Kopf des TagesDe Mario Castegnaro ass dout

Kopf des Tages / De Mario Castegnaro ass dout
Mario Castegnaro diskutierte gerne Foto: Editpress

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In letzter Zeit war er nicht mehr gut zu Fuß, seine Anrufe in der Redaktion waren weniger geworden, man sah ihn kaum noch in der Öffentlichkeit. Mario Castegnaro starb, wie nun bekannt wurde, bereits am 4. Januar dieses Jahres.

Mehr als alle anderen Funktionen, die er während seiner langen gewerkschafts- und parteipolitischen Laufbahn bekleidete, lag ihm die Arbeit als Gewerkschaftssekretär am Herzen. Stundenlang konnte er über die Verhandlungen in der Stahlindustrie anfangs der 70er erzählen, als er als Zentralsekretär rekordverdächtige Lohnerhöhungen erreichen konnte. Gemeinsam mit seinem bereits 2012 verstorbenen jüngeren Bruder John konnte er während der Stahlkrise u.a. durch das Kriseninstrument Tripartite verhindern, dass es – wie in anderen Stahlregionen – zu Massenentlassungen gekommen wäre. 

Als Sohn eines italienischen Einwanderers und einer luxemburgischen Mutter am 29. August 1939 in Differdingen geboren, machte Mario – nach dem frühen und sowohl ihn als auch seinen Bruder stark menschlich und politisch beeinflussenden Tod ihres Vaters nach einem Arbeitsunfall auf der Hadir – eine Elektrikerlehre und arbeitete in dem gleichen Stahlunternehmen wie sein Vater.

Dort begann auch sein gewerkschaftliches Engagement, das ihn über die LAV-Jugend in die Gewerkschaftszentrale führte. Während sein jüngerer Bruder bereits sehr früh zum hauptamtlichen Gewerkschaftssekretär aufstieg und später erster OGBL-Präsident werden sollte, wechselte Mario erst nach mehreren Jahren im Werk zum LAV als Arbeitgeber.

Besonders beeindruckt war Mario damals und auch später noch von Gewerkschaftsführer Antoine Weis; für ihn ein starkes politisches Vorbild.

Jahrzehntelang widmete sich Castegnaro dem Industriesektor, inklusive des Stahlsektors, und wurde hier von all den einstigen Stahlbaronen als harter Verhandlungspartner akzeptiert und respektiert. In dieser Funktion lernte er – wie er gerne erzählte – auch einen brasilianischen Stahlgewerkschafter kennen und traf sich mehrmals mit diesem: Luiz Inácio Lula da Silva, der später brasilianischer Präsident werden sollte, hatte in dem südamerikanischen Land damals das gleiche Unternehmen als Verhandlungspartner wie Mario in Luxemburg. 

Mario Castegnaro wurde 1985 in den Vorstand der ULC (Konsumentenschutz) aufgenommen; erst war er ULC-Generalsekretär, von 2003 bis 2009 dann Präsident. Er präsidierte ebenfalls den Wirtschafts- und Sozialrat (in den Jahren 1991 bis 1993) und war aktives Mitglied in der LSAP.

In seiner Stadt Differdingen war er Mitglied des Gemeinderates und rückte im Jahr 1999, nach dem Tod von Fos Grimler (20.4.1999), für kurze Zeit ins Parlament nach. Er beschränkte sich parteipolitisch nicht auf das Ausfüllen seiner Mandate, sondern war politisch ständig an neuen Ideen interessiert. So scheiterte er vor wenigen Jahren während eines LSAP-Kongresses mit dem Vorschlag, ein bedingungsloses Grundeinkommen ins Parteiprogramm aufzunehmen. Erst nachdem der damalige Arbeitsminister Nicolas Schmit am Rednerpult gegen den Vorschlag des damals fast 80-Jährigen argumentierte, wurde dieser vom Kongress abgelehnt. Was Castegnaro allerdings nicht daran hinderte, auch weiterhin für die Idee zu werben.

Klimapolitik und Umweltschutz lagen ihm in letzter Zeit besonders am Herzen und er erklärte gern, wie er praktisch dafür sorgte, einen möglichst kleinen Klima-relevanten Fußabdruck zu hinterlassen, was im Übrigen zu seinem allgemein bescheidenen Auftreten passte.

Als Vertreter der „Centrale du LAV“, der Vermögensverwaltung des OGBL, war Mario Castegnaro bis zuletzt im Verwaltungsrat unseres Verlagshauses und setzte sich dort in Konfliktsituationen zwischen Direktion und Personal stets für die Mitarbeiter ein. Nach den jährlichen Betriebsfeiern schloss er sich gerne und als einziger Vertreter des CA jenem „harten Kern“ von Kollegen an, die nach der offiziellen Feier traditionell noch an einem anderen Ort weiterfeierten. Wie bereits erwähnt, liebte er lange und intensive Diskussionen auch mit den Tageblatt-Journalisten und vermittelte so unkompliziert und anschaulich historisches Wissen zur Luxemburger Politik, das in dieser Form nirgends sonst zu bekommen war.

Mario wird uns fehlen.

Wir entbieten seiner Familie und seinen Freunden unser aufrichtiges Beileid.