WM-QualifikationEin Schock und seine Folgen: FLF-Damen unterliegen Österreich mit 0:8

WM-Qualifikation / Ein Schock und seine Folgen: FLF-Damen unterliegen Österreich mit 0:8
Lucie Schlimé (r.), Emma Kremer (2.v.r.) und Co. hatten den erwartet schweren Stand gegen Profistürmerin Nicole Billa Foto: Gerry Schmit

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Eine Verletzung mit Konsequenzen – so könnte man den Abend der „Roten Löwinnen“ im Stade de Luxembourg beschreiben. In ihrem fünften WM-Qualifikationsspiel unterlagen die Luxemburger Fußballerinnen mit 0:8. Auslöser war eine schlimme Schienbeinfraktur von Gegenspielerin Kirchberger in der 17. Spielminute, welche die FLF-Auswahl hatte minutenlang versteinern lassen. Um diesen Abend zu verdauen, hat die Mannschaft viel Zeit: Die Quali wird erst im April fortgesetzt – mit Lichtblicken. 

Die Voraussetzungen für das ungleiche Duell waren ohnehin nicht die besten: Kapitänin Laura Miller fehlte aufgrund von Rückenproblemen, Ersatzkapitänin Jill de Bruyn hatte sich eine Knöchelverletzung zugezogen. Mit der Ankunft von Premierminister Xavier Bettel, der der Damenmannschaft vor Anpfiff noch ein paar Anfeuerungsparolen mit auf den Weg gab, schien die Trübsal allerdings verflogen. 

Die Elf von Nationaltrainer Dan Santos hatte sich auf anstrengende 90 Minuten eingestellt, in der vor allem defensive Stabilität gefordert war. Das spiegelte sich logischerweise auch bei der Ausrichtung wider: Gleich fünf Verteidigerinnen (Dos Santos, Kremer, Raths, Havé, Crespo) sollten die Sturmläufe der Profispielerinnen um Billa unterbinden. Es war ihre Nebenfrau Dunst, die in der 3. eine scharfe Flanke vor das Tor reinbrachte, die Schlimé im zweiten Versuch entschärfte. Billa selbst schloss in der 6. zum ersten Mal ab, zielte aber neben das Tor. 

Gefordert war diesmal vom Trainer aber auch etwas mehr Mut bei Ballbesitz. Dass sie diese Vorgabev nicht missverstanden hatten, bewies Marques mit einem tollen Pass für Albert (7.). Komplett überrascht schienen die FLF-Frauen in der 9., als sich Platz für einen Konter bot, den sie nicht ausnutzten. 

Danach fielen alle Vorhaben wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Eine tragische Verletzung von Kirchberger, die nach einem Foul von Kremer minutenlang vor Schmerzen weinte und schrie, läutete das Debakel ein. Das gebrochene Schienbein war ein Horroranblick für alle Beteiligten. Ihre Mitspielerinnen schienen geschockt – aber reagierten wie waschechte Profis. Die „Roten Löwinnen“ hatten den Wiederanpfiff nach der sechsminütigen Unterbrechung komplett verschlafen, denn gleich bei der ersten Aktion netzte Enzinger ein. Als hätte es damit nicht gereicht, legten die Österreicherinnen 60 Sekunden später nach – wieder einmal hatte Enzinger mit einem Abschluss für Jubel aufseiten der Gäste gesorgt.

Riegel definitiv geknackt

Die Mannschaft in Schwarz hatte die FLF-Defensive, anders als im Hinspiel, schnell geknackt. Etwas Glück reichte dann bei Gegentreffer Nummer drei: Der Ball prallte erst an die Latte und dann auf Schlimés Rücken. Enzinger hatte den Braten gerochen und drückte das Leder über die Linie (24.). Der lupenreine Hattrick war perfekt und die Luft bei der Santos-Elf raus. Santos reagierte und stellte taktisch um. Billa musste bei einem Abwehrversuch von Dos Santos und Schlimé nur noch reinstochern (27.). Schlimé war ein großer Rückhalt und zwischen der 40. und der 44. gleich dreimal mit Paraden zur Stelle.

Gleich nach Wiederanpfiff traf Dunst aus dem Sechzehnmeterraum ins Kreuz (47.), ehe Billa in der 48. den Pfosten traf. Die Bundesliga-Spielerin des Jahres servierte Höbinger in der 60. allerdings auf dem Tablett, per Kopfball fiel Gegentreffer Nummer sechs. Die Stürmerin war allerdings nicht satt und schraubte nur wenige Sekunden später auf 7:0 hoch.

Es konnte einmal angst und bange um die FLF-Frauen werden, die in der 68. erneut, diesmal von Zadrazil, überrumpelt wurden (8:0). In Zahlen ausgedrückt bedeutete dies schlussendlich, dass von den 14 platzierten Schüssen der Österreicherinnen bei Schlusspfiff acht im Netz gezappelt hatten. Die Heimmannschaft hatte es dagegen nicht gefährlich vor das gegnerische Tor geschafft, war nach 80 Minuten aber gleichzeitig phasenweise mutiger und spielfreudiger. Das war auch das Ziel dieser Partie, die Dan Santos als Vorbereitung auf die nächsten Heimspiele gegen Nordmazedonien und Lettland angesehen hatte. Nach dem 0:10 gegen England war die Quittung diesmal auch schon weniger gesalzen. Dass es in der Gruppe D nämlich auch wesentlich krasser zugehen kann, erlebten die Lettinnen gleichzeitig bei ihrem 0:20-Debakel gegen die „Three Lions“.  

Statistik

Luxemburg: Schlimé – K. Dos Santos (79. Tiberi), Kremer, Raths (79. Becker), Havé, Crespo (59. Mendes) – Estevez (59. J. Lourenco), Soares, Kocan – Albert (74. Olafsson), Marques
Österreich: Pal – Georgieva, Wenninger, Kirchberger (16. Schlechtl), Hanshaw (63. Naschenweng) – Zadrazil (80. Degen), Eder (46. Plattner), Höbinger – Dunst (80. Schasching), Billa, Enzinger
Schiedsrichterinnen: Tsiofliki – Kourompylia, Komisopoulou
Gelbe Karten: Kremer
Torfolge: 0:1, 0:2, 0:3 Enzinger (16., 17., 24.), 0:4 Billa (27.), 0:5 Dunst (47.), 0:6 Höbinger (60.), 0:7 Billa (62.), 0:8 Zadrazi (68.)
Beste Spielerinnen: Schlimé, Marques – Enzinger, Billa, Zadrazil
Zuschauer: 719 zahlende

Stimmen

Dan Santos (FLF-Nationaltrainer): „Sie waren acht Tore besser als wir. Wir haben nach der schweren Verletzung geschockter reagiert als sie. Das hat uns gebrochen. Wir sind zu grün hinter den Ohren. Trotzdem haben wir einen Fortschritt gemacht. Wir waren uns bewusst, dass es schwerer werden würde als im Hinspiel. Sie hatten ein Ziel: Das lautete, mehr Gegentore zu schießen als England. Positiv ist auch unsere Einstellung in den letzten zehn Minuten, in denen wir solidarisch waren. Jetzt erwarten uns drei Spiele auf Augenhöhe. Wir haben 50 Prozent der Spiele gemacht, nur zwei waren weniger gut. Ich habe meine Spielerinnen beglückwünscht, weil wir moralisch in den letzten 23 Minuten gekämpft haben. In der Schlussphase haben wir mit mehr Mut auch offensiv etwas dargestellt. Aber wir befinden uns im Aufbau. Es ist eine junge Mannschaft. Ich bin überzeugt, dass wir in ein paar Monaten und Jahren noch viel mehr Spaß haben werden.“
Emma Kremer: „Es war sicherlich nie meine Absicht, irgendjemandem wehzutun. Es tut mir sehr leid für die Spielerin. Es kann sein, dass uns dieser Moment etwas aus dem Konzept gebracht hat.“

Nach dieser Verletzung nahm das Unheil seinen Lauf
Nach dieser Verletzung nahm das Unheil seinen Lauf Foto: Gerry Schmit