ für Trumps Republikaner in den US-Senat einziehen – und zeigt sich als glühender Anhänger des Ex-Präsidenten.

„Er ist der beste Präsident in meiner Lebenszeit“, sagte der 37-Jährige kürzlich bei einem gemeinsamen Wahlkampfauftritt mit Trump in seinem Heimatstaat Ohio. Wie sein Vorbild wettert Vance gegen China, die Einwanderung über Mexiko, „Big Tech“, liberale Werte und die „Eliten“ in Washington. Und er bezeichnet sich selbst in Anlehnung an einen berühmten Trump-Slogan als „America first candidate“.

Die Kehrtwende des Politikers mit den durch einen Bart bedeckten Pausbacken hat einen einfachen Grund: Trump ist bei der konservativen Basis nach wie vor unglaublich populär und deswegen bei der Republikanischen Partei der starke Mann. Im parteiinternen Vorwahlkampf für die Kongress-Zwischenwahlen im November kann Trumps Unterstützung für einen Kandidaten über Sieg oder Niederlage entscheiden. Konservative Politiker buhlen deswegen um die Gunst des 75-Jährigen, der von seinem Luxusanwesen Mar-a-Lago in Florida aus wie ein Monarch über die Partei herrscht.

Vor den Vorwahlen in Ohio am kommenden Dienstag hat Trump seinem früheren Kritiker Vance seine Unterstützung ausgesprochen – und ihm nicht ohne Seitenhieb die Absolution für dessen frühere Äußerungen erteilt. „Er ist ein Kerl, der einigen Scheiß über mich gesagt hat“, rief Trump seinen Anhängern bei dem gemeinsamen Auftritt mit Vance zu. „Aber wisst ihr was? Alle anderen haben das auch getan.“

Vance war bereits bei seinem Einstieg in das Senatsrennen im vergangenen Jahr öffentlich zu Kreuze gekrochen und hatte seine Kritik an Trump demütig zurückgenommen. „Ich bedaure, dass ich falsch lag.“ Während parteiinterne Rivalen ihm seine früheren Äußerungen über Trump im Wahlkampf genüsslich unter die Nase reiben, sehen Kritiker der Republikaner Vance als Paradebeispiel dafür, wie sehr die Partei sich Trump unterworfen hat.

Vance war 2016 mit seinem Buch „Hillbilly-Elegie: Die Geschichte meiner Familie und einer Gesellschaft in der Krise“ schlagartig berühmt geworden. Der Jurist und Finanzinvestor schilderte darin sein Aufwachsen in einer von Armut und Drogenproblemen geprägten Familie der weißen Unterschicht in den USA.

Das Monate vor Trumps völlig überraschendem Sieg bei der Präsidentschaftswahl 2016 veröffentlichte Buch wurde zu einem gefeierten Bestseller und später von Starregisseur Ron Howard mit Glenn Close in einer der Hauptrollen verfilmt. Zum großen Erfolg des Buches trug bei, dass es eine Erklärung dafür lieferte, wie die weiße Arbeiterklasse in abgehängten früheren Industrieregionen sich für Trump begeistern konnte. Vance wurde zu einem viel gefragten politischen Kommentator, der schließlich selbst den Sprung in die Politik wagte.

Die Chancen des katholischen Familienvaters, die Republikaner-Vorwahlen in Ohio zu gewinnen, stehen gut. Trumps Unterstützung hat ihm offenbar Auftrieb gegeben, in Umfragen überholte er zuletzt seinen Hauptkonkurrenten Josh Mandel, der aber bei den Konservativen ebenfalls mächtige Unterstützer hat.

Der Ausgang der Vorwahl wird auch als Gradmesser dafür dienen, wie groß Trumps Einfluss tatsächlich noch ist. Sollte Vance unterliegen, wäre das auch für den Ex-Präsidenten eine Schlappe. Ein Sieg dagegen würde Trumps Status als Königsmacher der Republikaner festigen. Die Washington Post mutmaßte zuletzt gar, Vance könnte in diesem Fall der Vize-Kandidat Trumps werden, sollte dieser sich – wie von vielen erwartet – 2024 erneut für das Weiße Haus bewerben.

Zeehl
3. Mai 2022 - 11.16

Apropos Salus,Paulus, d'Kanner hu kee Reliounsunterrecht méi, wéi wär et, wann d'Tageblatt déi biblesch Zitater géif dem Wort iwwerloossen?

jung.luc.lux@hotmail.com
2. Mai 2022 - 7.48

Alle Politiker ändern ihre Meinung wie es gerade passt. Es gibt nur sehr wenige Ausnahmen.