Neue Corona-VarianteImpfungen „fast sicher“ weniger effektiv gegen B.1.1.529 – EU will „Notbremse“ für Flüge von Südafrika

Neue Corona-Variante / Impfungen „fast sicher“ weniger effektiv gegen B.1.1.529 – EU will „Notbremse“ für Flüge von Südafrika
Südafrika, Johannesburg: Ein Angestellter einer Leichenhalle trägt im Februar dieses Jahres Schutzkleidung und überprüft in einem Kühlcontainer Särge mit Corona-Opfern. Die Ausbreitung einer neuen, möglicherweise sehr gefährlichen Variante des Coronavirus im südlichen Afrika hat international Besorgnis ausgelöst.  Archivfoto: Jerome Delay/AP/dpa

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B.1.1.529 ist die Bezeichnung einer neuen Corona-Variante, die in Südafrika festgestellt wurde. Die WHO prüft derzeit, ob sie als „besorgniserregend“ eingestuft werden muss. Wissenschaftler schlagen aber bereits Alarm – sie könnte aufgrund „ungewöhnlich vieler Mutationen hoch ansteckend“ sein und den Schutzschild der Impfstoffe leichter durchdringen. Die EU und viele Mitgliedsstaaten haben bereits Schritte eingeleitet. 

Die Weltgesundheitsorganisation WHO untersucht derzeit, ob die neue Corona-Variante B.1.1.529 als besorgniserregend eingestuft werden muss. Das sagte WHO-Expertin Maria van Kerkhove am Donnerstag in einem Briefing. Es werde dabei auch untersucht, inwieweit die Variante auch Folgen für die Diagnostik, Therapien und die Impfkampagnen habe. „Es wird ein paar Wochen dauern, bis wir verstehen, welchen Einfluss diese Variante hat“, sagte Kerkhove.

Die derzeit verfügbaren Corona-Impfstoffe sind nach Ansicht eines britischen Experten „fast sicher“ weniger effektiv gegen die im südlichen Afrika entdeckte neue Variante B.1.1.529. Das sagte James Naismith, Professor für Strukturbiologie an der Universität Oxford, in der Radiosendung BBC 4 Today am Freitag.

Ob die Variante auch leichter übertragbar sei, könne anhand der vorliegenden Daten bislang noch nicht mit Sicherheit gesagt werden. „Wir vermuten das und es gibt einige frühe Daten“, fuhr Naismith fort. Sollte sich eine leichtere Übertragbarkeit bestätigen, sei es unvermeidlich, dass die Variante auch nach Großbritannien gelange, so der Experte weiter.

„Besorgniserregendste Variante“

Die Wissenschaftlerin Susan Hopkins vom Imperial College in London bezeichnete die neue Variante als „die besorgniserregendste, die wir je gesehen haben“. Die in Südafrika bislang festgestellte Übertragungsrate (R-Wert) liege bei 2. Das ähnele den Werten zu Beginn der Pandemie, so Hopkins im BBC-Radio. Noch seien mehr Daten notwendig, um zu einer abschließenden Bewertung zu kommen.

Ein erneuter Anstieg von Infektionen in einem stark durchseuchten Land wie Südafrika lege jedoch nahe, dass dafür zumindest teilweise neue Variationen verantwortlich zu machen seien, fuhr Hopkins fort. Sollte sich eine höhere Übertragbarkeit bewahrheiten, würde die Variante „ein massives Problem“, in der sie den in der Bevölkerung bestehenden Immunschutz umgehen könne.

Auch aus Sicht des südafrikanischen Virologen Shabir Madhi schützen herkömmliche Impfstoffe gegen die neue Corona-Variante B.1.1.529 nur bedingt. Dem TV-Sender eNCA in Johannesburg sagte er am Freitag: „Wir gehen davon aus, dass es noch einiges an Schutz gibt.“ Es sei aber wahrscheinlich, dass bisherige Impfstoffe weniger wirksam sein dürften.

Die WHO hat für die unterschiedlichen Corona-Varianten mehrere Kategorien. Eine davon ist die Kategorie „Variant of Concern“, auf Deutsch „besorgniserregende Variante“. Eine der „Variants of Concern“ ist etwa die derzeit in Deutschland vorherrschende Delta-Variante des Coronavirus. Zu den Merkmalen einer solchen Variante kann etwa gehören, dass sie nachgewiesenermaßen die Übertragbarkeit des Coronavirus erhöht hat.

Großbritannien und Israel schränkten deswegen vorsorglich den Flugverkehr in einige Staaten im südlichen Afrika ein. Auch Österreich verbietet wegen der neuen Corona-Variante die Einreise aus Südafrika und einigen anderen afrikanischen Staaten. Das gab das Gesundheitsministerium am Freitag bekannt. Nur Österreicher, die sich in Südafrika, Namibia, Botsuana, Simbabwe und Mosambik aufhielten, dürften noch in ihre Heimat zurückkehren. Sie müssten aber besonders strenge Quarantäne-Bedingungen beachten.

Auch Deutschland wird Südafrika wegen der neu auftretenden Coronavirus-Variante B.1.1.529 zum Virusvariantengebiet erklären. Die Regelung trete in der Nacht zum Samstag in Kraft, Fluggesellschaften dürften dann nur noch deutsche Staatsbürger nach Deutschland befördern, teilte der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitagmorgen mit. Gegebenenfalls seien auch Nachbarländer Südafrikas betroffen.

Wegen der Ausbreitung der neuen, möglicherweise gefährlicheren Variante des Coronavirus will auch die EU-Kommission Reisen aus dem südlichen Afrika in die EU auf ein absolutes Minimum beschränken. Die Brüsseler Behörde werde den EU-Staaten vorschlagen, die dafür vorgesehene Notbremse auszulösen, um den Luftverkehr auszusetzen, teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter mit. Die Echtheit des Tweets wurde der Deutschen Presse-Agentur bestätigt. Die EU-Staaten müssen darüber jetzt noch beraten und entscheiden. Rechtlich bindend wäre die Notbremse nicht, doch es wäre eine wichtige Richtungsentscheidung. Großbritannien und Israel hatten bereits vorsorglich den Flugverkehr in die Staaten der Region eingestellt.

„Diese neu entdeckte Variante besorgt uns, daher handeln wir hier proaktiv und frühzeitig. Das Letzte, was uns jetzt noch fehlt, ist eine eingeschleppte neue Variante, die noch mehr Probleme macht“, sagte Spahn. Experten befürchten, dass die Variante B.1.1.529 wegen ungewöhnlich vieler Mutationen hoch ansteckend sein könnte und zudem den Schutzschild der Impfstoffe leichter durchdringen könnte.

Das südafrikanische Institut für Ansteckende Krankheiten NICD teilte am Donnerstag mit, es seien in Südafrika 22 Fälle der neuen Variante B.1.1.529 nachgewiesen worden. Mit mehr Fällen sei im Zuge der laufenden Genomanalysen zu rechnen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO untersucht bereits, ob B.1.1.529 als besorgniserregend eingestuft werden muss. Das sagte WHO-Expertin Maria van Kerkhove in einem Briefing. Es werde dabei auch untersucht, inwieweit die Variante Folgen für die Diagnostik, Therapien und die Impfkampagnen habe.

Update 13.45 Uhr

Als Reaktion auf die neue Corona-Variante B.1.1.529 empfiehlt die UN-Gesundheitsorganisation WHO wissenschaftlich fundierte Maßnahmen und Risikobewertungen, aber aktuell keine Reisebeschränkungen. WHO-Sprecher Christian Lindmeier sagte am Freitag in Genf, Staaten könnten auch ohne solche Einschränkungen eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um die Ausbreitung von neuen Varianten einzudämmen. Dazu gehörten die genaue Beobachtung des Infektionsgeschehens und die Genanalyse von auftretenden Corona-Fällen.

Die Europäische Kommission, Deutschland und einige andere Staaten kündigten am Freitag an, Einreisen aus dem südlichen Afrika einschränken zu wollen. B.1.1.529, das viele Mutationen aufweist und deshalb als potenziell gefährlich gesehen wird, wurde erstmals am 11. November in Südafrika entdeckt.

„Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es Vorbehalte gegen Reisebeschränkungen“, sagte Lindmeier während einer Pressekonferenz und verwies auf die entsprechenden bisherigen WHO-Empfehlungen. Demnach sollen Corona-Maßnahmen den internationale Verkehr nicht unnötig behindern und Reisende nicht automatisch als Verdachtsfälle eingestuft werden.

neckel
26. November 2021 - 21.38

@Sepp / "Mich würde jetzt mal interessieren ob Viren auch wegen Impfungen mutieren." Nein, das hat man Ihnen doch schon mehrmals letztes Jahr erklärt.

Jemp
26. November 2021 - 18.59

@Sepp: Am meisten mutieren Viren dort, wo es die meisten Viren gibt, also bei den Ungeimpften. Wären in Indien alle geimpft gewesen, dann gäbe es jetzt keine Delta-Variante, und die neue südafrikanische Variante gäbe es auch nicht, wenn dort mehr Leute geimpft gewesen wären. In Europa gäbe es keine vierte Welle, wenn ein höherer Prozentsatz an Leuten geimpft gewesen wäre. Im Prinzip kann man sagen, dass die Impfmuffel an der Entstehung neuer Varianten schuld sind.

HTK
26. November 2021 - 14.03

@Sepp, Mutationen kommen wohl am ehesten vor wenn ein Virus sich ungebremst vermehren kann,sprich keine genügende Impfung vorliegt. Wenn unsere "Engel in Weiß" Schweigeminuten einlegen um uns zum Impfen zu animieren,dann kann man davon ausgehen,dass da was dran ist.Auch wenn man sich nicht mit Viren und der Geschichte der Impfungen seit Dr.Jenner (Pockenimpfung) auskennt. Ausser natürlich man hält das Pflegepersonal für ausgewachsene Vollpfosten,was sie sicher nicht verdienen.

Sepp
26. November 2021 - 12.50

Mich würde jetzt mal interessieren ob Viren auch wegen Impfungen mutieren. Dann hat es eigentlich keinen Sinn. Dann steckt das Geld lieber in Medikamente.