Ukraine / Der prorussische Politiker Jewgeni Murajew als Chef einer Marionetten-Regierung?
Russland habe bereits eine Marionetten-Regierung für die Ukraine zusammengestellt – mit Jewgeni Murajew an der Spitze. Das behauptet die britische Regierung. Wer ist der Mann?
„Wir haben hier alles, um glücklich, reich und erfolgreich zu sein. Aber …“ Jewgeni Murajew sitzt vor der Kamera seines Fernsehsenders „Nasch“ (Unser), hat die Hände zusammengelegt, als wäre er ein sowjetischer Erstklässler, und beantwortet die Fragen seiner Zuschauer. Natürlich auch nach der Politik und den Politikern in der Ukraine, seinem Land. Er hält die Gleichberechtigung Homosexueller für einen „von außen aufgezwungenen“ Quatsch, Diskussionen über Gender ebenso wie auch das Hinterfragen patriarchaler Strukturen. Er nämlich, betont der 45-Jährige immer wieder gern, sei Traditionalist. Und damit ganz auf der Linie des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dieser habe mit Murajew ohnehin Größeres vor. Das zumindest behauptet das britische Außenministerium, das davor warnt, der Kreml habe bereits eine Moskau-treue Marionetten-Regierung vorbereitet. Mit Murajew an der Spitze.
Das klingt verwegen und soll womöglich auch der Ablenkung von eigenen Skandalen innerhalb der britischen Regierung dienen. Murajew selbst äußert sich belustigt über die britische Mitteilung. Auch der Kreml sagt, die Briten verbreiteten „Unsinn“. Und selbst die ukrainische Regierung hält Murajew für eine „lächerliche Figur“, auch wenn sie die Nachricht aus London als „ernsthaft“ bezeichnet.
Noch 2019 wollte Murajew Präsident der Ukraine werden. Doch schnell hatte er seine Kandidatur zugunsten eines früheren Parteikollegen zurückgezogen. Den jetzigen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski bezeichnete er mehrmals als Affen. Wie auch als einen „Nicht-Menschen“, der in Geiselhaft der CIA sei. Die Ukraine habe unter ihm ihre Souveränität aufgegeben. Auch von Europa habe sein Land nichts zu erwarten. „Die europäische Möhre ist für den ukrainischen Esel nicht zu erreichen“, schwadroniert er in den Sendungen seines TV-Kanals, dem die ukrainische Medienaufsichtsbehörde mehrmals die Lizenz entziehen wollte.
Karriere unter geflüchtetem Präsident
Im prorussischen Lager ukrainischer Politiker zählt Murajew zur jungen Generation. Er ist in der Region Charkiw, die an Russland grenzt, zur Welt gekommen, in Charkiw selbst hat er zunächst Finanzen, später Jura studiert. In der Charkiwer Regionalpolitik hat er seine politische Karriere gestartet, bis er es unter Viktor Janukowitsch, dem gestürzten und nach Russland geflohenen früheren Präsidenten, ins ukrainische Parlament, die Werchowna Rada, nach Kiew schaffte. Hier war er für Zoll- und Energiefragen zuständig. Gerade diese Bereiche sind in der Ukraine von Korruption durchsetzt. Bei den Protesten auf dem Maidan hielt er zu Janukowitsch, bis heute bezeichnet er die Euromaidan-Revolution von 2014 als Staatsstreich und den Krieg in der Ostukraine als inneren Konflikt. Den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine sieht er nicht als Bedrohung an und hält seine Positionen für „proukrainisch“. In ukrainischen Umfragen schneidet der Unternehmer mit seiner vor knapp vier Jahren gegründeten Partei „Naschi“ (Unsrige) mit 4 Prozent Zustimmung nur schlecht ab.
Mit dem Putin-Vertrauten Viktor Medwedtschuk, dem ukrainischen Oligarchen, der stets als „Vermittler“ russischer Positionen auftritt und in der Ukraine unter Hausarrest steht, hat sich Murajew längst überworfen. In Kiew halten Beobachter das für den Grund, warum Moskau Murajew mit Sanktionen belegt hat. Murajew selbst führt diese Sanktionen nun an, warum Russland wohl doch nichts Größeres mit ihm vorhaben könne.
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