DeutschlandCorona-Maßnahmen in Sicht – Kontaktbeschränkung für Ungeimpfte in Rheinland-Pfalz

Deutschland / Corona-Maßnahmen in Sicht – Kontaktbeschränkung für Ungeimpfte in Rheinland-Pfalz
19. November 2021: Menschen besuchen den Weihnachtsmarkt in der Trierer Innenstadt. Einlass erhalten ausschließlich Besucher, die nachweislich gegen Covid-19 geimpft oder genesen sind. Harald Tittel/dpa

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Unter hohem Zeitdruck sollen zusätzliche Auflagen und Vorgaben her, um die Corona-Ausbreitung unter Kontrolle zu bringen. So planen es Bund und Länder. Die obersten Richter schaffen generelle Klarheit. Und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin schafft mit der Ankündigung von Kontaktbeschränkungen Fakten. 

Für den Kampf gegen die immer bedrohliche Corona-Welle in Deutschland kommen schärfere Beschränkungen in der Adventszeit für Millionen Bürger und die Wirtschaft in Sicht. Neue Regelungen etwa zu „umfangreichen Kontaktbeschränkungen“ vor allem für Ungeimpfte sollen bis diesen Donnerstag erarbeitet werden. Das teilte Regierungssprecher Steffen Seibert nach Bund-Länder-Beratungen am Dienstag mit der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem designierten Nachfolger Olaf Scholz (SPD) mit. Klarheit für den Corona-Kurs schaffte auch das Bundesverfassungsgericht. Es wies Klagen gegen Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen aus dem Frühjahr ab.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat bereits Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte angekündigt. Diese sollten nur noch Angehörige des eigenen Haushalts oder eine weitere Person treffen dürfen, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Dienstag in Mainz. Rheinland-Pfalz will dies ab Samstag in der nächsten Corona-Bekämpfungsverordnung umsetzen. Auch dürfe es „Bilder voller Bundesligastadien einfach nicht mehr geben“, sagte Dreyer und kündigte dazu eine neue Regelung an, „die möglichst bundeseinheitlich sein soll“.

„Druck auf die Krankenhäuser verringern“

„Bund und Länder sind überzeugt, dass es zusätzlicher Maßnahmen bedarf, um die Zahl der täglichen Neuinfektionen zu senken und den Druck auf die Krankenhäuser möglichst bald wieder zu verringern“, teilte Regierungssprecher Seibert nach der Schaltkonferenz mit den Ministerpräsidenten mit. Gemeinsam entschieden werden soll demnach auch über einheitliche Linien für Einschränkungen bei Großveranstaltungen und die Ausweitung von 2G-Regeln auf den Einzelhandel – also Zugang nur für Geimpfte und Genesene. Neben einer geplanten Impfpflicht für Einrichtungen mit verwundbaren Menschen wie Pflegeheime solle auch „eine zeitnahe Entscheidung über eine allgemeine Impfpflicht“ vorbereitet werden.

Scholz sprach sich dafür aus, dass sie ab spätestens Anfang März gilt. „Mein Vorschlag ist ja, dass der Zeitpunkt, bis zu dem dann jeder und jede sich hat impfen lassen, auch nicht allzu fern liegt, also mein Vorschlag: Anfang Februar oder Anfang März“, sagte er im TV-Sender Bild. Er machte klar, dass die Entscheidung beim Bundestag liegt. Auch die Bundesärztekammer befürwortete eine Impfpflicht. Eine sehr hohe Impfquote stelle „die einzige Möglichkeit dar, aus der Lockdown-Endlosschleife“ mit massiven psychosozialen Nebeneffekten besonders für Kinder herauszukommen, heißt es in einem Schreiben.

Bund und Länder bekräftigten zudem das Ziel, bis Weihnachten bis zu 30 Millionen Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen zu ermöglichen. Ein neuer Bund-Länder-Krisenstab im Kanzleramt soll die Koordinierung der Impfkampagne mit Lieferungen und Verteilung übernehmen. Scholz stellte Generalmajor Carsten Breuer als Leiter vor. Er führt das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr, das auch für die Zusammenarbeit mit zivilen Organisationen im Inland zuständig ist.

Urteil aus Karlsruhe heißt Debatte an

Die Corona-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts heizten die Debatte um verschärfte Maßnahmen weiter an. Die Karlsruher Richterinnen und Richter stellten fest, dass die zentralen Maßnahmen der sogenannten Bundesnotbremse“ aus der dritten Welle nicht zu beanstanden sind. Die Grundrechtseingriffe seien durch „überragend wichtige Gemeinwohlbelange“ gerechtfertigt. (Az. 1 BvR 781/21 u.a.)

Formal beziehen sich die Beschlüsse auf den Maßnahmenkatalog, der am 22. April als Bundesnotbremse ins Infektionsschutzgesetz eingefügt worden war und bis Ende Juni in Kraft blieb. Der Bund wollte damit sicherstellen, dass überall im Land dieselben Maßnahmen greifen. Das hatte eine Klagewelle ausgelöst. Im frisch überarbeiteten Gesetz der künftigen Ampel-Koalitionäre sieht der Paragraf anders aus und enthält nun zum Beispiel die 3G-Regel am Arbeitsplatz.

Der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht nun Klarheit für weitere Krisenmaßnahmen. „Das sollte jetzt auch den Parteien Orientierung bieten, die wegen verfassungsrechtlicher Bedenken schärfere Maßnahmen bislang ausgeschlossen haben.“ Der Richterspruch sei jedoch auch kein Freibrief für willkürliche Eingriffe in Grundrechte. Bundesweite Einschränkungen des öffentlichen Lebens müssten zeitlich befristet sein, regional ausdifferenziert werden und sich am Pandemiegeschehen orientieren.

Kein Shopping mehr für Ungeimpfte

Mehrere Länder kündigten bereits zusätzliche Schritte an. So sollen Ungeimpfte auch in Hamburg von Samstag und im Saarland von Montag an weitgehend vom Einzelhandel ausgeschlossen sein. Sie können dann nur noch in Geschäften des täglichen Bedarfs einkaufen. Clubs müssen im Saarland schließen, in Hamburg gilt das 2G-plus-Modell – also zusätzlich zum Impf- oder Genesenen-Nachweis wird ein negativer Test nötig.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellte ebenfalls Verschärfungen in Aussicht. Man werde „ziemlich sicher“ regeln, dass Fußballspiele und Sportgroßveranstaltungen nur ohne Publikum stattfinden können. Diskotheken und Clubs sollen schließen. Die Abgabe von Alkohol im öffentlichen Raum soll verboten werden, sofern sich die Lage auf den Intensivstationen nicht bessert.