BartringenNoch-Bürgermeister Frank Colabianchi will in Zukunft etwas kürzertreten

Bartringen / Noch-Bürgermeister Frank Colabianchi will in Zukunft etwas kürzertreten
Noch-Bürgermeister Frank Colabianchi Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Am Tag nach der Haushaltsvorstellung gab der Batringer Bürgermeister bekannt, dass er zum kommenden 1. März sein Amt niederlegen werde. Seit 1990 vertritt Frank Colabianchi die Demokratische Partei im Bartringer Gemeinderat; 2000 wurde er Schöffe, 2009 dann Bürgermeister. Seine Nachfolgerin wird die Zweitgewählte der letzten Wahlen, die Schöffin Monique Smit-Thijs.

Tageblatt: Herr Colabianchi, warum legen Sie das Amt des Bürgermeisters nieder?

Frank Colabianchi: Es sind persönliche Gründe, die mich dazu bewogen haben. Es war sicherlich eine schöne Zeit, aber es ist halt ein kräftezehrender Job, ich bin ja auch noch Abgeordneter. Der Tank ist zwar nicht leer, aber er fängt an, sich zu leeren. Es ist ein wenig, wie wenn man mit dem Wagen auf der Autobahn unterwegs ist, man muss in dem Fall etwas langsamer fahren. Ich lebe zudem allein mit meinen zwei Söhnen, was nicht so einfach ist, und ich will auch wieder mehr Zeit für die Familie haben.

Warum gerade jetzt? Dachten Sie vielleicht, es sei ein guter Moment dafür, da kürzlich ja auch andere Politiker zurückgetreten sind?

Nein, ich wollte noch den Haushalt 2022 präsentieren, was eigentlich für Anfang Dezember geplant war, aber wegen eines Krankheitsfalles in unserer Verwaltung verschoben werden musste.

Wenn Sie auf Ihre Zeit als Bürgermeister zurückblicken, was würden Sie als ihren größten Erfolg bezeichnen?

Herausragendster Erfolg war wohl die Einführung des „Shared Space“ in Bartringen, womit wir in Luxemburg und regional Vorreiter waren. Normalerweise treffen wir in Bartringen die meisten Entscheidungen im Konsens, hitzige Diskussionen gibt es bei uns fast nie, deshalb kommen wohl auch nicht oft Journalisten zu uns in den Gemeinderat. Doch bei dem Projekt ging es hoch her. Die CSV-Opposition war damals kategorisch dagegen. Viele Leute haben bei der Idee einfach nur den Kopf geschüttelt, aber wir haben es trotzdem gewagt. Über den Weg von Versammlungen und Workshops haben wir die Bürger mit ins Boot genommen. Heute ist so was ja gang und gäbe, aber vor zehn Jahren nicht. Es wurde aber ein großer Erfolg. Vertreter aus anderen luxemburgischen Gemeinden und sogar aus Deutschland kamen, um sich das Resultat anzusehen. Ich meine, die guten Ergebnisse bei den vorigen Gemeindewahlen (2017 gewann die DP einen Sitz hinzu; Anm. d. Red.) haben uns recht gegeben. Heute reden Bartringer Einwohner sogar von „unserem“ Shared Space.

Gibt es negative Erinnerungen?

Das traurigste Erlebnis war sicherlich der Tod des Bürgermeisters Nikki Bettendorf. (Unter Bettendorf wurde Colabianchi zum ersten Mal Schöffe; Anm. d. Red.)

Bleiben Sie noch Mitglied des Gemeinderats?

Ich werde noch bis zum Sommer im Gemeinderat bleiben, das auch auf Anraten anderer Ex-Bürgermeisterkollegen, die auch aufgehört haben, und die mir sagten „Cola, hal net vun haut op muer op“, denn sonst riskiere man in ein tiefes Loch zu fallen. Ich will aber auch meine Kollegen nicht enttäuschen, indem ich um jeden Preis an meinem Stuhl kleben bleibe.

Wer wird Ihr Nachfolger bzw. Nachfolgerin im Gemeinderat?

Das wird Francine Moro-Oliveira Costa. Nächstgewählter wäre eigentlich Jean-Claude Frantz, aber der ist inzwischen aus Bartringen weg und nach Luxemburg-Stadt gezogen.

Was werden Sie mit Ihrer neu gewonnenen Zeit anfangen? 

Ein wenig kürzertreten, wieder mehr Sport treiben, mich mehr um meine Familie kümmern. Ich habe außerdem vor, mich mit Ahnenforschung zu beschäftigen. Ich weiß zwar, dass mein Urgroßvater 1890 aus Italien nach Luxemburg kam, leider weiß ich aber nicht, woher er genau stammte. Beruflich werde ich mich aber wohl wieder etwas mehr in die Parlamentsarbeit meiner Partei einbringen. Bis dato hat man mich dort noch nicht viel am Rednerpult gesehen, das kommt daher, dass man in der DP als „député-maire“ etwas geschont wird, da die Arbeit als Bürgermeister doch sehr zeitaufwendig ist. Ich hatte mir stets auf die Fahne geschrieben, wenn ich etwas machen kann, dann mache ich es sofort.

Haben Sie Ihren „Abschied“ gebührend gefeiert?

(lacht) Oh ja, am Montag nach der Gemeinderatssitzung haben wir sehr schön gefeiert, ich war erst um vier Uhr zu Hause. Ich muss zugeben, ich hatte am nächsten Tag einen dicken Kopf. Ich glaube aber, die Opposition hat noch länger gefeiert.

Der Haushalt 2022

Am vorigen Montag verabschiedete der Bartringer Gemeinderat u.a. den Haushalt für das Jahr 2022. Alles in allem sieht der Haushaltsplan Investitionen in Höhe von 32,7 Millionen Euro vor. Nachfolgend die wichtigsten Ausgaben:
• Drei Millionen Euro wurden für Arbeiten am „Centre Atert“ bereitgestellt. Der Holzboden des Sportsaals wurde bei den Überschwemmungen im Sommer in Mitleidenschaft gezogen und muss ersetzt werden. Laut den Experten könnte es sein, dass das Wasser durch einen Riss in der Bodenplatte eingedrungen ist, sagt Colabianchi, und dann werde es richtig teuer. Genau könne man das aber erst nach dem Beginn der Arbeiten sagen.
• Fünf Millionen Euro sind für den Bau einer neuen „Maison relais“ („Service d’éducation et d’accueil Campus Gemeng“) vorgesehen. Diese wird an der Stelle entstehen, wo sich momentan die alte Sporthalle befindet. Die neue Sporthalle hinter dem Rathaus (benannt nach dem früheren Bürgermeister Nikki Bettendorf) soll um die Fastnachtszeit betriebsfertig sein.
• Für 2,45 Millionen Euro baut die Gemeinde ein neues Blockheizkraftwerk, das bestehende ist bereits 20 Jahre alt. Beim neuen Werk setzt die Gemeinde auf Holzpellets anstatt wie vorher auf Gas.
• Das Vorzeigeprojekt der kommenden Jahre ist laut Frank Colabianchi allerdings das neue „Quartier Schwall“. „Das wird meine Nachfolger noch über Jahre beschäftigen; auch wenn es sich im Haushalt 2022 noch nicht widerspiegelt.“ Das Projekt sieht neben einem neuen Altenpflegeheim eine Instandsetzung der Villa vor, in der sich die „Sécurité routière“ befindet. Entlang der rue de Mamer ist zudem sozialer Wohnungsbau geplant: Dort sollen zwölf Zweifamilienhäuser gebaut werden. Alles in allem werde es ein Vorhaben für über 100 Millionen Euro, sagt der Noch-Bürgermeister.

Die Eckdaten des Haushalts 2022

– Ordentliche Einnahmen: 52.202.740,57 Euro
– Ordentliche Ausgaben: 45.519.796,62 Euro
– Außerordentliche Einnahmen: 3.007.587,41 Euro
– Außerordentliche Ausgaben: 32.774.733, 16 Euro
– Voraussichtlicher Überschuss 2021: 25.502.306,93 Euro
– Voraussichtlicher Überschuss 2022: 2.418.105,13 Euro