GesundheitWie Forschende aus Luxemburg dem Geheimnis eines gesunden Immunsystems im Alter auf der Spur sind

Gesundheit / Wie Forschende aus Luxemburg dem Geheimnis eines gesunden Immunsystems im Alter auf der Spur sind
Ein Gen spielt eine zentrale Rolle in einer neuen Entdeckung, die am LIH gemacht worden ist Foto: dpa

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Forschende aus Luxemburg haben eine Entdeckung gemacht, mit der die Alterung des Immunsystems gebremst werden kann. Das Tageblatt hat sich im Telefongespräch mit Doktor Feng Hefeng vom Luxembourg Institute of Health (LIH) über die neuen Erkenntnisse unterhalten. Natürlich ist alles komplizierter als es die Schlagzeile zugibt.

Ewige Jugend fasziniert die Menschen schon sehr lange. Ob ein Schluck aus dem heiligen Gral, ein Bad im Jungbrunnen, oder ein beherzter Biss in einen Pfirsich aus dem Garten der Königinmutter des Westens – zahlreiche Mythen und Legenden aus aller Welt erzählen von Artefakten und Ritualen, die das Leben, über das Natürliche hinaus verlängern sollen.

Heute rücken die Wissenschaft und die Medizin diesen Traum in greifbare Nähe. Zugegeben, es ist kein ewiges Leben, doch unser moderner Lebensstil und eine moderne Medizin ermöglichen vielen Menschen, dass sie ein langes Leben führen und bis ins hohe Alter aktiv sein können. So ist die Lebenserwartung bei der Geburt in Luxemburg zwischen 1980 und 2020 von 72,8 Jahren auf 81,8 Jahre gestiegen. Hauptursache für einen frühen Tod sind nicht mehr Krieg und Krankheit, sondern Verkehrsunfälle.

Forschende aus Luxemburg wollen jetzt eine neue genetische Bremse für ein alterndes Immunsystem gefunden haben. So jedenfalls schreiben sie es in einer Pressemitteilung. Das Tageblatt hat sich mit Doktor Feng Hefeng vom Luxembourg Institute of Health unterhalten, und nachgefragt, was es mit dieser Entdeckung auf sich hat. Schnell wird klar, die Wunderpille, die das Altern stoppt, hat auch er nicht. Dafür aber interessante Erkenntnisse über die Gene des Menschen.

Die Forschung steht in engem Zusammenhang mit der Parkinson-Forschung, die in Luxemburg seit Jahren einen ganz besonderen Stellenwert hat. Im Mittelpunkt befindet sich ein Gen (eine Stelle im Bauplan des Menschen), das mit der Krankheit in enger Verbindung steht. Dieses Gen trägt den Namen PARK7 und ist für die Produktion eines Proteins mit dem Namen DJ-1 zuständig. Eine Fehlfunktion dieses Gens und ein damit einhergehender Mangel an DJ-1 führt zu einem Absterben der Nervenzellen und damit zum frühen Auftreten der Parkinson-Krankheit – das ist seit längerem bekannt.

Dem Tageblatt erzählt Dr. Hefeng, wie es zu einer neuen Entdeckung gekommen ist. Er und sein Team hatten drei Blutproben untersucht, die von drei Brüdern im fast gleichen Alter stammten. Bei einer Blutprobe stellten sie einen DJ-1-Mangel fest. Die beiden anderen Blutproben wiesen diesen Mangel nicht auf. Die erste Blutprobe stammte von einem Parkinsonpatienten und die beiden anderen von seinen gesunden Brüdern. Das überraschte die Forschenden nicht. Sie machten aber eine weitere – weitaus spannendere – Entdeckung. Normalerweise lässt das Immunsystem im Alter nach und kann den Körper nicht mehr so gut vor Gefahren von außen (Viren zum Beispiel) beschützen. Das ist einer der Gründe, warum ältere Menschen (in der Regel) härter vom Corona-Virus getroffen werden als jüngere. Bei dem Mann mit dem Mangel arbeitete das Immunsystem aber trotz seines fortgeschrittenen Alters nach wie vor gut. Bei seinen Brüdern war es normal gealtert.

Vergiftetes Geschenk?

Hefeng unterstreicht, dass diese Untersuchungen blind durchgeführt worden sind. Das bedeutet, die Forschenden wussten vorher nicht, wer die Patienten sind. Sie haben lediglich die Blutproben erhalten und untersucht, ohne aber den Patienten und seine Brüder zu kennen oder sich Hirnscans anzusehen. „Prozesse, die mit dem Altern zu tun haben, dauern immer lange“, sagt Hefeng im Gespräch mit dem Tageblatt. Kein Wunder also, dass sich auch seine Forschung schon lange hinzieht. Die Entdeckung stammte aus dem Jahr 2014.

Die Forschenden versuchten, ihre Entdeckung bei Mäusen zu bestätigen. Das war einfacher, als die Menschen zu finden, die die gleichen genetischen Eigenschaften aufweisen wie die Brüder. Außerdem könne man Mäuse besser untersuchen als Menschen, sagt er. Doch anfangs passierte nichts. Das Immunsystem der Mäuse mit dem DJ-1-Mangel und die unveränderten unterschieden sich nicht. Es sah also so aus, als wenn das, was sie bei den menschlichen Patienten beobachtet haben, sich bei den Mäusen nicht nachahmen lässt. Dann kam Doktor Hefeng die Erleuchtung: „Alter ist der größte Risikofaktor bei Parkinson“, erinnert Hefeng. Vielleicht sollte man an älteren Mäusen forschen, bei denen der Alterungsprozess eingesetzt hat und nicht an frischen Mäusen. Genau das taten die WissenschaftlerInnen. Sie warteten, bis die Mäuse gealtert waren, und siehe da, das gleiche Immun-Phänomen, das bei dem Parkinsonpatienten und seinen Geschwistern zu sehen war, trat auch bei den Mäusen auf. Das Immunsystem der veränderten Mäuse blieb stark. Nun stand also für die Forschenden fest: Ein Mangel des Proteins DJ-1 verhindert die Alterung des Immunsystems. Ihre Erkenntnis veröffentlichten sie im Januar im renommierten Fachblatt EMBO Reports.

Für Hefeng besteht nun kein Zweifel mehr, dass das Gen PARK7 in Verbindung mit der Alterung des Immunsystems steht. Doch ist es nicht ein vergiftetes Geschenk? Einerseits scheint ein DJ-1-Mangel dazu zu führen, dass das Immunsystem jugendlich bleibt. Andererseits führt ein DJ-1-Mangel zum Absterben von Nervenzellen und damit zum frühen Auftreten der Parkinson-Krankheit. Die Pressemitteilung des LIH spricht von einem Yin-Yang-Punkt und endet mit der üblichen Formulierung, dass weitere Forschung nötig ist. Doktor Hefeng ist sich sicher, dass die Entdeckung in naher Zukunft zur Entwicklung von Medikamenten führen wird, die auf das DJ-1-Gen abzielen.

Ein wahrer Jungbrunnen ist also noch nicht gefunden und wird es wahrscheinlich auch nicht werden. Dafür ein weiterer Baustein, der dazu führen könnte, dass in Zukunft Menschen bis ins hohe Alter ein starkes Immunsystem haben. Dafür ist aber tatsächlich noch mehr Forschung nötig.

Armand
29. Januar 2022 - 13.33

"Sie wollen wissen wie's weitergeht? Wir schenken Ihnen diesen Artikel" Wo ist er denn? Außer einem Bettel-Link nichts zu sehen. ----------------------------- Hallo Armand, tut uns leid, wenn da was nicht funktioniert, wie es sollte. Ich gebe das mal so weiter an die Technik. Viele Grüße aus der Redaktion

HTK
29. Januar 2022 - 9.36

100 als Normalfall.Das wär doch was.Die Erde ächzt unter "Homo Sapiens" ( 8000 000 000 )und wir erfinden den Jungbrunnen für Rentner. Die Sozialsysteme brechen jetzt schon fast zusammen, in vielen Ländern leben Alte an der Armutsgrenze. Man fragt sich woran wir demnächst sterben "dürfen".