Tom HabscheidRückblick auf eine paralympische Karriere

Tom Habscheid / Rückblick auf eine paralympische Karriere
Nach fast zehn Jahren Leistungssport hat Tom Habscheid 2021 einen Schlussstrich unter seine aktive Karriere gezogen Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Nach seiner zweiten Teilnahme an Paralympischen Spielen im Sommer 2021 hat Kugelstoßer Tom Habscheid seinen Rücktritt vom aktiven Leistungssport verkündet. Zum Ende seiner aktiven Laufbahn wirft das Tageblatt mit dem Düdelinger Leichtathleten einen Blick zurück auf eine erfolgreiche Karriere.

Tom Habscheids sportlicher Parcours ist geprägt von drei Paralympischen Spielen: London (2012), Rio (2016) und Tokio (2021). Dies verdeutlicht genau die Zeitspanne seiner aktiven Karriere. Als Zuschauer vor dem Fernseher kam er auf den Geschmack und setzte seine Idee, einen Versuch in der Leichtathletik zu wagen, in die Tat um. „Zu dem Zeitpunkt hätte ich mir nicht erträumt, was ich alles erreichen würde. Ich wollte eigentlich nur etwas unternehmen. Mit einer Teilnahme an solch einem großen Wettbewerb hatte ich durchaus geliebäugelt. Aber realistisch, das ist schon was anderes.“

Von der Idee zur Umsetzung, das ging quasi von null auf hundert. Mit einer Wildcard ausgestattet, nahm Habscheid bereits nach einigen wenigen Trainingsmonaten 2013 in Lyon an der WM teil. „Dabei war am Anfang nicht alles so einfach. Es brauchte schon viele Verhandlungen, um im Verband anerkannt und angenommen zu werden. Zum Glück hat sich dann alles geregelt. Dies war auch dem Umstand geschuldet, dass ich ganz schnell den Diskus weit werfen konnte.“ Ein Jahr später gab es bereits die erste Medaille bei der EM in Swansea zu feiern. „Alles ging so schnell, ich hatte kaum Zeit, nachzudenken. Die anschließende Einladung nach Birmingham zur Diamond League, mit zahlreichen Zuschauern, prägte mich sehr und war denn auch der definitive Start zum Hochleistungssport.“

Vom Diskus zum Kugelstoßen

Mit Jean Toully am Anfang, Gino De Keersmaker und Toni Duchateau in einer Zwischenphase sowie Marc Weber und Fernand Heintz in Düdelingen hatte Tom Habscheid immer die richtigen Trainer zum richtigen Zeitpunkt um sich herum. „Alle Zahnräder haben optimal ineinandergegriffen. Ohne all diese Akteure wäre ich nie so weit gekommen.“ Schweren Herzens musste Habscheid seine erste sportliche Liebe, das Diskuswerfen, jedoch aufgeben. „Eigentlich schade, denn ich hatte das richtige Gespür für dieses Gerät. Mit der Kugel tat ich mich schon schwerer. Aber wenn das Diskuswerfen aus dem paralympischen Programm fliegt, bleibt eben keine andere Wahl. Immerhin hat das Kugelstoßen mir die zwei Höhepunkte in Rio und Tokio beschert.“

Bei seinen letzten Paralympics in Tokio machte das Wetter Tom Habscheid einen Strich durch die Rechnung, am Ende verpasste er als Vierter eine Medaille knapp. Tröstende Worte gab es von seinem Dauerrivalen Aled Davies.</p>
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Bei seinen letzten Paralympics in Tokio machte das Wetter Tom Habscheid einen Strich durch die Rechnung, am Ende verpasste er als Vierter eine Medaille knapp. Tröstende Worte gab es von seinem Dauerrivalen Aled Davies.

 Foto: ATP by AFLO

Mit etwas Bedauern spricht der Düdelinger seinen späten Beginn in der Leichtathletik an. „Ich spürte von zu Hause aus nicht den Druck, sportlich aktiv zu werden. Früher gab es wohl nicht den richtigen Zeitpunkt und richtigen Ort. Wer weiß, wenn ich früher begonnen hätte, könnte ich jetzt vielleicht auf drei oder vier Paralympics zurückschauen.“ Kein Bedauern hegt Habscheid allerdings über sein sportliches Abschneiden in Tokio, bei seinem allerletzten Event, wo er Rang vier belegte und die erhoffte Medaille knapp verpasste. „Hier hätte alles stimmen müssen. Im Endeffekt hat das Wetter mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber Niederlagen gehören auch zum Sport dazu. Dennoch habe ich ein besseres Resultat erzielt als bei meiner Premiere in Rio. Man muss auch bedenken, dass ich nach meiner Verletzung keine Schnellkraft mehr trainiert hatte.“

Als Trainer Erfahrungen weitergeben

Mit seinen internationalen Erfolgen hat Kugelstoßer Tom Habscheid dem Parasport in Luxemburg einen ganz neuen Bekanntheitsgrad beschert
Mit seinen internationalen Erfolgen hat Kugelstoßer Tom Habscheid dem Parasport in Luxemburg einen ganz neuen Bekanntheitsgrad beschert Foto: Anouk Flesch

Nun ist ein Schlussstrich unter dieses Kapitel gezogen und es bleibt endlich mehr Zeit für die Familie. Habscheid hält sich weiterhin körperlich fit, probiert einige neue Sachen aus. „Irgendwann möchte ich meine Erfahrungen als Trainer weitervermitteln, aber dazu ist die Zeit noch nicht reif. Zudem muss ich mir noch einiges an Fachwissen aneignen. In diesem Sinn hatte ich mich schon für einen Kurs über olympisches Gewichtheben eingeschrieben, allerdings fand er wegen mangelnder Teilnahme nicht statt.“ Bis diese Idee in die Tat umgesetzt wird, bleibt Habscheid noch genügend Zeit, um einige Arbeiten an seinem Haus vorzunehmen. „Spaßeshalber werde ich sicher bei Meisterschaften der FLA mit den validen Sportlern antreten, aber die Zeit als Spitzensportler ist passé.“

Alles ging so schnell, ich hatte kaum Zeit, nachzudenken

Tom Habscheid, über seine aktive Karriere

In den acht Jahren seiner Sportlerkarriere ist Tom Habscheid viel in der Weltgeschichte umhergereist. Einige Plätze haben ihn speziell geprägt. „Sportlich gesehen steht England mit der besonderen Atmosphäre auf Platz eins. Monte Gordo in der Algarve bleibt mein Lieblingsort, wohl auch, weil ich dort meinen ersten Lehrgang absolviert hatte. Rio war ganz in Ordnung, von Tokio habe ich leider nicht viel gesehen, aber Japan steht auf meiner Liste als späteres Ferienziel.“

Mehr noch als seine zahlreichen Medaillen und Rekorde haben ihn hingegen die Begegnungen mit anderen Sportlern geprägt. „Die sportlichen Erfolge bleiben in den Chroniken bestehen, der Rest jedoch in meinen Gedanken. Für mich waren die Lehrgänge und der Kontakt mit Athleten aus aller Welt immer das Größte. Der Respekt zwischen Sportlern, ob mit Behinderung oder ohne, hat mich enorm geprägt. Der menschliche Aspekt war mir immer am wichtigsten. So bleiben eben viele gute Kontakte erhalten.“ Sollte Habscheid irgendwann der Sprung in die Trainergilde glücken, könnte er auf ein Neues die positiven Aspekte solcher Lehrgänge und Kontakte genießen. 

Mehr noch als die sportlichen Erfolge haben Tom Habscheid die Begegnungen mit anderen Sportlern geprägt: Hier im Jahr 2019 beim Shootout mit Bob Bertemes 
Mehr noch als die sportlichen Erfolge haben Tom Habscheid die Begegnungen mit anderen Sportlern geprägt: Hier im Jahr 2019 beim Shootout mit Bob Bertemes  Foto: Editpress/Gerry Schmit