GewerkschaftLuxemburg darf nicht in soziale Krise rutschen

Gewerkschaft / Luxemburg darf nicht in soziale Krise rutschen
OGBL-Präsidentin Nora Back am Dienstag Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Aus der sanitären Krise darf keine soziale Krise werden, sagte OGBL-Präsidentin Nora Back am Dienstagnachmittag bei einer Pressekonferenz, nachdem das Nationalkomitee der Gewerkschaft getagt hatte. Die Gewerkschaft fordert weiterhin eine Verbesserung der Kaufkraft und reagierte mit Entsetzen auf die Vorkommnisse bei den Protesten am Samstag.

Ab Januar gelten in Luxemburg neue Covid-Maßnahmen. In Betrieben gelten dann die 3G-Regeln, wonach Mitarbeiter entweder geimpft, genesen oder getestet sein müssen. Dies sei für die Regierung nicht verhandelbar gewesen, unterstrich OGBL-Präsidentin Nora Back. Die Rolle der Gewerkschaft sei es gewesen, dafür zu sorgen, dass die Rechte der Mitarbeiter bestmöglich gewahrt bleiben. Wichtig war der Gewerkschaft, dass die Covid-Check-Maßnahme nicht zu Entlassungen oder zu einem Verlust der Sozialversicherung führt. Dieses Ziel hat die Gewerkschaft erreicht.

Die Regierung versuche die Fehler, die sie beim ersten Covid-Gesetz gemacht hat, nicht zu wiederholen, sagte Back. Damals seien die Gewerkschaften nicht in den Prozess miteinbezogen worden, was schlussendlich auch dazu geführt habe, dass bei der Umsetzung in vielen Punkten Unklarheiten geherrscht hätten. Dies sei nun besser.

Der OGBL spricht sich für das Impfen aus. Es gelte, weitere Lockdowns und weitere Schäden für die Wirtschaft zu verhindern. Ob die Gewerkschaft wegen der Maßnahmen in den Betrieben Mitglieder verloren hat, konnte die Gewerkschaftspräsidentin nicht beantworten. Dazu sei es noch zu früh. Allerdings erhalte die Gewerkschaft Reaktionen, die die Meinungsvielfalt in der Gesellschaft abbilden. Das Thema sei sehr emotional, so Back.

Zu der Frage, welche Rolle Unternehmen (als zentraler Punkt im Leben vieler Menschen) in der Kommunikation über Covid spielen können, erklärte Back, dass der OGBL sich mit diesem Thema auseinandergesetzt und mit dem Arbeitgeberverband UEL gesprochen habe. In den Betrieben könne man zum Beispiel auch Menschen erreichen, die nicht so sehr online unterwegs sind, wo sich die Kommunikation der Regierung anfangs abgespielt habe. Allerdings stoße man in der Praxis auf Hindernisse. Etwa beim Datenschutz oder wenn extra ein Impfbus kommt, um nur eine handvoll Mitarbeiter zu impfen. Der OGBL habe aber zum Beispiel ein Webinar veranstaltet, bei dem Arbeitnehmervertreter von Medizinern informiert werden konnten, um Fragen der Kollegen besser beantworten zu können.

Back erklärte, dass aus den offiziellen Zahlen schwer herauszulesen sei, wie viele Menschen in der Arbeitswelt geimpft sind. Grenzgänger sind nicht in den offiziellen Luxemburger Impfzahlen enthalten, Rentner dagegen schon.

Alle Anstrengungen seien dafür da, um zu verhindern, dass die Krankenhäuser überlastet werden. In diesem Sinne appellierte Back, in die Krankenhäuser und ihr Personal zu investieren. Der OGBL fordert bessere Arbeitsbedingungen, bessere Ausbildungen und bessere Löhne. Bereits vor der Krise habe eine starke Ungleichheit in Luxemburg vorgeherrscht. Diese drohe, nur schlimmer zu werden. Die Gewerkschaft fordert deshalb eine Erhöhung der Kaufkraft, etwa durch höhere Löhne, aber auch durch eine Anhebung der Familienzuschüsse und des Mindestlohnes.

Energiepreise

Sorgen bereiten dem OGBL auch die hohen Energiepreise. Eine Deckelung der Energiepreise und eine Garantie, seitens der Regierung, dass niemandem das Gas abgedreht wird, sei derzeit nicht abzusehen. Auch andere Akteure, wie etwa „déi lénk“, hatten solche Maßnahmen von der Regierung gefordert.

Zur Steigung der Energiepreise hatte dieses Jahr auch die neue CO₂-Steuer beigetragen. Diese soll 2022 und 2023 noch einmal angehoben werden. Zwar hatte der Gesetzgeber Kompensationsmaßnahmen für die unteren Einkommensschichten beschlossen, diese reichen vielen Akteuren, darunter dem OGBL, nicht aus. Back sagte, die Gewerkschaft sei nicht grundsätzlich gegen die CO₂-Steuer; in der aktuellen Situation solle man allerdings auf die Erhöhung im kommenden Januar verzichten. Damit sei aber wohl nicht zu rechnen.
Kollektivverträge beschrieb Back als ein wichtiges Instrument für höhere Löhne. Dort, wo es sie gebe, seien die Löhne höher als dort, wo es sie nicht gebe, sagte sie. Die Gewerkschaft würde eine Stärkung der sektoriellen Kollektivverträge begrüßen, sagte Nora Back und erinnerte daran, dass sich die Regierung eine Reform des betreffenden Gesetzes ins Programm geschrieben hatte.

Auch die Proteste und Ausschreitungen vom Samstag seien im Führungsgremium des OGBL am Dienstagmorgen diskutiert worden. Der OGBL unterstütze das Recht auf Versammlung und Demonstration, spreche sich aber gegen Gewalt und Sachbeschädigungen aus. Vergleiche zwischen Impfpass und „Judenstern“, wie sie von Demonstranten am Samstag vor der „Gëlle Fra“ zur Schau getragen worden sind, gingen gar nicht, so Back – der Vergleich sei abscheulich.

Back drückte ihr Bedauern darüber aus, dass aufgrund der Pandemie (die alle satthaben) andere wichtige Themen wie Klima und Wohnungskrise zu kurz kommen. Diese Themen seien aber nicht vergessen.