EditorialZum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig: Das Dilemma mit den Waffenlieferungen an die Ukraine

Editorial / Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig: Das Dilemma mit den Waffenlieferungen an die Ukraine
„Luxemburg, wir verstehen uns“: Der ukrainische Präsident bei seiner Videoansprache während des EU-Gipfels vergangene Woche in Brüssel Foto: Screenshot/Twitter

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Was wollen wir? Wie soll der Krieg in der Ukraine enden? Die Antwort scheint klar: mit einer Niederlage für Putin. Schließlich haben wir uns auf die Seite des Angegriffenen gestellt, beliefern ihn mit Waffen und strafen den Angreifer mit Sanktionen.

Wir wollen also einen Sieg unseres Verbündeten und damit einen des Westens. Die Demokratie soll die Autokratie schlagen, die Welt sehen, dass wir nicht tatenlos bleiben, wenn ein Land unverschuldet von seinem größeren Nachbarn angegriffen wird. Bei uns um die Ecke noch dazu. Angriffskriege dürfen keine Akzeptanz bekommen. Die Weltordnung wäre sonst umgeworfen. Deswegen darf Putin diesen Krieg nicht gewinnen.

Die Ukraine kann das nicht alleine schaffen. Um Putins Armee zu besiegen, braucht sie die Hilfe des Westens. Der zeigt sich vereint wie selten zuvor. Schließlich verteidigen wir unser Modell, unsere Lebensweise. Wir wollen den Sieg also nicht nur. Wenn wir weiter wie gewohnt leben wollen, brauchen wir ihn auch.

Leider ist es trotzdem kompliziert: Wie wollen wir der Ukraine helfen?

Die meisten Militärexperten sind sich in zwei Punkten einig. Erstens: Ohne die von uns gelieferten Waffen und besonders die Tausenden Panzerfäuste hätte die Ukraine wahrscheinlich längst verloren. Zweitens: Die Ukraine kann den Krieg nicht gewinnen, wenn wir weiter ausschließlich sogenannte defensive Waffen liefern. Die sind natürlich auch tödlich. Alleine durch die 100 von Luxemburg an die Ukraine gelieferten NLAW-Panzerablenkwaffen dürften mehrere Dutzende russische Soldaten getötet worden sein. Aber ohne Panzer und eine zeitliche Luftüberlegenheit, etwa durch Boden-Luft-Raketensysteme, lässt sich kein verlorenes Gebiet zurückerobern. Die Waffen, die wir bislang liefern, helfen den Ukrainern, die russische Invasion zu verlangsamen. Damit verlängern sie den Krieg, ohne dass daraus ein Sieg der Ukraine entstehen könnte.

Das ist ein Dilemma: Wenn wir mehr und mächtigere Waffen liefern, könnte der Krieg eskalieren. Rüsten wir die ukrainischen Streitkräfte nicht massiv auf, wird Putin gewinnen.

Die Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau führten bislang zu nichts. Viel zu viele Menschen sind bereits gestorben und die jeweiligen Propagandamaschinerien versprechen ihrer Seite den Sieg. So werden Kompromisse schwer verkäuflich. Die russische Invasion schreitet derweil voran. In den eroberten Gebieten im Süden der Ukraine baut Russland Verwaltungen auf, zahlt Löhne und Renten in Rubel aus, versorgt Bauern mit Düngemitteln. Es sind deutliche Zeichen: Russland will nicht nur den Donbass und die Krim, sondern verfolgt offenbar das Ziel, auch andere Gebiete auf lange Zeit zu besetzen. Putin will einen Sieg, der sich feiern ließe. Vielleicht mit einer Militärparade in Moskau. Die ganze Welt würde diese Bilder sehen. Es wäre auch ein Sieg über den Westen.

Der Krieg quillt längst über die Grenzen der Ukraine hinaus. Putins Streitkräfte greifen von Belarus aus an. Im Kaukasus brodelt es. Südossetien könnte sich bald vollends von Georgien lösen und der Russischen Föderation beitreten. In Bergkarabach flammen die Kampfhandlungen zwischen Aserbaidschan und Armenien wieder auf. Im schlimmsten Szenario droht hier eine Konfrontation zwischen der Türkei und Russland. Die Türkei ist NATO-Mitglied. Anders als bei der Ukraine könnte das den Bündnisfall bedeuten.

Putins Kriegsgeist scheint vollends aus der Flasche entkommen zu sein. Wie man ihn wieder da hineinzwingen will, ist die große Frage dieser Zeit. Um sie beantworten zu können, muss man wissen, was man will. Tun wir das?

DAN
5. April 2022 - 14.27

Jawohl, hochrüsten, mit dem modernsten Waffen, in Russland einmarschieren, was im kalten Krieg nicht geklappt hat....aber jetzt! Durchmarsch bis Moskau; ach was, bis Peking, die Rohstoffe an amerikanische Firmen...sind das nicht der EU ihre Ziele, die mit der verdammten Nato Osterweiterung daher gehen sollten?

DanV
4. April 2022 - 13.13

Erstens: Russland will nicht verhandeln, Russland will das Land. Zweitens: Wieso wurde das Versprechen der EU, Kampfjets an die Ukraine zu liefern, gebrochen ? Drittens - defensive Waffen? Die Logik dahinter erschließt sich mir nicht. Ist die Ukraine auf einer Sanktionsliste für offensive Waffen? Würden welche geliefert werden, wenn die Ukraine nicht im Krieg wäre?

jung.luc.lux@hotmail.com
2. April 2022 - 11.05

Die Ukraine soll von allen Natostaaten hochgerüstet werden und zwar mit dem Modensten was die Natostaaten haben. Nun ist die Ukraine nun mal kein Natostaat, aber der Kremlführer soll wissen so Präsident Jo Biden, dass jeder Quadratzentimenter von allen Natostaaten verteidigt werden wird.