RadsportRaus aus der Komfortzone: Luxemburgs Nachwuchstalente zieht es ins Ausland

Radsport / Raus aus der Komfortzone: Luxemburgs Nachwuchstalente zieht es ins Ausland
Man erkennt es kaum, aber bei den Cyclocross-Landesmeisterschaften war Loïc Bettendorff bereits im Trikot von Riwal unterwegs Foto: Anouk Flesch/Tageblatt

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Gleich mehrere luxemburgische Nachwuchs-Radsportler haben sich dazu entschieden, ab diesem Jahr für eine ausländische Mannschaft zu fahren. Für manche könnte dies ein wichtiger Schritt in ihrer sportlichen, aber auch menschlichen Entwicklung sein. Das Tageblatt liefert einen Überblick, für welche Teams die Luxemburger nun fahren – und mit welchen Ambitionen sie das neue Kapitel in ihrer noch jungen Karriere angehen. 

Loïc Bettendorff (Riwal Cycling)
Am Ende der Cyclocross-Landesmeisterschaft am 8. Januar in Ettelbrück war es schwer zu erkennen, dass Loïc Bettendorff ein neues Trikot trug. Bereits in der Vorwoche hatte sich der 20-Jährige beim Cyclocross das Trikot der dänischen Kontinentalmannschaft Riwal Cycling übergezogen. Nach zwei Saisons in heimischen Gefilden bei Leopard Pro Cycling hat er sich für den Schritt in ein ausländisches Team entschieden. „Ich bin sehr dankbar, dass ich die Chance beim Riwal Cycling Team bekommen habe“, sagt Bettendorff. „Es ist ein ganz neues Abenteuer, und es ist immer spannend, etwas Neues zu beginnen. Ich glaube, es ist gut für meine Entwicklung, zu einem neuen Team zu kommen und neue Leute kennenzulernen, von denen ich etwas lernen kann und auf deren Erfahrung ich mich verlassen kann.“ 

Der Kontakt nach Dänemark ist durch Fränk Schleck entstanden, der Bettendorff trainiert. Der Luxemburger hat bereits Kennenlerntage mit dem Team hinter sich, im Februar geht es dann ins Trainingslager nach Calpe. „Ich freue mich darauf, viele internationale Rennen zu bestreiten, alles für das Team zu tun und dann meine eigene Chance zu nutzen, wenn sie kommt – und dann möchte ich wieder auf heimischem Boden bei unseren nationalen Meisterschaften auftreten, das ist ein großes Ziel für mich“, erklärt Bettendorff. 

Sportlicher Direktor beim dänischen Team ist Sebastian Andersen, der Sohn von Kim Andersen, ehemaliger Radprofi und aktuell Sportlicher Leiter bei Trek-Segafredo. „Loïc beeindruckte besonders bei der nationalen Meisterschaft, wo er den 3. Platz belegte und einige luxemburgische World-Tour-Fahrer von Trek Segafredo, wie Alex Kirsch und Michel Ries, schlug. Er ist jung und muss noch viel lernen, aber er hat das Potenzial, sich zu etwas Großem zu entwickeln“, sagt Sebastian Andersen.

Mathieu Kockelmann (Auto Eder)
Eigentlich konzentriert sich Mathieu Kockelmann auf die Straße – die Cyclocross-Landesmeisterschaften am 8. Januar waren für den 17-Jährigen aber eine Ehrensache. „Auch wenn der Fokus auf der Straße liegt, wollte ich unbedingt das Meistertrikot mitnehmen“, sagt Kockelmann, der sich im Trikot des CCI Differdingen im Sprint gegen Mil Morang durchsetze und das Rennen der Junioren somit gewann. Nach dem erfolgreichen Abschluss im Cyclocross geht es nun auf die Straße – mit seinem neuen Team Auto Eder, dem Nachwuchsteam von Bora-hansgrohe. 

Kockelmann, der 2021 auch das Straßenrennen der Junioren bei der Landesmeisterschaft gewann, peilt nun die WorldTour an. „Das ist das Ziel“, sagt der 17-Jährige. „Ich muss mich nun erst auf die Junioren konzentrieren. Aber mein Traum wäre es, bei Bora unterzukommen.“ Die deutsche Nachwuchsmannschaft hat das Ziel, Junioren-Radsport auf Profiniveau zu betreiben. „Wenn mich jemand fragen würde, wo man als Junior hingehen sollte, würde ich Auto Eder sagen. Für mich ist es mit Ag2r die beste Junioren-Mannschaft der Welt. Bei Bora wird auch eng mit den Profis zusammengearbeitet – es ist, als sei man ein kleiner WorldTour-Fahrer. Die Unterstützung ist enorm. Mit diesem Team kann man große Rennen gewinnen“, sagt Kockelmann. „Der ‚Spirit’ in der Mannschaft ist unglaublich.“ 

Niels Michotte fährt ab diesem Jahr für die U19 von Ag2r-Citroën
Niels Michotte fährt ab diesem Jahr für die U19 von Ag2r-Citroën Archivbild: Anouk Flesch/Tageblatt

Niels Michotte (Ag2r-Citroën U19)
Im vergangenen Juli hatte sich Niels Michotte nach einem Facebook-Aufruf der U19 von Ag2r-Citroën bei der französischen Mannschaft gemeldet. „Ich habe das Formular ausgefüllt und einen Tag später eine Rückmeldung von ihnen erhalten“, sagte Michotte. „Ich machte also eine Videokonferenz mit einem Trainer und einem Sportlichen Leiter. Sie wussten nicht viel von mir, deswegen stellte ich mich vor. Ich habe ihnen vieles über mich erzählt und dann haben sie gemerkt, dass ich schon einige Rennen gegen sie gefahren bin.“ Nach dem Gespräch im Juli folgte ein starkes Resultat von Michotte beim Nations Cup in Ungarn. Der 17-Jährige gewann die Nachwuchsfahrerwertung, im Gesamtklassement wurde er Vierter. „Ag2r haben mein Profil und meine Resultate gefallen –dann wurde ein Platz im Team frei und den habe ich bekommen.“ 

Im Oktober fand das erste Trainingslager in Lyon statt, das zweite wurde im Dezember in Südfrankreich abgehalten. „Ag2r kümmert sich aktuell mehr um unsere menschliche Entwicklung. Es wird erst später auf die Leistung und Resultate eingegangen. Im ersten Trainingslager ging es beispielsweise nur darum, sich kennenzulernen.“ Eins der großen sportlichen Ziele für Michotte, der im Oktober von Velo Woolz zur UC Dippach wechselte und aktuell auch dort lizenziert ist, ist Paris-Roubaix der Junioren, das am 17. April stattfinden wird. Doch auch die Weltmeisterschaft im September ist in seinem Kalender markiert. Michotte, der im nächsten Jahr seinen Abschluss am Sportlycée machen wird, träumt von der WorldTour. „Ich mache mir da keinen Stress. Es soll nicht in den nächsten zwei Jahren passieren –aber je früher, desto besser.“ 

Alexandre Kess zieht es nach Belgien, zu Geofco-Doltcini
Alexandre Kess zieht es nach Belgien, zu Geofco-Doltcini Archivbild: Luis Mangorrinha/Le Quotidien

Alexandre Kess (Geofco-Doltcini)
Einen „großen Schritt“, wie er selbst sagt, hat auch Alexandre Kess gemacht – ab dieser Saison wird er für die neu gegründete belgische Kontinentalmannschaft Geofco-Doltcini, der auch Ivan Centrone angehört, starten. „Für mich ist das ein gutes Team, um sich weiterzuentwickeln und größere Rennen zu fahren. Ich denke, dass ich im Ausland gute Erfahrungen machen werde“, sagt der 18-Jährige, der beim CT Kayldall lizenziert ist. Der Kontakt entstand über Geoffrey Coupé, den Manager der Mannschaft. Für Kess ist das neue Team ein Schritt in Richtung Profi-Karriere. In diesem Jahr will er einige Resultate bei U23-Rennen mitnehmen, sich aber auch für die Nationalmannschaft, die am Nations Cup teilnehmen wird, empfehlen. 

Ambitioniert geht Noé Ury (hier im Trikot von CT Atertdaul) in die kommende Saison
Ambitioniert geht Noé Ury (hier im Trikot von CT Atertdaul) in die kommende Saison Archivbild: Jeff Lahr/Tageblatt

Noé Ury (Team Dauner-Akkon):
Auf eine starke erste Saisonhälfte 2021 folgte für Noé Ury ein eher unglücklicher zweiter Jahresabschnitt. Durch die vielen Rennen im Ausland mit der Nationalmannschaft hatte sich der 18-Jährige einen Namen gemacht – und dadurch Angebote aus Frankreich erhalten. Anfang November des letzten Jahres entschied sich Ury dann aber für das Team Dauner-Akkon. „Das Team baut auf die Jugend“, sagt Ury. „Der Rennkalender ist sehr international. Sie fahren große und vor allem viele Rennen. Budget-technisch passt auch alles, daher haben sie ein wirklich gutes Equipment.“

Vorteilhaft sei bei der Entscheidung für Dauner ebenfalls gewesen, dass es keine Sprachbarriere gebe, sagt Ury, der die deutsche Sprache beherrscht. „Ich wollte außerdem etwas anderes machen. Es ist kein Geheimnis, dass die besten Luxemburger irgendwann Angebote von Leopard bekommen. Es ist auch ein wirklich starkes Team, aber mir war wichtig, etwas anders zu versuchen und nicht in diese klassische Schiene reinzufahren.“ Mit Gerald Ciolek ist zudem der Sieger von Mailand-Sanremo 2013 als Sportlicher Leiter im Team tätig. Von Ciolek will Ury, genau wie von Philipp Mamos (Sportlicher Direktor), einiges lernen. 

Tom Paquet (Team U Nantes Atlantique):
Ein weiterer Luxemburger, den es ins Ausland zieht, ist Tom Paquet. Der 19-Jährige war in der vergangenen Saison ab August Stagiaire bei Leopard Pro Cycling, fährt aber ab diesem Jahr für das Team U Nantes Atlantique. Bei der Kontinentalmannschaft will Paquet seinen nächsten Schritt Richtung Profikarriere machen. In der letzten Saison überzeugte er vor allem mit der Nationalmannschaft. Bei der Tour de l’Avenir (2. Ncup) fuhr er auf drei anspruchsvollen Etappen in die Top 15, bei der Europameisterschaft in Italien wurde er Zwölfter. Paquet besitzt weiterhin eine Lizenz bei der UC Dippach. 

Tom Paquet überzeugte 2021 bei der Tour de l’Avenir
Tom Paquet überzeugte 2021 bei der Tour de l’Avenir Archivbild: Anouk Flesch/Tageblatt