Leben in LuxemburgWie Semiray Ahmedova („déi gréng“) die Lage auf dem Immobilienmarkt verbessern will

Leben in Luxemburg / Wie Semiray Ahmedova („déi gréng“) die Lage auf dem Immobilienmarkt verbessern will
Die Abgeordnete Semiray Ahmedova („déi gréng“) Foto: Editpress/Alain Rischard

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Besitzer von Bauland sollen die Möglichkeit erhalten, ihr Land per Konvention zeitlich befristet zur Verfügung zu stellen, um darauf modulare Häuser zu errichten. Mit dieser Idee will Semiray Ahmedova („déi gréng“) dazu beitragen, die Lage auf dem Immobilienmarkt zu verbessern. Das Tageblatt hat sich mit der Abgeordneten darüber unterhalten.

Die Immobilienpreise in Luxemburg steigen nicht erst seit gestern. Neu ist aber, dass mittlerweile auch viele besser Betuchte, die sich zur Mittelschicht zählen, sich kein Heim in Luxemburg mehr leisten können. In den letzten Jahren sind vor allem die Preise für Bauland ins Unermessliche gestiegen. Zu allem Überfluss hat die weltweite Ressourcenknappheit in diesem Jahr zusätzlich dafür gesorgt, dass das Bauen selbst teurer geworden ist.

In einem sind sich scheinbar alle einig: Das Angebot an bezahlbarem Wohnraum muss erhöht werden. Das kann nur bedeuten, dass mehr gebaut wird. Sehr viel mehr. Dem gegenüber steht eine Kennzahl, die die Probleme auf dem Luxemburger Immobilienmarkt versinnbildlicht wie kaum eine andere: 2.900 Hektar. So viel Land befindet sich im Bauperimeter und ist nicht bebaut. Das Land könnte Wohnraum für 100.000 Menschen bieten. Oft genug sind die Leitungen bereits gelegt.

Parlamentarierin Semiray Ahmedova („déi gréng“) wartet mit einer Idee auf, dieses Land zu mobilisieren, ohne, dass die Besitzer es verkaufen müssen. Eine Idee, die sich potenziell schnell umsetzen ließe, wie sie glaubt.

Zeitlich begrenzt

Ahmedova – sie ist ausgebildete Architektin und Städteplanerin – schlägt vor, dass Eigentümer ihr Land per Konvention für einen begrenzten Zeitraum an die Gemeinde oder eine andere öffentliche Institution abtreten. Wichtig hierbei ist, dass die Eigentümer ihr Land nicht verkaufen müssten. Sie würden es nur zwischen fünf und 15 Jahren zur Verfügung stellen.

Auf diesem Land soll dann Wohnraum in Form von modularen Bauten entstehen. Ahmedova unterstreicht, dass diese Bauform oft fälschlicherweise als „Container“ bezeichnet wird. In Wirklichkeit handelt es sich aber um richtige Häuser, die aus vorgefertigten, standardisierten Teilen schnell zusammengebaut werden können und modernen Wohnkomfort bieten. Solche Wohnungen hätten die Energieklasse AA oder AB, behauptet Ahmedova. Die standardisierten Bauelemente erlaubten es auch, unterschiedlich große Wohnungen aufzubauen, je nach der Größe des Baugrundes und nach den Bedürfnissen der Bewohner.

Ähnlich hatte sich die Abgeordnete Nathalie Oberweis im Gespräch mit dem Tageblatt über diese Bauweise geäußert. Es gebe eine Notlage und das Modulbauverfahren ermögliche es, schnell und kostengünstig Wohnraum zu schaffen, hatte Oberweis gesagt. Die modulare Bauweise müsse nicht „mega moche“ sein.

Wenn die Konvention mit den Landbesitzern abgelaufen ist, so Ahmedovas Vorstellung, können die Wohnungen dank modularer Bauweise wieder abgebaut und anderswo wieder aufgebaut werden. Die Landbesitzer würden so nach fünf bis 15 Jahren (je nachdem wie lange sie sich verpflichtet haben) ihr Land wie unberührt zurückbekommen. Das ist ein weitaus kürzerer Zeitraum als bei der Grundpacht („Bail emphytéotique“), bei der sich die Landbesitzer für mindestens 49 Jahre verpflichten.

Kostenpunkt für ein solches Haus, inklusive des Auf- und Abbaus, läge zwischen 2.000 und 2.500 Euro pro Quadratmeter, rechnet Ahmedova im Gespräch mit dem Tageblatt vor. Der Preis einer 54 Quadratmeter großen Wohnung läge damit bei rund 121.500 Euro. Auf- und Abbau würden jeweils drei Monate in Anspruch nehmen.

Spekulationssteuer

Aber kann man den Grundbesitzern nicht einfach so lange Strafsteuern aufbrummen bis sie ihr Land endlich nutzbar machen oder verkaufen? Ahmedova will es den Eigentümern so einfach wie möglich machen, ihr Land nutzbar zu machen, ohne dass sie es verkaufen müssen, und hofft so, Baulücken zu schließen.

Ihre Idee sieht sie nicht als Antwort auf alle Probleme am Wohnungsmarkt, sondern als Teil einer Strategie, zu der auch die Spekulationssteuer gehört, die Premierminister Xavier Bettel in seiner Rede zur Lage der Nation angesprochen hatte. So rechtfertigt Ahmedova auch die relativ niedrigen Zahlungen, die sie Landeigentümern anbieten will, wenn sie eine solche Kooperation eingehen. Wenn die Alternative ist, eine Spekulationssteuer zu zahlen, dann kann selbst ein kleiner Cashflow auf einmal verlockend klingen.

Ahmedova sieht viele Verwendungsmöglichkeiten für so geschaffenen Wohnraum, allerdings vor allem im sozialen Bereich. So bräuchten Gemeinden immer Notfallunterkünfte, um etwa Familien nach einem Hausbrand oder einer Überschwemmung unterzubringen. Auch Opfer von häuslicher Gewalt brauchen manchmal schnell eine neue Bleibe. Daneben hinterlässt die Sanierung (und damit verbundene temporäre Schließung) der in die Kritik geratenen „Kaffiszëmmeren“ oft ein Vakuum im betreffenden Preissegment. Aber auch Familien mit niedrigem Einkommen und Uni-Absolventen, die gerade ihren ersten (mies bezahlten) Job haben, könnten so ein bezahlbares Zuhause finden. Familien mit Kindern, die zur Schule gehen, könnte man, so Ahmedova, die Gebäude anbieten, bei denen die Konventionen zehn oder 15 Jahre laufen, damit die Familien nicht umziehen und die Kinder nicht die Schule wechseln müssen.

WG und Tiny House

Zuletzt werden in Luxemburg, auch wegen der Wohnungskrise, alternative Wohnformen diskutiert. Wohngemeinschaften etwa sind in Luxemburg schwer umsetzbar, u.a. weil sich Sozialleistungen am Einkommen des Haushaltes orientieren, ungeachtet dessen, ob es sich bei dem Haushalt um eine Familie handelt, um eine Lebensgemeinschaft oder um eine Studierenden-WG. Derzeit befindet sich ein neues Miet-Gesetz auf dem Instanzenweg, das zum ersten Mal Wohngemeinschaften regelt, erklärt Ahmedova im Gespräch.

Im Trend sind derzeit auch sogenannte Tiny-Houses. Diese minimalistische Form des Wohnens spielt sich in winzigen Häusern von wenigen Quadratmetern ab. Auch wenn sich viele Menschen nicht vorstellen können, in einem derart kleinen Haus zu leben – für manche Minimalisten ist es eine erstrebenswerte Wohnform. Regeltechnisch bewegen sie sich in Luxemburg damit allerdings noch in einer Grauzone.

Bei einer Konferenz des Luxemburger Thinktanks Idea Anfang November hatte Ahmedova bereits kritisiert, dass sich viele Menschen kein Eigenheim leisten können, weil zu groß gebaut werde. Im Gespräch mit dem Tageblatt geht sie näher darauf ein. Bauunternehmen, so erklärt sie, wollen das Baugrundstück optimal ausnutzen. Deshalb entstehen viele sehr große Häuser und Wohnungen. Käufer, die sich nach einer kleineren Bleibe umsehen (z.B. Singlehaushalte), finden deshalb oft kein adäquates Angebot auf dem Markt, meint die Abgeordnete.

Nun wünscht sie sich ein Pilotprojekt, mit dem sie zeigen kann, dass und wie ihre Idee klappt (sofern sie funktioniert). So könnten dann andere Akteure (sprich Gemeindeväter und -mütter), die zögerlicher sind, sich ein gutes Bild von der Sache machen und sich informiert darüber entscheiden, ob sie die Idee der Konvention auch umsetzen wollen. Bis zu den nächsten Wahlen seien es noch knapp zwei Jahre, so Ahmedova. Die Zeit wolle sie nicht einfach verstreichen lassen, sondern sie nutzen, um etwas Konstruktives zu erreichen.

Nomi
29. November 2021 - 10.37

Privaatbesetz = unantastbar !! Kategoreschen Neen zur Enteegenung !

Grober J-P.
29. November 2021 - 9.15

Dann mal los MANN welcher junge Mensch, gerade einen Job im Industriesektor ergattert, kann sich eine Wohnung in einer heutigen NEUEN Plattenbauwohnung, direkt am Stadtrand leisten? Preis 9750€ / m2 Wohnfläche.

Studio
29. November 2021 - 8.37

Déi gréng Madame do ännert do glaad an guer neischt, daat ass just fir séch ze profiléieren, bis ëlo woren nach ëmmer Privilegien un eischter Plaatz bei all deenen Polit-Bonzen, déi Baumafia do beherscht den Wunnéngsmaart an daat bleiwt och ësou,nëtt zevill am Dréck réieren soss sténkt ëtt ëmmer nach méi.

Wieder Mann
29. November 2021 - 7.59

Fader Beigeschmack einer Politik des Arbeiter und Bauernstaates , der Enteignung durch die Hintertüre. Nur Plattenbauten nicht mehr Plattenbauten genannt werden, sondern modulare Häuser. Ich bevorzuge das kapitalistische System mit allen Facettenreichen, der Markt sich nach Angebot und Nachfrage richtet, der Lohn bildungs-, leistungsorientiert ist, der Staat die Marktwirtschaft nicht unterstützt .