RadsportOffen wie selten zuvor: Vorschau auf Liège-Bastogne-Liège mit drei Luxemburgern

Radsport / Offen wie selten zuvor: Vorschau auf Liège-Bastogne-Liège mit drei Luxemburgern
Bei Liège-Bastogne-Liège gelten viele Fahrer als Favoriten – Kevin Geniets (im Bild unten) und Bob Jungels (Nummer 154) starten ebenfalls in Liège Foto: Olivier Matthys/dpa

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Beim morgigen Liège-Bastogne-Liège gibt es so viele Favoriten wie selten zuvor. Neben Vorjahressieger Tadej Pogacar, Weltmeister Julian Alaphilippe und dem vierfachen Gewinner Alejandro Valverde melden auch „Flèche“-Triumphator Dylan Teuns, der Franzose Romain Bardet und vor allem der Belgier Wout Van Aert Ansprüche auf die oberste Stufe des Podiums an. Am Start sind mit Bob Jungels, dem Sieger von 2018, Kevin Geniets und Luc Wirtgen auch drei Luxemburger.

Von Petz Lahure

Vier Tage nach der Flèche Wallonne wird der Reigen der Frühjahrsklassiker morgen Sonntag mit Liège-Bastogne-Liège, dem ältesten der fünf „Monumente“, abgeschlossen. Das Rennen findet nicht nur unweit der Luxemburger Grenze statt, sondern ist durch sein Palmarès auch eng mit unserm Land verbunden.

Dreimal stellte Luxemburg den Sieger, dreimal kam der Erfolg durch eine Solofahrt zustande. Sowohl Marcel Ernzer (1954) als auch Andy Schleck (2009) und Bob Jungels (2018) kündigten dem Peloton schon lange vor der Ankunft die Gefolgschaft und durften so den Erfolg auf der Zielgeraden richtig genießen.*)

Ehrenplätze gab es zudem für Frank Schleck (einmal Zweiter, zweimal Dritter) und Andy Schleck (einmal Dritter), wobei das Bruderpaar im Jahr 2011 sogar gemeinsam auf dem Podium stand. Im Schlussspurt hatten Frank (2.) und Andy (3.) aber nicht den Hauch einer Chance gegen Philippe Gilbert.

Gilbert und Valverde

Der 39-jährige belgische Champion (geb. am 5. Juli 1982 in Verviers), der neben Liège-Bastogne-Liège (2011) u.a. auch noch den Giro di Lombardia (2009, 2010), die Ronde van Vlaanderen (2017), Paris-Roubaix (2019), das Amstel Gold Race (2010, 2011, 2014, 2017), die Flèche Wallonne (2011) und die Weltmeisterschaft (2012) gewann, ist momentan auf Abschiedstour. Er bestreitet genau wie der Spanier Alejandro Valverde, der am Montag seinen 42. Geburtstag feiert (geb. am 25. April in Las Lumbreras, Murcia) sein letztes Liège-Bastogne-Liège als Profifahrer.

Während Gilbert wohl kaum für einen zweiten Erfolg infrage kommt, muss man Valverde zum erweiterten Kreis der Favoriten zählen. Dass er durchaus noch Siegchancen hat, bewies er am Mittwoch im Anstieg der „Mur de Huy“, als er seinen überraschenden Bezwinger Dylan Teuns erst auf den letzten Metern ziehen lassen musste.

Valverde hat Liège-Bastogne-Liège bereits viermal gewonnen (2006, 2008, 2015, 2017). Falls er es ein fünftes Mal schaffen sollte, würde er in der Rekordliste nicht nur mit Eddy Merckx gleichziehen (5 Erfolge), sondern er wäre fortan auch der älteste Sieger eines Klassikers (bisher Joop Zoetemelk mit 40 Jahren und 4 Monaten).

So weit aber sind wir noch nicht. Mit dem „Monument“ in den belgischen Ardennen hat insbesondere Julian Alaphilippe noch eine Rechnung offen. Sechsmal nahm der Franzose am Rennen teil, zweimal wurde er Zweiter (2015, 2021), einmal Vierter (2018, als Bob Jungels siegte), einmal Fünfter (2020), einmal klassierte er sich auf Platz 16 (2019), und einmal fuhr er auf Rang 23 (2016).

Was Alaphilippe fehlt, ist ein Sieg in Liège. Die entscheidende Rennphase vom letzten Jahr ist uns noch in bester Erinnerung: Weil niemand in der fünfköpfigen Spitzengruppe die Initiative ergreifen wollte, blieb dem führenden Alejandro Valverde keine andere Wahl, als den Spurt anzuziehen. Damit aber rannte er ins „Verderben“.

Weltmeister Alaphilippe reagierte am schnellsten, er preschte an seinem Landsmann Gaudu, dem Kanadier Woods und Valverde vorbei, zog aber den späteren Gewinner Pogacar mit sich. Der Slowene profitierte vom „Windschatten“ des Weltmeisters, wartete genau den richtigen Moment ab, um nach rechts auszuscheren, und überspurtete ihn. Der Sieg war unanfechtbar, im Ziel lag Pogacar eine dreiviertel Radlänge vor Alaphilippe.

Für den Franzosen, der bei Primoz Roglics Sieg im Jahr 2020 auf der Zielgeraden ausscherte, zu früh jubelte und von den Kommissaren auf den 5. Platz zurückversetzt wurde, reichte es also einmal mehr nicht zum Erfolg. Als amtierender Weltmeister aber erhält er morgen eine zweite Chance, Liège-Bastogne-Liège im Regenbogentrikot zu gewinnen.

Vor ihm schafften dies nur drei Fahrer. Der Belgier Rik Van Looy war der Erste im Jahr 1961, es folgte sein Landsmann Eddy Merckx mit gleich zwei Erfolgen (1972, 1975), und als Nummer drei beschloss im Frühjahr 1987 der Italiener Moreno Argentin den Reigen.

Endlich wieder ein Franzose?

Mit einem Erfolg würde Alaphilippe gleichzeitig die lange Durststrecke der französischen Nation beenden, die seit nunmehr 42 Jahren auf einen Erfolg bei Liège-Bastogne-Liège wartet. So lange ist es nämlich her, dass Bernard Hinault den zweiten seiner beiden Erfolge (erster Sieg 1977) bei der „Doyenne“ feierte.

Was war das für eine „Schlacht“ an diesem 20. April 1980, als es in den Ardennen zu schneien begann und die Temperatur plötzlich auf minus 2 Grad sank! Mit einer roten Wollmütze auf dem Kopf hängte Hinault seine Gegner einen nach dem anderen ab, fuhr 80 km allein durch die Schneelandschaft und erreichte den „Boulevard de la Sauvenière“, wo damals das Ziel war, mit halberfrorenen Händen und 9‘24“ Vorsprung auf den Holländer Hennie Kuiper.

Neben Alaphilippe haben die Franzosen mit u.a. Romain Bardet, der sich im Laufe der Woche die gute Form bei der „Tour of Alps“ holte, ein weiteres Eisen im Feuer. Er stößt genau wie der Mailand-Sanremo-Gewinner Matej Mohoric und E3-Prijs-Sieger Wout Van Aert zu den Favoriten, die sich bei der „Flèche Wallonne“ hervortaten. Insbesondere Van Aert, der den Klassiker von Liège in sein Programm nahm, weil er wegen einer Covid-19-Infektion nicht an der „Ronde“ teilnehmen konnte, räumt man beste Siegchancen ein. Und das, obwohl er die „Doyenne“ morgen zum ersten Mal bestreitet.

Von Luxemburger Seite sind drei Fahrer mit dabei. Neben Bob Jungels (Ag2r – 5. Teilnahme) starten auch noch Kevin Geniets (FDJ) und Luc Wirtgen (Bingoal). Während der Landesmeister das Rennen entdeckt, will Wirtgen seinen 46. Platz aus dem Vorjahr (3‘06“ Rückstand) verbessern.

*) Einen Luxemburger Sieg durch Christian Poos gab es auch im Jahr 1997 – bei Liège-Bastogne-Liège für Espoirs-Fahrer.

Fakten

* 108. Liège-Bastogne-Liège. Gründungsjahr 1892

* 257,2 km mit 10 Bergpreiswertungen: km 76,8 Côte de la Roche-en-Ardenne (1); km 124,1 Côte de Saint-Roch (2); km 167,9 Côte de Mont-le-Soie (3); km 176,2 Côte de Wanne (4); km 182,8 Col de Stockeu/Stèle Eddy Merckx (5); km 187 Côte de la Haute-Levée (6); km 201,1 Col du Rosier (7); km 214,6 Côte de Desnié (8); km 227,7 Côte de la Redoute (9); km 243,8 Côte de La Roche-aux-Faucons (10)

* Provisorischer Start am Sonntag um 10.15 Uhr auf dem „Quai des Ardennes“ in Liège, definitiver Start um 10.20 Uhr im Ausgang von Liège auf der N30

* Wendepunkt in Bastogne bei km 101 (gegen 12.45 Uhr)

* Ankunft zwischen 16.30 und 17.10 Uhr auf dem „Quai des Ardennes“ in Liège

* 175 Fahrer aus 25 Mannschaften am Start: Ag2r La Mondiale (F); Alpecin-Fenix (B); Astana Qazaqstan (KAZ); Bahrain Victorious (BAH); Bingoal Pauwels Sauces WB (B); Bora Hansgrohe (D); Cofidis (F); EF Education Easypost (USA); Equipo Kern Pharma (E); Groupama FDJ (F); Ineos Grenadiers (GB); Intermarché Wanty – Gobert (B); Israel – Premier Tech (ISR); Jumbo-Visma (NL); Lotto Soudal (B); Movistar Team (E); Quick-Step – Alpha Vinyl (B); Sport Vlaanderen – Baloise (B): Team Arkea-Samsic (Fra); Team Bikeexchange – Jayco (AUS); Team DSM (D); TotalEnergies (F); Trek-Segafredo (USA); UAE Team Emirates (UAE); Uno-X Pro Cycling Team (NOR)

* Drei Luxemburger Fahrer am Start: Kevin Geniets (Groupama FDJ), Bob Jungels (Ag2r), Luc Wirtgen (Bingoal)

* Offizielle Startliste erst am Samstag um 18.00 Uhr nach der Sitzung der Sportdirektoren

* Preisgeld: Insgesamt 50.000 Euro. Der Sieger erhält 20.000, der Zweite 10.000 und der Dritte 5.000 Euro. Für den 20. gibt’s noch 500 Euro.

* Sieger der letzten Jahre: 1999: Frank Vandenbroucke (B); 2000: Paolo Bettini (I); 2001: Oscar Camenzind (CH); 2002: Paolo Bettini (I); 2003: Tyler Hamilton (USA); 2004: Davide Rebellin (I); 2005: Alexandre Vinokourov (KAZ); 2006: Alejandro Valverde (E); 2007: Danilo Di Luca (I); 2008: Alejandro Valverde (E); 2009: Andy Schleck (L); 2010: Alexandre Vinokourov (KAZ); 2011: Philippe Gilbert (B); 2012: Maxim Iglinskiy (KAZ); 2013: Daniel Martin (IRL); 2014: Simon Gerrans (AUS); 2015: Alejandro Valverde (E); 2016: Wouter Poels (NL); 2017: Alejandro Valverde (E); 2018: Bob Jungels (L); 2019: Jakob Fuglsang (DEN); 2020: Primoz Roglic (SLO); 2021: 1. Tadej Pogacar (SLO), 2. Julian Alaphilippe (F), 3. David Gaudu (F), …46. Luc Wirtgen (L) 3‘06“ zurück, 130. Michel Ries (L) 12‘13“ zurück.

* Rekordsieger: Eddy Merckx/B (5) vor Moreno Argentin/I (4), Alejandro Valverde/E (4), Fred De Bruyne/B (3), Léon Houa/B (3) und Alphonse Schepers/B (3)

* Drei Luxemburger Erfolge: 1954: Marcel Ernzer, 2009: Andy Schleck, 2018: Bob Jungels. Weitere Podiumsplätze: 2. Frank Schleck (2011), 3. Frank Schleck (2007, 2008), 3. Andy Schleck (2011)

* Wettquoten: Pogacar 3,75; Van Aert 4,00; Alaphilippe 7,50; Evenepoel 13,00; Valverde 13,00; Martinez 17,00; Mohoric 19,00; Hirschi 19,00; Teuns 21,00; Vlasov 21,00; … Jungels 401,00; … Gilbert 501,00

* Wetter: heiter bis wolkig, 10 Grad morgens beim Start, 14 Grad nachmittags im Ziel. Niederschlagsrisiko: 15 Prozent

* Frauenrennen von Bastogne nach Liège: Start um 8.35 Uhr in Bastogne, Ankunft um 12.20 in Liège

* Direkte Fernsehübertragung bei Tipik (11.25-13.30), LaUne (13.35), RTL Télé Lëtzebuerg (14.30), Eurosport (15.00) und France 3 (15.15)