MusikKunst, Klimakrise und Kapitalismus: C’est Karma hatte im November gleich zwei Auftritte in Paris

Musik / Kunst, Klimakrise und Kapitalismus: C’est Karma hatte im November gleich zwei Auftritte in Paris
 Foto: Anouk Flesch

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Manche Berufe kann man unmöglich im Home-Office ausüben. Die Musikerin C’est Karma freut sich über das Abflachen der Corona-Pandemie, denn es erlaubt ihr, ihr Talent vor ausländischem Publikum zu beweisen.

Nach Konzerten quer durch Europa im vergangenen Sommer und der Veröffentlichung der Single „Spaghetti On Repeat“ trat die 19-jährige Luxemburgerin im November gleich in zwei Pariser Konzertsälen auf: der „Gaîté Lyrique“ und „Les Trois Baudets“, wo wir sie am vergangenen Dienstag vor ihrem Auftritt getroffen haben. Sie trat vor der Schweizer Gruppe Black Sea Dahu im Rahmen des Festivals „Les femmes s’en mêlent“ auf. Wenn sie nicht für Konzerte unterwegs ist, lebt sie in Amsterdam, wo sie Literatur- und Kulturanalyse studiert.

C orona-Pandemie
„Die Pandemie war eine Hürde. Weil nichts passierte, hatte ich anfangs das Gefühl, es gäbe nichts, worüber ich schreiben könnte. Sie hat mich wie alle anderen Menschen auch geprägt. Ich wurde vorsichtiger darin, mich auf etwas zu freuen – ich habe zum Beispiel Tickets für Konzerte gekauft, auf die ich nie gehen konnte. Ich bin aber erstaunt darüber, wie schnell wir wieder zu Normalität zurückgekehrt sind und wie wenig Einfluss das Virus momentan auf unsere Leben hat.“

E ngagement
„Ich will nicht mit jedem Song ein Manifest schreiben, aber es ist mir wichtig, engagierte Kunst zu machen. Es wäre eine verpasste Chance, die Bühne, die ich habe, nicht zu nutzen. Deswegen thematisiere ich Frauenfeindlichkeit, die Klimakrise und den Kapitalismus – alles, was die Welt zum Untergehen bringt. Doch ich versuche, nicht nur militant, sondern auch aktiv zu sein. Ich war lange beim ’Mouvement écologique’ aktiv und engagiere mich bei der JIF, soweit das von Amsterdam aus möglich ist. Ein anderer Traum wäre es, ein Netzwerk von Künstlerinnen zu schaffen, das auch in Luxemburg etabliert ist.“

S exismus
„Auf Konzerten und bei der Vorbereitung davon gibt es immer wieder klugscheißende Männer, die denken, sie müssten mir Dinge erklären. Mittlerweile spricht man mehr darüber, dass Sexismus und das Patriarchat in der Musikindustrie noch relativ präsent sind. Ich versuche, mich so weit wie möglich von Frauen zu umgeben. Ich habe eine Tontechnikerin, ein Beruf, in dem fast keine Frauen aktiv sind. Ich will sie unterstützen und anderen Künstler*innen zeigen, dass es möglich ist, einen Einfluss zu haben.“

 Foto: Anouk Flesch

T exte
„Meistens schreibe ich meine Texte und die Musik unabhängig voneinander und füge sie später zusammen. Ich kann in ihnen nicht für eine gesamte Generation sprechen, aber denke, dass sie die Gefühle von vielen jungen Leuten beschreiben. Ich thematisiere unter anderem die Klimakrise, die ungebremst auf uns zuströmt, und den sozialen Druck des Kapitalismus. Meine Musik ist symptomatisch für meine Gedanken und Gefühle.“

K ulturszene in Luxemburg
„Ich wüsste nicht, was ich kritisieren würde – ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht. Je mehr ich im Ausland unterwegs bin, desto bewusster wird mir, wie verwöhnt wir in Luxemburg sind. Es gibt Strukturen wie Music:LX, die sowohl finanziell als auch in puncto Knowhow eine sehr nützliche Plattform bieten. Ich weiß auch zu schätzen, dass man schneller enge Verbindungen aufbaut. Wenn man erst mal öffentlich auftritt, wird man in Luxemburg auch vergleichsweise schnell gebucht und unterstützt.“

A usland
„Es ist cool und aufregend, ins Ausland zu kommen. Ich genieße es. In Luxemburg kommt es oft vor, dass man die Hälfte des Publikums kennt. Es entsteht eine andere Stimmung, wenn die Leute einen erst während des Konzerts kennenlernen. Ich beginne auch, Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern festzustellen, was das Publikum und die Musikszene angeht.“

R ampenlicht
„Ich genieße es, dass ich vorankomme und C’est Karma bekannter wird. Ziel ist es, auf der Bühne irgendwann nicht mehr alles alleine machen zu müssen. Ich wünsche mir eine Person, die einen Teil der Aufgaben übernimmt. Solokünstlerin zu sein ist aber weniger aufwendig und kostspielig, wenn ich für Konzerte gebucht werde.“

M usikrichtung
„Ich habe sehr jung angefangen und mein Geschmack hat sich mittlerweile verändert. Jetzt sehe ich mich eher im alternativen Pop als wie noch vor ein paar Jahren im klassischen Folk.“

A nstrengung
„Es ein intensiver Job, den man machen wollen muss. Man investiert enorm viel von sich selbst. Das ist natürlich das Schöne daran, aber sich so viel mit sich selbst zu beschäftigen kann auch anstrengend sein. Ich versuche, mein Studium und meine Musikkarriere zu balancieren, weswegen ich fast nie zu Hause bin. Morgen früh um sieben nehme ich den Zug zurück nach Amsterdam, um rechtzeitig in der Vorlesung zu sitzen. Falls es zeitlich irgendwann nicht mehr aufgeht, beides zu kombinieren, bin ich eher bereit, das Studium aufzugeben als meine Karriere.“

C’est Karma im Pariser „Trois Baudets“
C’est Karma im Pariser „Trois Baudets“ Foto: Anouk Flesch