Corona-PandemieLuxemburger Experten sprechen sich klar für eine Impfpflicht aus

Corona-Pandemie / Luxemburger Experten sprechen sich klar für eine Impfpflicht aus
 Prof. Dr. Paul Wilmes, Dr. Gérard Schockmel, Prof. Dr. Vic Arendt und Dr. Claude P. Muller Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Luxemburger Medizinexperten empfehlen eine Impfpflicht für über 50-Jährige und die MitarbeiterInnen von Pflegeeinrichtungen. Bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz stellten sie am Freitagnachmittag ihre Überlegungen vor. In der nächsten Woche soll im Parlament über eine solche Impfpflicht diskutiert werden.

Bei den Experten standen vor allem die über 50-Jährigen im Vordergrund. Bei den unter 50-Jährigen sei Corona relativ harmlos, obwohl diese Gruppe auch zum epidemischen Geschehen beitrage, sagen die Mitglieder der Expertengruppe.

Sie sprechen sich für eine Impfpflicht aus. Damit gemeint sei eine Vorschrift, wie die Regeln der Straßenverkehrsordnung. Der Gesetzgeber könne natürlich nicht verhindern, dass jemand die Regeln bricht. Allerdings müsse man mit Konsequenzen rechnen, wenn man sich nicht daran hält. Dr. Gérard Schockmel, Facharzt für Infektionskrankheiten, sagte: „Unser Zusammenleben gründet auf Regeln.“

Die Impfpflicht empfehlen sie für zwei Personengruppen. Zum einen für Personen ab 50. Und zum anderen für Menschen im Umfeld von vulnerablen Personen, wie z.B. solche, die in der Medizin oder Krankenpflege arbeiten. Dabei sollen auch Subunternehmer beachtet werden. Wenn die ab 50-Jährigen geimpft werden und die Personen um sie herum sei ein doppelter Schutz erreicht, so Schockmel. 

Die Impfpflicht für Menschen über 50 bezieht sich auf Einwohner. Die für medizinisches Personal, so die Experten, solle auch für die betroffenen Grenzgänger gelten. Sie schließe den Booster mit ein. Zu diesem Zeitpunkt würden 70.000 Menschen unter eine Impfpflicht für über 50-Jährige fallen. Darunter Personen, die noch gar nicht geimpft sind, und solche, die noch keinen Booster erhalten haben.

Wirksamkeit von Impfungen extrem hoch

Die Wirksamkeit von Impfungen sei extrem hoch, sagte Prof. Dr. Paul Wilmes vom Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) der Universität Luxemburg – besonders, wenn es darum gehe, Aufenthalte im Krankenhaus und Todesfälle zu verhindern. Es seien hauptsächlich ältere Menschen, die ins Krankenhaus kommen und Intensivpflege benötigen. Die Zahl der Intensivpatienten und Todesfälle stiegen über einem Alter von 50 deutlich an.

Der Virologe Prof. Dr. Claude Muller, ebenfalls Mitglied der Gruppe, unterstrich, dass eine Impfpflicht ein akzeptables Mittel ist, wenn sie wissenschaftlich begründet ist, wenn es ein klares Ziel gibt und wenn dieses Ziel damit erreicht werden kann.

Wenn es darum ginge, die einzelne Person zu schützen, so sei dies kein gutes Ziel, weil jeder selber entscheiden dürfe, was er mit seiner Gesundheit mache. Wenn es aber darum gehe, die Inzidenzen zu verringern, um die Krankenhäuser zu entlasten, sehe das anders aus. Dies sei der wichtigste Grund, warum es Impfungen und Hygienemaßnahmen gebe.

Ausbreitung des Virus möglichst verlangsamen

Seit Beginn der Pandemie lautet das Motto: „Flatten the Curve“. Das bedeutet, die Ausbreitung des Virus so zu verlangsamen, dass niemals mehr Leute gleichzeitig sehr krank werden als die Krankenhäuser verkraften können. Als einer der limitierenden Faktoren gelten dabei die Intensivbetten und die Zahl der Beatmungsgeräte.

Die Experten schlagen aber auch Ausnahmen vor. Dazu zählen Menschen, die nach einer ersten oder zweiten Impfung heftige Nebenwirkungen hatten, oder solche, die allergisch gegen Inhaltsstoffe sind.

Ziel sei es zum einen, die vulnerablen Personen zu schützen, aber auch die Gesamtbevölkerung zu schützen. Trotzdem dürfte die Sensibilisierung und Information nicht vernachlässigt werden. Schockmel kritisierte, dass in der öffentlichen Darstellung die hohe Wirksamkeit von Impfstoffen nicht genug herausgestellt werde.
Die Expertengruppe erinnerte daran, dass auch schon auf Normalpflegestationen Beatmungsgeräte zum Einsatz kommen. Auf die Intensivstation kämen Patienten, wenn das Leben bereits an einem dünnen Faden hänge.

Warnung vor Trugschluss

Seit Beginn der Pandemie geht auch die Rede von Herdenimmunität, die die Pandemie stoppen soll. Muller hält dies für schwierig. Ungeimpfte, die darauf setzten, dass sie dadurch geschützt sind, dass andere sich impfen lassen, unterlägen einem Trugschluss. Er glaubt nicht, dass das Virus verschwinden wird. Vielmehr werde es endemisch und es immer wieder zu kleinen Ausbrüchen kommen. Auch dass das Virus erneut von Tieren auf den Menschen übergeht, hält Muller nicht für ausgeschlossen.

Doktor Schockmel sagte, dass die Empfehlungen auf den aktuellen Informationen beruhen. So seien auch Varianten im Umlauf, die virulenter seien als Omikron.

Dr. Vic Arendt sagte, eine Impfpflicht für Menschen ab 50 solle nicht so verstanden werden, dass alle anderen sich nicht impfen sollten. Eine Impfpflicht für einen Teil der Bevölkerung müsse begleitet werden von weiterem Druck auf die anderen Menschen, sich impfen zu lassen.

„Wenn sich jemand impfen lässt, ist das keine Stigmatisierung. Es ist ein Zeichen von Sympathie und Empathie gegenüber den Personen, mit denen man umgeht“, antwortete Muller auf die Frage, ob man nicht Gefahr laufe, dass nun medizinisches Personal gebrandmarkt werde.

Zur Erinnerung: In der nächsten Woche soll eine Debatte im Parlament über die Impfpflicht stattfinden. Aus diesem Anlass hat das Staatsministerium bereits ein 28-seitiges Dokument veröffentlicht, um die Abgeordneten vorab zu informieren. Auch die Expertengruppe aus Medizinern, die nun ihr Gutachten vorgelegt hat, war kurzfristig vom Staatsminister darum gebeten worden.

DOWNLOAD Die schriftliche Stellungnahme der Experten finden Sie hier als PDF in französischer Sprache.

Björni
19. Januar 2022 - 8.00

Man kann nicht einfach sagen, dass alle die ein gewisses Alter erreicht haben, geimpft werden müssen. Die allermeisten über 50 sind doch erwachsen genug, um das selber entscheiden zu können. Kommt doch mal endlich zur Vernunft. Ihr seid auch erwachsen.

yvette
18. Januar 2022 - 12.42

Ich hoffe doch, dass genau wie in Griechenland die monatliche Strafen fürs Nichtimpfen mit der Steuer vom Lohn und der Rente abgehalten wird? Natürlich keine 100€ wie im armen Griechenland sondern 250-300€. Mit den 400€ im Monat fürs Testen läppert sich das zusammen.

Gaston de la Piquouze - Obligatoire
17. Januar 2022 - 7.27

Grossartig was eine klare Aussprache unter Experten gleicher Meinung so alles bewirken kann ! Da soll mal Jemand es wagen in unserer demokratischer Volksrepublik , Meinungs-und andere Freiheiten in Frage zu stellen und eine andere Glocke hören wollen. Auf jeden Fall , die vorgesehene Impfpflichtsdebatte ist vollkommen sinnlos und überflüssig geworden und die Tür zur obligatorisch rettender Piquouze sperrangelweit geöffnet.

TS
16. Januar 2022 - 11.39

Impflicht...obwohl wir nicht wissen welcher Virus mit welcher Gefährlichkeit in den nächsten Monaten vorherrschen wird und welcher Impfstoff mit welcher Wirksamkeit vorhanden sein wird? Der Booster verliert nach 3 Monaten an Wirksamkeit...wollen wir dann 4x im Jahr boostern? Impflicht heisst dann, dass der Staat den Impfstoff wählen darf und der Einzelne das nehmen muss, was er bekommt. Wer trägt bei einer Pflicht die Haftung bei schweren Nebenwirkungen? Das scheint mir eine politisch getriebene Pflicht zu sein. Ich habe drei Impfungen bekommen...mehr werden es nicht bei all den Fragen.

Zuang
15. Januar 2022 - 20.25

@Nomi "Een Dokter kann keen heelen, well soss geif hien sein Geschaeftsmodell selwer zerstei’eren, " Ojee, hutt Der endlech de 'Knock' gelies?

JJ
15. Januar 2022 - 14.20

wann de medizineschen Fortschrëtt net wier,dann hätte mir weider en Duerchschnëttsalter vun 30 Joer. Wann en Dokter eng Longenentzündung feststellt an iech entsprechend behandelt,kann een do net soen en hätt iech geheelt?

Lucilinburhuc
15. Januar 2022 - 12.34

Auch der Ethikrat hat dies bereits mitgeteilt. Vieleicht kommen wir als Gesellschaft noch geläutert aus diese Krise heraus, weil exorbitante Gewinne (Freiheit eines Einzelnen) gehen zu kosten der Allgemeinheit. Der Wortlaut von Müller: "Wenn es darum ginge, die einzelne Person zu schützen, so sei dies kein gutes Ziel, weil jeder selber entscheiden dürfe, was er mit seiner Gesundheit mache. Wenn es aber darum gehe, die Inzidenzen zu verringern, um die Krankenhäuser zu entlasten, sehe das anders aus. Dies sei der wichtigste Grund, warum es Impfungen und Hygienemaßnahmen gebe."

Nomi
15. Januar 2022 - 12.13

Omicron, mei' unstiechend, awer manner gefei'erlech. Mir sollten der Natur hiren Laaf rem zereck ginn. Daat gett eng natierlech Immunitei't ! Een Dokter kann keen heelen, well soss geif hien sein Geschaeftsmodell selwer zerstei'eren, an wir muer aebeitsloos. Ganz vill Dokter schaffen eso'u dass een emmer an emmer soll erem kommen fir Eppes nei'es auszeprobei'eren !

Jacques Zeyen
15. Januar 2022 - 11.04

Und auch von dieser Seite halbherzige Ratschläge. Weil ich kein Experte bin stelle ich besser Fragen anstatt zu antworten. Nun,WER verbreitet das Virus am schnellsten? Wer sind die Spreader,um im Jargon zu bleiben? Sind das die Alten ab 50,oder sind es die Kinder,die Arbeitswelt,die Partylöwen,die Urlauber usw.??? Wo würden wir heute stehen wenn wir damals(!) die Kinderlähmung,Pocken & Co nur an 50+-Jährige verimpft hätten?? Ich denke diese Halbherzigkeit wird uns noch teuer zu stehen kommen,sollte sich das Virus nicht einfach zu einer "normalen" Grippe wandeln. Pandemien aussitzen ist gefährlich.