HintergrundDie entvölkerten Staaten von Osteuropa – und wie sich der Bevölkerungsschwund bekämpfen lässt

Hintergrund / Die entvölkerten Staaten von Osteuropa – und wie sich der Bevölkerungsschwund bekämpfen lässt
Nichts wie weg: Nicht nur Bulgarien kämpft mit dem Bevölkerungsschwund  Foto: AFP/Peter Kohlami

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Statt Übervölkerung macht den Staaten Ost- und Südosteuropas ein rapider Bevölkerungsschwund zu schaffen. Mit Geburtsprämien allein lassen sich Abwanderung und Überalterung kaum stoppen. Der UN-Bevölkerungsfonds empfiehlt neue und nachhaltige Strategien gegen die Entvölkerung.

Mehr Geld soll die Serbinnen zu mehr Geburten animieren. „Allmählich verschwinden wir als Nation“, begründet Serbiens allgewaltiger Präsident Aleksandar Vucic seine Absicht, das einmalig gezahlte Mutterschaftsgeld für die Geburt des ersten Kindes von derzeit 100.000 Dinar (850 Euro) ab dem 1. Januar zu verdreifachen: „Alles, was wir tun, hat keinen Sinn, wenn es keine gibt, die es in Zukunft bewahren können.“

Auch wegen der Pandemie lag die Zahl der Todesfälle in dem Balkanstaat im letzten Coronajahr mit 115.000 fast doppelt so hoch wie die auf knapp 62.000 geschrumpfte Zahl der Geburten. Zu der sinkenden Geburtenrate gesellt sich ein hoher Emigrationsaderlass: Jährlich sind es 50.000 bis 60.000 meist junge Serben, die auf Arbeitssuche ihre Heimat zeitweise oder dauerhaft verlassen.

Mehr dürften auch in den Nachbarstaaten folgen. Laut einer im November veröffentlichten UN-Studie planen allein in Bosnien und Herzegowina 47 Prozent der 18- bis 29-Jährigen die Emigration in den Westen. Die Hoffnung auf ein stabiles Lebensumfeld, einer der eigenen Qualifikation entsprechenden Arbeitsstelle und bessere Lebensperspektiven wurde genauso als Grund genannt wie der Wunsch, „in einer weniger korrupten Gesellschaft zu leben“.

Hilflose Würdenträger mit patriotischem Pathos

Statt Überbevölkerung machen den entvölkerten Staaten von Osteuropa rasch sinkende Einwohnerzahlen zu schaffen. Die Emigration und rückläufige Geburtenraten sorgen für die Schließung von Schulen, Krankenhäusern und Gesundheitszentren, die wiederum Landflucht und Überalterung beschleunigen. Den Teufelskreis vermag der Osten auch wegen des Wohlstandsgefälles und der anhaltenden Nachfrage nach Arbeitskraft im Westen kaum zu durchbrechen. Zuwanderer, die den Bevölkerungsschwund abbremsen könnten, sind wegen des niedrigen Lohnniveaus spärlich und von populistischen Rechtsregierungen wie beispielsweise in Polen und Ungarn oft auch nicht erwünscht.

Schon seit den 90er Jahren hat der Osten des Kontinents laut Schätzungen 18 Millionen Einwohner verloren. Und die Prognosen sehen noch düsterer aus. Den zu erwartenden Bevölkerungsverlust bis 2050 beziffert die UN in Bulgarien gar auf 22,8 Prozent – gefolgt von Litauen (22,1 Prozent), Lettland (21,6 Prozent), Ukraine (19,5 Prozent), Serbien (18,9 Prozent). Bosnien (18,2 Prozent) und Kroatien (18 Prozent).

Eher hilflos versuchen Würdenträger, mit der Erhöhung staatlicher Geburtsprämien und patriotischem Pathos die demografische Trendwende zu erzwingen. Doch der Ansatz hat sich nach Erfahrung von Alanna Armitage, der Direktorin des UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) für Osteuropa, als verfehlt erwiesen. „Je schneller wir erkennen, dass die Lösung der demografischen Probleme nicht in der Erhöhung der Geburtenraten liegt, desto rascher werden wir uns auf das konzentrieren können, auf das es wirklich ankommt: Länder zu schaffen, in denen die Menschen bleiben, leben und Familien haben wollen.“

Zwar scheint eine rasche Trendwende nicht in Sicht. Doch zur Erhöhung der „demografischen Widerstandsfähigkeit“ plädieren UNFPA-Experten für einen nachhaltigen Politikmix. Einerseits müssten vernachlässigte oder bisher auf dem Arbeitsmarkt diskriminierte Gruppen wie Berufsanfänger, Frauen, Alte oder Minderheiten besser eingebunden werden. Andererseits müssten kreative Strategien zur Wiederbelebung der von der Abwanderung besonders hart getroffenen ländlichen Regionen entwickelt werden. Die Herausforderungen der Entvölkerung seien „zu bewältigen“, versichert Armitage: Diese eröffneten den betroffenen Staaten selbst „Gelegenheiten zur Innovation, die sie in Richtung einer besseren Zukunft katapultieren könnten“.

Klod
4. Dezember 2021 - 11.38

Die bluehenden landschaften in osteuropa, welche nach dem fall der kommunisten entstehen sollten ,sind dann anscheinend doch nicht so ganz bluehend.