KarateWechselbad der Gefühle für Jenny Warling bei der WM in Dubai

Karate / Wechselbad der Gefühle für Jenny Warling bei der WM in Dubai
Jenny Warling kann die Entscheidung über ihre Disqualifikation nicht nachvollziehen Archivbild: Le Quotidien/Luis Mangorrinha

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Nach dem tollen Auftakt von Jordan Neves bei der WM am Dienstag konnte Jenny Warling am Mittwoch mit einer bemerkenswerten Leistung aufhorchen lassen, zu einem Happy End sollte es jedoch erst einmal nicht kommen.

Am ersten Wettkampftag der Weltmeisterschaften in Dubai waren drei der fünf FLAM-Kämpfer im Einsatz. Pola Giorgetti schied mit Pech in der ersten Runde aus, Adil Khaidar musste ebenfalls nach einem Kampf passen, während Jordan Neves seine Reifeprüfung mit zwei Siegen ablegte. Ein Erfolg, der der ganzen Mannschaft von Raphael Veras guttat. Auch Jenny Warling, auf deren Schultern die größten Hoffnungen lasteten. Bei Europameisterschaften konnte die 27-Jährige bereits drei Medaillen gewinnen, von jeder Farbe eine, mit dem EM-Titel im Jahr 2019 als Höhepunkt. Ein Podium bei einer WM fehlte bisher noch in ihrem sportlichen Lebenslauf. Bei ihrer ersten Teilnahme 2014 gelang der Walferdingerin mit Platz fünf das bis dato beste Ergebnis, als 20-Jährige verpasste sie in Bremen die Medaille nur knapp.

In Dubai gehörte Jenny Warling in der Kategorie -55 kg am Mittwoch das nationale Interesse. Die Europameisterin hatte eine günstige Auslosung erwischt und traf in der ersten Runde auf Caroline Alberg, eine durchaus lösbare Aufgabe. Die 23-jährige Dänin kann kein großes Palmarès vorweisen, bereitete ihrer routinierten Gegnerin aber mehr Mühe als erwartet. Am Ende der drei Minuten trennte man sich mit 1:1. Die Luxemburgerin landete aber den ersten Punkt und traf damit in Runde zwei auf Maya Schärer. Die ebenfalls 23-jährige Schweizerin trat bisher genauso wenig in Erscheinung, konnte aber bei der Premier League in Kairo Bronze gewinnen.

Nach ihrer leichten Knieverletzung vor einem Monat in Polen hatte Jenny Warling ihr Selbstvertrauen gegen Alberg zurückgewonnen und fertigte Schärer mit einem 9:2 ab. In Runde drei wurde der Schwierigkeitsgrad zwangsläufig erhöht, Irina Sharykhina konnte ihre ersten beiden Kämpfe ohne Gegentreffer gewinnen. Bei den Europameisterschaften im Mai in Kroatien begegneten sich die beiden Karatekas bereits und die Weißrussin holte sich nach dem 2:1-Sieg im Verlauf Bronze ab. In Dubai sollte Jenny Warling die Revanche gelingen und sie bezwang die 22-Jährige mit 2:0.

Mit diesem Sieg sollte die Reise der Luxemburgerin noch nicht beendet sein. Nur die Gegnerin wurde noch jünger und erfolgreicher. Mit ihren 21 Jahren kann Valentina Toro Meneses bereits auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken, mit u.a. dem WM-Titel bei den U21 und einem dritten Platz vor einem Monat bei den panamerikanischen Meisterschaften. In Jenny Warling hatte die Chilenin allerdings ihre Meisterin gefunden, sie unterlag mit 1:3. Als Siegerin der Vorrundengruppe zwei zog die Walferdingerin somit in die Finalrunde ein.

Unverständliche Disqualifikation

Im Halbfinale wurde die Walferdingerin an ihre beste WM im Jahr 2014 erinnert, ihr Gegenüber wies gerade einmal 20 Jahre auf. Trinity Allen war allerdings nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Die US-Athletin reiste in Dubai mit dem Titel panamerikanische Meisterin – den sie Mitte Oktober in Uruguay gewonnen hatte –, an, ihr bis dato größter und einziger Erfolg. Für Warling ging es darum, Erfahrung gegen das jugendliche Ungestüm auf das Tatami zu bringen. Mit der Gewissheit im Kopf, am Samstag um eine Medaille fighten zu können. Und es sah zuerst so aus, als würde es einen Kampf um Gold geben, wenn auch mit etwas Glück. Die Luxemburgerin lag in diesem Kampf hoffnungslos mit 1:5 im Hintertreffen, Allen zog sich allerdings bei einem Sturz beider Karatekas eine Schulterverletzung zu und musste aufgeben. Doch die Freude bei der Luxemburgerin war nur von kurzer Dauer, denn was folgte, war ein Protest des US-amerikanischen Verbandes, dem schlussendlich stattgegeben wurde, mit der Begründung, dass Warling schuld am unglücklichen Sturz ihrer Gegnerin war.

Eine Entscheidung, die im Luxemburger Lager nur schwer nachzuvollziehen ist, wie Warling selbst erklärt: „Ich kann die Disqualifikation nicht verstehen. Ich habe versucht, mit dem Fuß zu attackieren, sie hat mich zuerst festgehalten und ich bin dann nach hinten gefallen. Ich kann mich noch erinnern, dass sie auf meinen Arm gefallen ist und ich den zuerst gar nicht rausziehen konnte. Als ich rüberschaute, habe ich gesehen, dass ihr Arm in einer komischen Position war, doch dafür konnte ich ja nichts, dass sie so auf ihren Arm fällt.“ Auch viele der anderen Karatekas konnten laut Warling diese Entscheidung nicht verstehen, genauso wie die Kampfrichter dieses Halbfinales: „Sie waren sich einig, dass meine Gegnerin nicht weiterkämpfen konnte, weil sie sich verletzt hatte und ich dadurch gewonnen habe. Da war auch nie die Rede von Disqualifikation, bis die USA eben Protest eingelegt haben.“ Hinzu kam, dass der Protest viel zu spät erfolgte: „Sie haben viel länger als das Limit von einer Minute gebraucht.“

Der luxemburgische Kampfsportverband hat nun seinerseits Protest gegen diese Entscheidung eingelegt, ob diesem jedoch stattgegeben wird, ist mehr als fraglich, denn die USA besitzen einfach eine zu große Lobby: „Sie sind mit Leuten in der Kommission vertreten.“ Die Enttäuschung bei Jenny Warling war am Mittwochabend jedenfalls groß: „Hätte ich noch mal nach Punkten verloren, hätte ich mich auf das Bronzematch gefreut. Diese Situation ist natürlich mental sehr schwer zu verarbeiten, auch weil die Entscheidung einfach unfair ist.“ Mit ihrer Leistung des Tages ist die 27-Jährige jedoch sehr zufrieden und hofft, dass sie diesen Tag bis Samstag so verarbeiten kann, dass sie sich dann ganz auf ihren Bronze- oder vielleicht sogar doch noch Gold-Kampf konzentrieren kann.