DeutschlandDie „Ampel“ steht: Grüne, FDP und SPD einigen sich auf Koalitionsvertrag

Deutschland / Die „Ampel“ steht: Grüne, FDP und SPD einigen sich auf Koalitionsvertrag
Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen (l-r), Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat und geschäftsführender Bundesfinanzminister und Christian Lindner, Parteivorsitzender der FDP, Volker Wissing, FDP-Generalsekretär, und Saskia Esken, Bundesvorsitzende der SPD, kommen zur Pressekonferenz, um den gemeinsamen Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für die künftige Bundesregierung vorzustellen.  Foto: Kay Nietfeld/dpa

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Ein solches Bündnis hat es in Deutschland noch nicht gegeben. SPD, Grüne und FDP wollen nun gemeinsam „mehr Fortschritt wagen“. Voraussichtlich in zwei Wochen gibt es einen neuen Kanzler.

Sozialdemokraten, Grüne und Liberale haben sich auf einen Koalitionsvertrag für ein gemeinsames „Ampel“-Bündnis geeinigt.

Falls er von den geplanten Parteitagen beziehungsweise Mitgliederbefragungen gebilligt wird, könnte SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz in der übernächsten Woche im Bundestag zum neuen Bundeskanzler gewählt werden. Der bisherige Finanzminister würde die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) antreten, die sich nach vier Amtszeiten aus der aktiven Politik zurückzieht.

„Die Ampel steht“, sagte Scholz bei der Vorstellung des Vertrages am Mittwochnachmittag in Berlin. „Unser Ziel ist es, das erste Bündnis von Rot, Grün und Gelb auf Bundesebene zu führen“. Die neue Koalition solle eine „wegweisende Rolle“ für Deutschland spielen. „Wir wollen mehr Fortschritt wagen“, fügte er hinzu.

Mindestlohn soll steigen

Nach dem Koalitionsvertrag soll der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland auf 12 Euro pro Stunde steigen. Derzeit liegt er bei 9,60 Euro und würde nach bisherigem Stand bis 1. Juli auf 10,45 Euro steigen. Scholz sprach von einer Gehaltserhöhung für zehn Millionen Bürgerinnen und Bürger.

Die „Ampel“ (benannt nach den drei Parteifarben) will auch eine „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einführen. Dadurch würden „die Qualität kontrolliert, die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert und der Jugendschutz gewährleistet“, heißt es im Vertrag. Die neuen Partner wollen in einer gemeinsamen Bundesregierung auch eine Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr ermöglichen. Diese könnten zum Schutz der Soldaten im Auslandseinsatz beitragen.

Schuldenbremse ab 2023

Bis 2030 soll Deutschland 80 Prozent seines Stroms aus sauberen Energiequellen beziehen. Das geht ebenfalls aus dem Vertrag hervor. Bislang galt in Deutschland das Ziel, bis 2030 einen Anteil von 65 Prozent erreicht zu haben. Das Mindestalter für die Teilnahme an Bundestagswahlen soll nach dem Willen von SPD, Grünen und FDP auf 16 Jahre gesenkt werden.

Die im deutschen Grundgesetz verankerte Schuldenbremse soll ab 2023 wieder eingehalten werden. Im kommenden Jahr müssten wegen der andauernden Pandemie-Folgen noch einmal neue Kredite aufgenommen werden, heißt es im Koalitionsvertrag. Die Schuldenbremse in Artikel 115 des Grundgesetzes erlaubt in wirtschaftlich stabilen Zeiten nur geringe Kredite über 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

„Wir wollen ein Deutschland, das schlichtweg funktioniert“, sagte Grünen-Chef Robert Habeck. Er sehe die künftige Bundesregierung klimapolitisch auf dem richtigen Weg. „Wir sind auf 1,5-Grad-Pfad mit diesem Koalitionsvertrag“, sagte er.  „Was jetzt gebildet wird, ist eine Koalition der Mitte, die das Land voran führt“, sagte FDP-Chef Christian Lindner. „Die Gespräche waren genauso kontrovers, wie sie diskret waren“, sagte er weiter.

Scholz wird Kanzler

Die SPD hatte die Bundestagswahl am 26. September mit 25,7 Prozent der Stimmen gewonnen, Merkels bisher regierende Christdemokraten waren um mehr als acht Punkte auf 24,1 Prozent abgestürzt. Die bisherige schwarz-rote Koalition verlor ihre Mehrheit.  Die „Ampel“-Verhandlungen begannen nach vorherigen Sondierungen am 21. Oktober. Scholz dürfte nun zwischen dem 7. und 9. Dezember zum Kanzler gewählt werden. Einziger Stolperstein könnte noch die digitale Urabstimmung der Grünen-Mitglieder werden, die am Donnerstag beginnen und zehn Tage dauern soll.

Auch über die Besetzung der Ressorts haben sich SPD, Grüne und FDP nach dpa-Informationen bereits verständigt. Die SPD soll demnach zusätzlich zu Bundeskanzler Olaf Scholz sechs Ministerien bekommen, die Grünen fünf und die FDP vier.

Nach Angaben aus Parteikreisen geht an die Grünen ein neu geschaffenes Wirtschafts- und Klimaministerium, das Außenministerium sowie die Ressorts Umwelt/Verbraucher, Agrar/Ernährung und Familie. Die FDP bekommt demnach das Finanz-, Verkehrs-, Bildungs- und das Justizministerium. Damit würde Lindner Scholz‘ Nachfolger als Finanzminister.

Die SPD übernimmt das Innen- und das Verteidigungsministerium, ein neu geschaffenes Bauministerium, sowie die Ressorts Gesundheit, Arbeit und Soziales und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Auch den Kanzleramtsminister soll die SPD stellen.

Lucilinburhuc
25. November 2021 - 13.26

@Realist weil unterm Strich das Programm ganz in Ornung ist! Sprich, nicht zu banstanden ist...

Realist
25. November 2021 - 6.22

Deutschland verkündet mit dem Zustandekommen dieser Regierung gerade seinen freiwilligen Ausstieg aus dem Status einer freiheitlichen Wohlstands- und Industrienation, und alles was den hiesigen Kommentatoren einfällt, sind launische Bemerkungen über die Unterschiede in der Drogenpolitik. Witzig.

Lucilinburhuc
24. November 2021 - 20.07

Bisher kommen die Deutschen der Grenznahen Region nach Luxemburg für CBD, demnächst Luxemburg nach Trier für THC?

Carole Louschetter
24. November 2021 - 18.38

Grünes Wirken In Deutschland scheinen die Grünen die Cannabis Legalisierung nicht zu verhindern. Jetzt muss sich die grüne Justizministerin Tanson, sich aber was einfallen lassen.

Mike Mauser
24. November 2021 - 18.14

Deutschland legalisiert Cannabis ... in Luxemburg ist das nicht möglich, da es laut Gesundheitsministerin Paulette Lenert, "unüberwindbare juristische Hürden auf europäischer Ebene" geben soll ... https://www.tageblatt.lu/headlines/anbau-von-cannabis-soll-erlaubt-werden-der-verkauf-nicht/ ... so unüberwindbar scheinen die Hürden dann doch nicht zu sein ...