WachstumStatec legt neue Prognosen vor: Konjunktur bleibt abhängig von Corona

Wachstum / Statec legt neue Prognosen vor: Konjunktur bleibt abhängig von Corona
Bastien Larue, Tom Haas und Serge Allegrezza bei der Vorstellung der „Note de conjoncture 02-2021“ Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Das Statec ist optimistisch, was das Luxemburger Wirtschaftswachstum anbelangt. In der Folge entwickeln sich auch die Arbeitslosenquote und Staatsfinanzen besser als erwartet. Wie stark die Konjunktur künftig weiter zulegen wird, hängt jedoch von der Entwicklung der Pandemie ab.

Die Luxemburger Wirtschaft wurde von der Corona-Krise deutlich weniger in Mitleidenschaft gezogen als ursprünglich befürchtet. Im April 2020 waren die Statistiker noch vom Schlimmsten ausgegangen: Im besten Falle würde die Wirtschaft im Verlauf des vergangenen Jahres um 6 Prozent einbrechen, befürchteten sie damals. Selbst ein Wirtschaftseinbruch von bis zu 12,4 Prozent wurde als realistische Möglichkeit eingestuft. Als Folge des erwarteten heftigen Einbruchs der Wirtschaftsleistung ging das Statec damals davon aus, dass die Wirtschaft 2021 dann um bis zu 7 Prozent wachsen könne.

Schlussendlich kam es anders als erwartet. Letztes Jahr war die Luxemburger Wirtschaftsleistung im Endeffekt nur um mäßige 1,8 Prozent eingebrochen. Dennoch soll die nationale Wirtschaft 2021 um satte 7 Prozent zulegen, so die Statistiker am Donnerstag auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Vorstellung der „Note de conjoncture 2021-2“. In den letzten 21 Jahren wurde nur zwei Mal eine höhere Wachstumsrate gemessen: Das war im Jahr 2007 und im Jahr 2000.

Dass sich die Wirtschaft besser entwickelt hat als 2020 befürchtet, war bereits seit längerem klar, doch mit einer derart hohen Wachstumsrate wurde bisher nicht gerechnet. Im Rahmen der Vorlage der letzten Prognosen, Mitte 2021 waren die Statistiker noch von einem Wachstum von 6 Prozent ausgegangen. Spätestens 2022, so die neue Prognose, soll die nationale Wirtschaft wieder auf dem Niveau angekommen, wie es vor der Krise erwartet worden war. So, als hätte es nie eine Krise gegeben. Die Wirtschaftsleistung von vor der Krise hatte das Land bereits im dritten Quartal 2020 wieder erreicht.  

Nicht nur die Erwartungen von Statec werden, je weiter das Jahr fortschreitet, immer besser. Mitte November hatte auch die EU-Kommission ihre Erwartungen für die Wirtschaft des Grossherzogtums (2021) nach Oben geschraubt. Sie rechnet nun mit einem Wachstum von 5,8 Prozent. Im Frühjahr hatte die Prognose erst 4,5 Prozent betragen. Auch der Staatenbund OECD hat seine Erwartungen für Luxemburg mittlerweile auf 6,5 Prozent angehoben. Bis dahin war die Organisation nur von 4,8 Prozent ausgegangen.

„Schlüssel des Erfolgs“ der hiesigen Wirtschaft

Für die besser als erwartete Entwicklung gibt es Statec zufolge neben der internationalen Konjunktur noch eine Reihe spezifischer Erklärungen. Dazu zählen die starken Kursentwicklungen an den Märkten, die dem Luxemburger Finanzsektor zugutekamen, sagt Konjunktur-Experte Tom Haas. Zudem habe die Luxemburger Wirtschaft „viel mehr exportiert als erwartet“. Als weiteren „Schlüssel des Erfolgs“ bezeichnet Statec-Direktor Serge Allegrezza die Fähigkeit vieler Unternehmen hierzulande, auf Home-Office umzustellen. „Luxemburg konnte weiterarbeiten. Ohne Unterbrechung. Das hat uns gerettet.“ Europaweit war 2020 nur in Finnland ein größerer Anteil der Arbeitnehmer im „Télétravail“ als hierzulande.

Besonders gut haben sich zuletzt die Sektoren Finanz- und Unternehmensdienstleistungen sowie auch der Bereich Handel entwickelt, unterstreicht Bastien Larue. Die Industrie hingegen habe in ihrer Entwicklung eher stagniert, während vor allem der Sektor des Hotelwesens nach wie vor mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.

Mit dem starken Wachstum hat sich auch die Lage bei der Arbeitslosigkeit deutlich besser entwickelt als ursprünglich befürchtet, so Larue weiter. Nach einem Anstieg der Quote auf 6,3 Prozent im Jahr 2020, gehen die Statistiker mittlerweile im laufenden Jahr mit einem Rückgang auf 5,8 Prozent aus. 2022 erwarten sie dann eine weitere Verbesserung auf 5,2 Prozent. Im April letzten Jahres konnte ein Anstieg auf bis 9,5 Prozent nicht ausgeschlossen werden. Aktuell liegt die Quote bei 5,4 Prozent.

Hintergrund der positiven Entwicklung sei beispielsweise die „große Pleitewelle“, die nicht so eingetreten ist wie erwartet, erklärte Larue. Die Zahl der Unternehmenskonkurse ist nicht explodiert. Das sei eine „gute Überraschung“ gewesen. „Mittlerweile sehen wir die Pleitewelle auch nicht mehr kommen. (…) Anfangs hatte uns das aber viele Sorgen bereitet.“ Die Unterstützungsmaßnahmen der Regierung hätten geholfen.

Auch deutlich positiver als befürchtet entwickeln sich die Staatsfinanzen. Die Einnahmen sind bereits deutlich über dem Niveau von vor der Krise. Das Institut geht davon aus, dass der Saldo des Staatshaushaltes bereits dieses Jahr wieder im Gleichgewicht landet und 2022 deutlich (1,4 Prozent) im Plus liegen könnte.

Wie geht es weiter mit der Pandemie?

Wie es 2022 mit der Konjunktur weitergeht, sei derweil schwierig einzuschätzen, gibt das Institut zu bedenken. „Die Pandemie belastet die Erwartungen“, so Allegrezza. „Obwohl statistisch erwiesen ist, dass die Impfung funktioniert, sind hierzulande nur rund 68 Prozent der Bevölkerung geimpft.“ Etwas weniger als der europäische Durchschnitt. Demnach sei nicht ausgeschlossen, dass neue Maßnahmen kommen müssten, um die Situation unter Kontrolle zu halten, warnt er.  

Wegen dieser Unsicherheitsfaktoren arbeitet Statec auch weiterhin mit einem positiven, einem negativen und einem zentralen Szenario. Laut dem zentralen Szenario rechnen die Statistiker hierzulande für 2022 mit einem Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent. Im Falle zusätzlicher Corona-Restriktionen (negatives Szenario) könne sich der Zuwachs jedoch auch auf nur 1,8 Prozent begrenzen, schätzen sie. Daran, dass das „positive Szenario“ (mit einer schneller als erwartet abflauenden Pandemie und einer Wachstumsrate von 5,2 Prozent) eintreten könne, glauben sie nicht so wirklich. „Die negativen Risiken haben in den letzten Wochen zugelegt“, erklärt Tom Haas.

Hoch bleiben wird den Statistikern zufolge die Inflationsrate. Wegen steigender Energiepreise und eines „Angebotes, das sich nicht schnell genug an die Nachfrage anpassen konnte“ haben die Preissteigerungsraten weltweit zugelegt. So hoch wie aktuell im November (4,52 Prozent) sollen die Verbraucherpreise jedoch nicht lange bleiben, glauben sie. Statec rechnet 2021 und 2022 im Schnitt mit einer Inflationsrate von 2,5 Prozent. „Nach dem Winter erwarten wir, dass sich die Energiepreise wieder beruhigen“, sagt Haas. Bis Jahresende soll die Quote dann wieder auf unter 2 Prozent fallen. Eine neue Indextranche würde dennoch vor Ende des Jahres 2022 fallen.

Die Erwartungen für die Zukunft – laut dem „zentralen Szenario“ von Statec
Die Erwartungen für die Zukunft – laut dem „zentralen Szenario“ von Statec  Screenshot: Statec