50 Jahre Sidor„Aufrüstung der Müllverbrennungs-Anlage ist kein technisches, sondern ein administratives Problem“

50 Jahre Sidor / „Aufrüstung der Müllverbrennungs-Anlage ist kein technisches, sondern ein administratives Problem“
Pro Jahr werden rund 165.000 Tonnen Abfall in Leudelingen verbrannt Foto: Editpress/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Vor 50 Jahren wurde das interkommunale Abfallsyndikat Sidor gegründet. Bis heute betreibt es die einzige Anlage zur thermischen Verwertung von Abfällen in Luxemburg. Die Anlage zu verbessern und die Schadstoffemissionen zu senken, sei kein technisches, sondern ein administratives Problem, sagt der Präsident des Syndikats, Patrick Goldschmidt. Des Weiteren plädiert er für eine einzige, nationale Abfalllösung am Standort Leudelingen.

Außer den Mitarbeitern des Sidor haben sich wohl die wenigsten der zahlreichen Gäste, die sich am Mittwoch (1.12.) im hauptstädtischen „Cercle“ zur 50-Jahr-Feier eingefunden hatten, je mit der Frage beschäftigt, was in einer solchen Anlage vor sich geht und warum der Müll eigentlich verbrannt wird. Nach der offiziellen Festrede von Sidor-Präsident Patrick Goldschmidt erörterte Prof. Dr.-Ing. Peter Quicker von der technischen Hochschule Aachen dem Publikum auf eine für Laien verständliche Art und Weise die Frage „Wie wird Müll verbrannt?“.

Das Warum ist jedenfalls klar: Da nicht der ganze Abfall getrennt und wiederverwertet wird oder wiederverwertbar ist, bleibt Müllverbrennung notwendig. 34 Gemeinden im Süden und im Zentrum des Landes mit 424.000 Einwohnern sind Mitglied im Sidor, das die einzige Anlage zur thermischen Verwertung von Abfällen in Luxemburg betreibt. 165.000 Tonnen Abfall (Haus- und Sperrmüll), was einem Durchschnitt von ca. 291 Kilogramm pro Jahr und Person entspricht, werden dort jährlich entsorgt.

Seit ihrem Bestehen wurde die Anlage in Leudelingen mehrmals ausgebessert, und auch jetzt ist wieder die Zeit dafür gekommen. Eine europäische Direktive zwinge die Betreiber, ihre Anlagen in puncto Schadstoffemissionen mit den besten zu vergleichen und ihre Grenzwerte dementsprechend zu senken, erklärt Patrick Goldschmidt, Präsident des Syndikats seit 2017. Sidor hatte einen ausländischen Experten mit dem Dossier beauftragt, und dessen Vorschläge für neue Grenzwerte seien bereits seit längerem an das Umweltministerium weitergeleitet worden. Anlässlich seiner Festrede im „Cercle“ hatte Goldschmidt spöttisch bemerkt, die Änderungen stellten kein technisches Problem dar, sondern nur ein administratives.

Ein einziger, nationaler Standort

„Wir müssen unsere Anlage sowieso technisch aufrüsten“, sagt er dem Tageblatt auf Nachfrage hin, „doch wir warten noch auf die Antwort aus dem Umweltministerium. Es kann gut sein, dass uns noch strengere Werte auferlegt werden, als unser Experte vorgeschlagen hat. Erst wenn wir die Antwort haben, wissen wir, was getan werden muss, und erst dann können wir das Projekt ausschreiben. Die Umweltministerin hat uns allerdings versprochen, dass wir noch diesen Monat eine Antwort erhalten.“

Das Sidor ist nicht das einzige Müllsyndikat in Luxemburg, geht es aber nach Patrick Goldschmidt, könnte es aber irgendwann das einzige sein. Das Sidor verschließe sich nicht einer nationalen Abfalllösung am Standort Leudelingen, sagt er im „Cercle“, da das Sigre (verantwortlich für die Kantone Grevenmacher, Remich und Echternach) angeblich seine Anlagen nicht mehr erneuern will, und das Sidec (verantwortlich für den Norden) eh einen Teil des Mülls in Leudelingen oder auf der Deponie Muertendall abliefert. Die Kritik, es könnte bei Problemen an diesem einzigen Standort kritisch für die Müllentsorgung werden, lässt Goldschmidt nicht gelten. Auch heute gebe es ja nur eine Verbrennungsanlage, und als Notlösung gebe es bereits ein Abkommen mit einem Werk in Saarbrücken, wohin der Abfall im Notfall transportiert werden könne.

1938 gab es bereits die ersten Überlegungen zu einer „Müllzerstörungsanlage“, die an das Schlachthaus angeschlossen werden sollte. Von Müllverwertung war man damals noch weit entfernt. Bedingt durch den Zweiten Weltkrieg verschwanden die Pläne erst mal in der Schublade. Erst 1971 gründeten die Gemeinden der Kantone Luxemburg, Esch und Capellen das Sidor; drei Jahre später erfolgte die Grundsteinlegung zur Verbrennungsanlage in Leudelingen, die 1976 ihren Betrieb aufnahm.

In den 1980er Jahren stand die Anlage regelmäßig als „Drecksschleuder“ im Kreuzfeuer der Kritik der sich gerade formierenden Umweltbewegung. Bis Anfang der 1990er Jahre hatte das Sidor lediglich die Aufgabe, den Müll durch Verbrennung zu beseitigen; 1991 wurden die Anforderungen an das Syndikat schon etwas weiter ausgelegt: Es sollte sich fortan um das globale Management des Hausmülls kümmern („Gestion globale des déchets ménagers“).

1995 wurde die Luft sauberer: Es wurden zusätzliche Rauchgasreinigungsanlagen in Betrieb genommen. 2009 wurde mit dem Bau einer neuen Anlage begonnen, die am 20. Mai in Betrieb ging; die drei alten Öfen wurden fünf Tage später am 25. Mai 2010 abgeschaltet.

Da die wirksamste Methode zur Abfallentsorgung noch immer die Reduzierung der Abfallmenge ist, informiert das Sidor die Öffentlichkeit mit Praxistipps. 2018 hat das Syndikat die Kampagne „Mission Zero“ gestartet, durch die Privatpersonen dazu angeregt werden sollen, ihr Verhalten zu überdenken und gemeinsam den täglichen Abfall zu verringern. Eine Liste mit „einfachen Gesten“, wie z.b. nachhaltige Produkte kaufen, Verpackungen vermeiden, Einkaufskorb- oder Tasche benutzen, sollen dabei helfen, weniger Abfall zu produzieren.

Mäin Offall

Hilfe bei der täglichen, persönlichen Abfallentsorgung gibt es übrigens seit Ende September von der App „Mäin Offall – Meng Ressourcen“, mit u.a. einem Kalender, der die Zeiten der Müllabfuhr anzeigt, einer interaktiven Karte sowie Informationen darüber, wie welche Produkte am besten entsorgt werden. Die vom Umweltministerium entwickelte Anwendung ist für Android und iPhone verfügbar.

Jennie
6. Dezember 2021 - 17.08

Also musse mer e puer eeler Manager an Direkteren duerch Fabrikneier ersetzen.

j
6. Dezember 2021 - 16.57

Wohin mit dem brennbaren Abfall ! Wenn man auf der Nordstrasse hinter Erpeldange und auf der Trierer Autobahn hinter Flaxweiler das Autofenster öffnet bekommt man den fürchterlichen Gasgeruch dieser Müllhalden sofort in die Nase. Waren das vielleicht "Grüne Lösungen", sind diese sehr nachhaltig ekelerregend und bestimmt gesundheitsschädlich ! In der ganzen Schweiz gilt die Lösung der Müllverbrennung ! Warum nicht auch hier in Luxemburg ! Vielleicht werden in Zukunft die dauernden Gase und belasteten Sickerwasser dieser Müllhalden durch deren teuren Abtragung beseitigt. Neue Verbrennungsanlagen im Norden und Osten drängen sich auf ! (N.b. mit passenden Rauchfilteranlagen)

Nomi
6. Dezember 2021 - 11.30

Mir braichten och eng Sidor fir den Norden ! Waste to Energy ! Deponi'en oofschaafen !