TischtennisSarah De Nutte über die WM-Medaille im Doppel: „Es ist einfach nur verrückt“

Tischtennis / Sarah De Nutte über die WM-Medaille im Doppel: „Es ist einfach nur verrückt“
Sarah De Nutte und Ni Xia Lian kommen bei der Medaillenüberreichung aus dem Grinsen nicht mehr raus Foto: Manfred Schillings/FLTT

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Am Montag ging die Tischtennis-Weltmeisterschaft in Houston (USA) zu Ende. Im Einzel gab es die erwarteten Titel für China durch Wang Manyu bei den Damen und Fan Zhendong, der seiner Topfavoritenrolle bei den Herren gerecht wurde. Völlig unerwartet standen bei der Medaillenvergabe auch zwei Luxemburgerinnen auf dem Podium. Sarah De Nutte und Ni Xia Lian haben in Texas das bislang schönste Kapitel in der Geschichte der FLTT geschrieben.

Um 20.00 Uhr verfolgten beide das Endspiel im Damendoppel zwischen den Japanerinnen Mima Ito (WR 3) und Hina Hayata (WR 18) und den Favoritinnen Sun Yingsha (WR 2) und Wang Manyu (WR 4) aus China. Letztgenannte hatten dem Gipfelsturm des luxemburgischen Duos, erst im Halbfinale, ein Ende gesetzt. „Nach der Auslosung hatten wir kaum über die Doppel-Konkurrenz gesprochen. Wir haben ein Spiel nach dem anderen bestritten und fanden uns plötzlich im Viertelfinale wieder. Dabei standen wir in der zweiten Runde schon knapp vor dem Aus. Nach dem verrückten letzten Ballwechsel hat Tommy darüber gewitzelt, dass wir die Arme wie Synchronschwimmerinnen in die Höhe gestreckt hätten“, erzählte Sarah De Nutte, deren Abreise aus Texas schon für den 27. November geplant war.

Überglücklich

„Eigentlich sollte ich mit ein paar Spielerinnen aus der Slowakei, Deutschland, Frankreich und Tschechien nach New York fahren. Mir bleiben jetzt noch anderthalb Tage, um sie dort zu treffen und meinen Geburtstag und die Medaille zu feiern. Eine Olympia- oder WM-Medaille war für mich nie ein realistisches Ziel, da die Spielerinnen aus Asien einfach zu dominant sind“, so die 29-Jährige, die noch einige Zeit brauchen wird, um das Erlebte sacken zu lassen: „Es ist einfach nur verrückt, hier auf dem Podium zu stehen. Ich hätte das niemals gedacht. Mir kommt das alles irgendwie irreal vor, so wie in einem Film.“

Vor dem entscheidenden Spiel gegen Indien hatte Sarah De Nutte ihre Chancen auf 50:50 eingeschätzt: „Bei einem Turnier in Slowenien hatten beide im Finale gegen die Topfavoritinnen aus China gewonnen. Wir haben uns diese Partie im Vorfeld gleich dreimal angeschaut und sind alle taktischen Varianten durchgegangen. Nach dem knappen Sieg gegen Hongkong sind wir abends noch einmal in die Halle gegangen, um zu trainieren. Irgendwann sagte Tommy, dass es jetzt aber genug sei und wir unsere Energie für das Spiel aufsparen sollten. Wir waren richtig gut auf das Viertelfinale vorbereitet und haben eine optimale Leistung abgerufen“, erzählt De Nutte voller Stolz.

Das Luxemburger Duo musste sich erst im Halbfinale gegen die späteren Weltmeisterinnen geschlagen geben
Das Luxemburger Duo musste sich erst im Halbfinale gegen die späteren Weltmeisterinnen geschlagen geben Foto: Manfred Schillings/FLTT

Nach dem Erreichen der Bronzemedaille wollte sich die Spielerin von Saint-Quentin nur noch ausruhen. „Ich war so müde und lag schon im Bett, als Lily Zhang (USA), die im Mixed-Doppel eine Medaille gewonnen hat, mir geschrieben hat, dass wir etwas zu feiern hätten. Mit ein paar weiteren Spielern haben wir uns dann in der Hotel-Lobby getroffen.“ Überglücklich waren auch Ni Xia Lian und ihr Ehemann und Trainer Tommy Danielsson. „Nie im Leben hatte Xia Lian damit gerechnet, nach 36 Jahren noch einmal eine WM-Medaille zu gewinnen“, erzählt De Nutte: „Nach jedem Sieg hat Tommy darüber gelacht, dass wir immer noch dabei seien und dass Luxemburg nur von China gestoppt werden könnte“, womit der ehemalige schwedische Spitzenspieler letztendlich auch Recht behalten sollte.

Im Einzel verlor Sarah De Nutte erst im 1/16-Finale gegen Olympiasiegerin Chen Meng (WR 1), derweil Ni Xia Lian fast zeitgleich Wang Yidi (WR 10) unterlegen war. Im Doppel schieden beide erst gegen die späteren Weltmeisterinnen Sun Yingsha und Wang Manyu aus. „In den beiden ersten Sätzen mussten wir uns an ihr extrem schnelles und präzises Spiel gewöhnen. Im dritten Durchgang haben wir dann gut mitgehalten, konnten nur unsere Chance zum Satzgewinn leider nicht nutzen. Die Zuschauer – zum großen Teil chinesischer Abstammung – waren begeistert, dass Xia Lian auch mit 58 Jahren noch mit den Weltbesten mithalten kann“, so die Landesmeisterin, die sich im Laufe der Weltmeisterschaft immer mehr in einen Rausch gespielt hat.

Luxemburg im Tischtennis-Fieber

„Ein großes Dankeschön an alle, die mich beglückwünscht haben. Ich habe schon Stunden damit verbracht, zu antworten, es sind aber so viele, dass ich noch lange nicht fertig bin. Es ist toll, zu sehen, dass Luxemburg im Tischtennis-Fieber war. Sehr berührt hat mich das Video von meiner Mitbewohnerin Dani Konsbruck, auf dem unter anderem meine Mutter, mein Freund, meine besten Freundinnen und mein Ex-Trainer Milan Stencel zu sehen sind, die sich getroffen hatten, um sich das Halbfinale bei uns anzuschauen“, so die überglückliche Ballkünstlerin abschließend.

Das Doppel Sun/Wang unterstrich seine Vormachtstellung und gewann das Finale ohne Satzverlust. Vier Stunden später standen sich beide im Einzelfinale gegenüber. Im hochklassigen Duell behielt Wang Manyu mit 4:3 die Oberhand und holte damit ihren zweiten Titel, ebenso wie Sun Yingsha, die bereits im Mixed-Finale an der Seite von Wang Chuquin (WR 16) gegen Tomokazu Harimoto (WR 5) und Hina Hayata aus Japan erfolgreich war.

Bei den Herren traf der Weltranglistenerste Fan Zhendong auf drei seiner Landsleute und ebnete sich den Weg ins Endspiel dennoch ohne größere Probleme. Dort traf er auf den schwedischen Youngster Truls Möregardh. Den 19-Jährigen, der in der Weltrangliste an Position 77 geführt wird, hatten wohl die wenigsten auf der Rechnung. Bis ins Finale hatte Möregardh unter anderem Chuang Chih-Yuan (TPE/WR 25), Patrick Franziska (D/WR 14), Lim Jonghoon (KOR/71), Quadri Aruna (NGA/WR 17) und Timo Boll (D/WR 11) mit knappen Siegen aus dem Weg geräumt. Im allerletzten Spiel der diesjährigen WM musste er dann jedoch bei der 0:4-Niederlage (-6, -9, -7, -8) gegen die Nummer eins Lehrgeld zahlen.

Paul Moutschen
1. Dezember 2021 - 13.57

Gudden Mëtten, een massiv grousen BRAVO unt dei fantastesch Equipe. WAHNSINN. Mat frendlechen Gréiss Paul Moutschen