LuxemburgLSAP-Personalkarussell und ein DP-Überraschungsei: Regierung steht vor personellen Umbrüchen

Luxemburg / LSAP-Personalkarussell und ein DP-Überraschungsei: Regierung steht vor personellen Umbrüchen
Tritt mit Romain Schneider (r.) vorzeitig von seinem Ministerposten zurück: Dan Kersch (l.) Foto: Editpress/Julien Garroy

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Georges Engel und Claude Haagen heißen die beiden Minister, die die scheidenden Regierungsmitglieder Dan Kersch und Romain Schneider ersetzen werden. Paulette Lenert winkt als erst dritte Frau in der Geschichte des Landes das Amt der Vizepremierministerin, während Parteipräsident Yves Cruchten die Fraktionsleitung der LSAP im Parlament übernehmen soll. 

Georges Engel heißt der zukünftige Sport- und Arbeitsminister, Claude Haagen übernimmt die Ressorts Landwirtschaft und Soziale Sicherheit. Worüber seit Monaten spekuliert wurde, ist also jetzt Gewissheit. Wenn Dan Kersch und Romain Schneider im Januar 2022 ihre Regierungsämter niederlegen werden, stehen die beiden Nachfolger bereits in den Startlöchern. Die Fraktionsleitung wird etwas überraschend LSAP-Parteipräsident Yves Cruchten höchstpersönlich übernehmen – zuvor wurde noch vermutet, dass Dan Kersch seine Erfahrung mit seinem Wechsel ins Parlament auf dem Posten des Fraktionspräsidenten einbringen würde. Bis zum nächsten Kongress im Frühjahr 2022 sollen die beiden LSAP-Vizepräsidenten Paulette Lenert und Dan Biancalana die Ämter von Cruchten in der Partei kommissarisch übernehmen. Einzige Hürde bleibt noch der LSAP-Generalrat, der die von der Parteileitung vorgeschlagenen personellen Änderungen abnicken muss.

Da sich Romain Schneider komplett aus der Politik zurückziehen wolle, werde Carlo Weber, der Nächstgewählte auf der Wahlliste im Bezirk Norden, den Platz von Claude Haagen im Parlament übernehmen. „Ich habe Carlo Weber kontaktiert und er hat mir gesagt, dass er den Posten als Abgeordneter akzeptieren wird“, sagte Yves Cruchten. Weil Dan Kersch für Georges Engel in die Chamber geht, brauche keiner ins Parlament nachzurücken. Mars di Bartolomeo und Dan Biancalana haben als Nächstgewählte auf den Ministerposten von Dan Kersch verzichtet, da sie mit anderen Aufgaben betraut sind, die sie gerne weiterführen wollen, sagte Cruchten zur Nachfolgeregelung im Bezirk Süden. Apropos Nachfolge: Paulette Lenert wird nach Kerschs Ausscheiden aus der Regierung das Amt der Vizepremierministerin übernehmen und ist nach Colette Flesch (DP) und Lydie Polfer (DP) erst die dritte Frau auf diesem Posten.

Gesundheitliche Probleme

Sowohl Schneider als auch Kersch begründeten ihre Entscheidung damit, dass ihre gesundheitlichen Probleme während der Pandemie zugenommen hätten. „Ich will ein bisschen mehr nach mir und meiner Familie schauen“, sagte Schneider, weswegen er sich nach 13 Jahren in der Regierung in die „politische Rente“ zurückziehen möchte. Dan Kersch gab mentale und physische Gesundheitsprobleme als Gründe für seinen Rückzug als Minister an. Er könne als Minister keine 100 Prozent mehr geben. Stattdessen wolle er auf den Rat seiner Freunde und Familie hören und sich einer anderen Aufgabe, der des Parlamentariers, widmen. „Ich danke meiner Familie, die es mir erlaubt hat, auf der politischen Bühne aktiv zu sein“, so Kersch. Wenn er die derzeitige Legislaturperiode aus gesundheitlicher Sicht meistern würde, wolle er aber wieder bei den nächsten Wahlen antreten und mit der LSAP nach der „historischen Chance“ greifen, den Premierminister nach der kommenden Wahl zu stellen. Auch Schneider kündigte an, den Parteikollegen mit Rat und Tat zur Seite stehen zu wollen – ein Mandat auf Gemeindeebene schlossen beide jedoch kategorisch aus.

Ob die LSAP mit den genannten Nominierungen nicht die Gelegenheit verpasst habe, dem eigenen Anspruch auf Geschlechterparität gerecht zu werden? Das sehe er ganz und gar nicht so, meinte Yves Cruchten. „In der Fraktion sind wir mit fünf Frauen und fünf Männern vertreten“, so Cruchten. „Für einen Mann im Norden rückt jetzt ein Mann nach.“ Zudem habe Georges Engel schon bei der vorigen Regierungsbildung einer Frau den Vortritt gelassen. „Aus dem Grund haben wir ja auch kürzlich eine Statutenänderung beschlossen.“

Gramegnas Rücktritt

Kurz vor der Pressekonferenz am Dienstagnachmittag überraschte die Nachricht aus der DP-Zentrale, laut der sich Finanzminister Pierre Gramegna ebenfalls von seinen Pflichten entbinden lassen wolle. Parteichefin Corinne Cahen erklärte im Gespräch mit dem Tageblatt: „Pierre Gramegna möchte nicht mehr bei den nächsten Wahlen kandidieren und hat uns den Vorschlag gemacht, dass auf diesem Weg noch jemand anders in das Amt kann und sich einarbeiten kann.“ Wer den Posten von Gramegna übernehmen könne, der seinen Ministerposten ebenfalls zu Beginn nächsten Jahres räumen wolle, sei jedoch noch nicht entschieden. Der DP-Vorstand wolle möglichst schnell in den kommenden Tagen über die Nachfolge beraten. 

Yves Cruchten gab sich auf der Pressekonferenz ebenfalls überrascht über die Entscheidung und wollte sich nicht weiter zu den persönlichen Beweggründen äußern, wie es in der Pressemitteilung heißt. Auch Kersch und Schneider wurden nur kurz vor der öffentlichen Bekanntgabe vom Ministerwechsel in den Reihen der DP unterrichtet. „Wir wurden kürzlich von Premierminister Xavier Bettel über den Rückzug von Pierre Gramegna informiert“, sagte Kersch.