HandballDie Analyse nach der WM-Qualifikation: Eine Mannschaft mit Potenzial

Handball / Die Analyse nach der WM-Qualifikation: Eine Mannschaft mit Potenzial
Die FLH-Auswahl machte auf den Färöer Inseln einen deutlichen Entwicklungsschritt nach vorn Foto: FLH

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Ein Sieg, ein Unentschieden und eine Niederlage: Das ist die Bilanz des FLH-Teams bei der WM-Qualifikation auf den Färöer Inseln. Trotz des Ausscheidens eine zufriedenstellende Bilanz. Die Mannschaft hat während drei Tagen ihr Bestes gegeben, hat mit Herz gekämpft und im Kollektiv ausgezeichnete Leistungen gezeigt. Leider blieb die Belohnung aus.

„Ein zweites Syrakus darf es nicht geben“, war die einheitliche Meinung der Handballanhänger. Damals, im Januar 2017, hatte die „Squadra Azzurra“ durch ein Tor in der Schlusssekunde den Luxemburgern die Qualifikation vermiest. Und auch diesmal waren es die Italiener, die den Einzug in die nächste Runde mit einem knappen 29:28-Erfolg verhinderten. Doch was wäre gewesen, wenn Corona die Teilnahme von Biel, Weyer und Kohn nicht verhindert hätte? Trivic nicht eine völlig unnötige Rot/Blaue Karte kassiert hätte? Ilic im letzten Spiel nicht hätte verletzt passen müssen? Nun, Lothar Matthäus hatte wohl mit seinem legendären Spruch „wäre, wäre, Fahrradkette“ gemeint, dass es sinnlos wäre, diesen Tatsachen nachzutrauern. Obschon die Chancen auf einen positiven Ausgang ohne diese merklich gestiegen wären. 

Perfekter Start ins Turnier

Dabei war der Start in dieses Turnier äußerst gelungen, denn mit einem 31:26 gegen die Färöer Inseln war der Grundstein für ein Weiterkommen in die zweite Qualifikationsrunde zur WM 2023 in Polen und Schweden gelegt. Vor der Partie hätte wohl kaum einer den Luxemburgern einen Sieg in dieser Höhe zugetraut. Doch dank einer überzeugenden kollektiven Leistung erzielte ein spielfreudiges FLH-Team einen auch in dieser Höhe verdienten Erfolg. Den Grundstein legten sie mit einer starken Abwehrleistung, unterstützt durch die beiden überragenden Torhüter Mika Herrmann und Chris Auger. Diejenigen, die geglaubt hatten, dass die Färöer in ihrer spielerischen Leistung limitiert wären, wurden dann am Samstag eines Besseren belehrt, als der hohe Favorit Italien gegen den Gastgeber eine Niederlage einstecken musste. Und am Sonntag erwischte es die Letten noch schlimmer, denn am Schlusstag musste der EM-Teilnehmer von 2020 eine hohe Niederlage gegen die Färöer hinnehmen. Jedenfalls haben die kleinen Färöer Inseln mit dem Turniersieg ihre enormen Fortschritte unter Beweis gestellt – was den klaren Erfolg der Malesevic-Truppe weiter aufwertet.

Am zweiten Tag wurde die FLH-Auswahl durch die Rote/Blaue Karte, die sich Trivic völlig unnötig im ersten Spiel abgeholt hatte, weiter dezimiert. Von den vier eingangs nominierten Kreisläufern blieb nur noch Joé Schuster übrig, der zwar enorm viel am Kreis ackerte, um Lücken für seine Mitspieler zu reißen, doch fehlt es ihm an Erfahrung, um sich vor dem Tor durchzusetzen. Außerdem fehlte Trivic im Mittelblock der Abwehr, wo Rastoder und Schuster in die Bresche springen mussten, was ihnen dann durch ihre Kampf- und Willenskraft auch gelang. Hervorzuheben aber auch die fantastische Abwehrleistung von Tommy Wirtz, der die Aufgabe hatte, den 2,15-Meter-Riesen Dainis Kristopans von Paris Saint-Germain kaltzustellen, was ihm auch gelang. Zusätzlich hat er durch sein intelligentes Abwehrverhalten immer wieder weitere Lücken geschlossen.

Italien erneut der Stolperstein

Die Anfangsphase verlief nicht nach dem Geschmack der Luxemburger. Die beiden kleinlich leitenden Schiedsrichter zögerten nicht, dem FLH-Team Zwei-Minuten-Strafen aufzuhalsen: nicht weniger als drei in den ersten sieben Minuten. Und so lagen sie nach 12’ mit drei Toren im Rückstand. Dann erst fanden Scheid, Muller, Illic und Co. besser ins Spiel. Als die Letten vier Minuten vor der Schlusssirene mit 29:26 in Führung gingen, schien eine Entscheidung gefallen. Doch Luxemburg mobilisierte die letzten Kräfte, um das Unentschieden zu retten. Auch wenn dieses Remis am Ende glücklich schien, so löste es doch ein gewisses Bedauern bei den Fans aus. Denn das FLH-Team war über weite Strecken die bessere Mannschaft gewesen.

Die dritte Partie begann, wie man es erwarten konnte. Wer Trainer Trillini und seine Art, Handball zu spielen, kennt, wusste, dass die Italiener mit einem enormen Tempo beginnen würden. Aus diesem Grund hatte Trainer Nikola Malesevic die frischeren Popescu und Werdel für Scheid und Wirtz von Beginn an spielen lassen, um den schnellen Rückzug zu garantieren. Trivic war wieder dabei, jedoch konnte Ilic wegen einer Entzündung der Achillessehne nicht eingesetzt werden. Trotzdem kamen die Italiener zu einer ganzen Reihe leichter Tore und da auch noch die Wurfausbeute der FLH-Auswahl nicht die beste war, übernahmen die Italiener recht schnell die Führung. Um den erfolgreichen gegnerischen Außen etwas weniger Platz zu lassen, stellte Malesevic seine Abwehr um. In der 36. glich Muller zum 21:21 aus. Nach einer intensiven Schlussphase musste Luxemburg am Ende erneut mit nur einem Tor Unterschied den Italienern den Sieg und damit auch die Qualifikation überlassen.

Fazit

Auch wenn das angestrebte Ziel knapp verpasst wurde, kann der Trainer für die Zukunft viel Positives aus dieser WM-Kampagne mitnehmen: „Was mich am meisten beeindruckt, ist die Tatsache, dass die Mannschaft zu einer wirklichen Einheit zusammengewachsen ist. Die Einstellung stimmt zu hundert Prozent. In den drei Spielen haben die Spieler zu keinem Moment aufgegeben, zusammen schwierige Perioden überstanden und mit Willensstärke und Kampfkraft diese Resultate ermöglicht“, so Malesevic. Sicherlich hat er einige interessante Schlüsse für die Zukunft ziehen können. Bei den Torhütern gibt es im Moment keine Probleme, Auger und Herrmann ergänzen sich und der junge Scott Meyers ist auf dem Sprung. Daneben scheint die Abwehr immer stabiler zu werden.

Mit Ben Weyer und Julien Kohn wird der Mittelblock noch gefestigter. Am Kreis sind Milasin Trivic und Weyer wegen ihres Einsatzes und ihrer Durchschlagskraft gefürchtet – wenn sie denn spielen –, auch hier liegt der junge Schuster in Lauerstellung. Im Rückraum haben die „Roten Löwen“ so viel Potenzial wie schon lange nicht mehr. Die wurfgewaltigen Martin Muller und Lé Biel ergänzen sich gut, Yann Hoffmann bringt viel Fantasie ins Spiel, kann den Kreis anspielen, hat einen starken und oft überraschenden Wurf und ist stark im Eins-gegen-eins. Genau wie Muller und Biel. Auch Adel Rastauer zeigte gute Ansätze, genau wie Loïc Kaysen, der in die Fußstapfen seines Vaters treten könnte.

Die Mannschaft ist zu einer wirklichen Einheit zusammengewachsen. Die Einstellung stimmt zu hundert Prozent.

Nikola Malesevic, Handball-Nationaltrainer

Und Josip Ilic, als Linkshänder, ist die lange Zeit erwartete Verstärkung. Dabei könnte noch das Düdelinger Talent Ojie Etute hinzustoßen – von ihm verspricht man sich viel. Die Spiele auf den Färöer Inseln haben gezeigt, dass Raphael Guden ein guter Regisseur in der Rückraum-Mitte werden könnte. Er hat überraschend stark aufgetrumpft und könnte auf dieser Position ein ganz Großer werden. Auch außen ist das Team gut aufgestellt. Die Stärken von Daniel Scheid und Wirtz braucht man nicht mehr vorzustellen. Felix Werdel sowie Christophe Popescu stehen bereit, um zu übernehmen.

Es gibt also genügend Potenzial und individuelle Fähigkeiten in dieser Mannschaft, auch eine gute Mischung aus Jung und Alt, was für die Zukunft verspricht. Neben der großen Enttäuschung am Sonntagabend gibt es also viele Gründe zur Hoffnung. Die Malesevic-Truppe hat am Donnerstag die Gelegenheit, sich im EM-Relegationsspiel gegen Belgien dem Luxemburger Anhang zu präsentieren. Gut regenerieren und dann alles geben, lautet die Devise.