EditorialEin Brief an Premier „Copytani“

Editorial / Ein Brief an Premier „Copytani“
Mit den Worten des Schweizer Nationaldichters Gottfried Keller: „Briefe soll man, wie jedes andere Vergnügen, nach getaner Arbeit sich gestatten.“ Foto : Editpress/Julien Garroy

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Herr Premierminister,

ich versichere Ihnen, die nachfolgenden Zeilen sind nach bestem Wissen und Gewissen verfasst: Die Nation ist gespalten – spätestens seit Ihrer Pressekonferenz am 1. September haben Sie zur Radikalisierung einer sehr lauten Minderheit beigetragen.

Nun denken Sie sich wahrscheinlich: „Aber weite Teile der Gesellschaft sind doch mit der Corona-Politik zufrieden? Die Umfragen bestätigen meine Politik.“ Stimmt, allerdings ändert der Umstand, dass viele Menschen Eingriffe in ihre Grundrechte akzeptieren, nichts daran, dass wir minoritäre Gruppen längst verloren haben. Die öffentlichkeitswirksame Mobilisierung der Zeitgenossen in Weiß motiviert zunehmend zu rechtswidrigen Äußerungen.

Das Traurige daran: Man spürt, dass Sie und Ihre Regierungspolitik diese Menschen aufgegeben haben. All das Gerede von einer besseren Kommunikation wirkt unerträglich, wenn ein Regierungschef, getragen von einer Mehrheit, genau das Gegenteil von dem tut, was er verhindern will: nicht auf „Minoritéiten ze klappen“. Doch genau das tun Sie. Dabei übersehen Sie die wohl schönste Pointe, die Ihnen die Kritiker der Corona-Maßnahmen auf dem Alu-Tablett servieren: Wer einen auf zivilen Ungehorsam macht und medienwirksam um Aufmerksamkeit buhlt, ruft nach nichts anderem als nach politischer Partizipation.

Und genau hier liegt der Knackpunkt. Dieser Wunsch nach Beteiligung heißt noch lange nicht, dass er sich in der politischen Arena widerspiegeln muss – am Ende des Tages haben Parlament und Regierung mit ihrer Mehrheit die Fäden in der Hand. Doch damit scheinen Sie sich mittlerweile auf zwei Ebenen schwerzutun: hier die von Ihnen zu fällenden unbequemen politischen Entscheidungen, dort Ihre angeschlagene Glaubwürdigkeit. Denkt man die Regierungspolitik zu Ende, müssten Sie eigentlich zu dieser diversen Minderheit sagen: Ja, ihr seid mit unseren Corona-Maßnahmen, mit dieser Regierung und vielleicht sogar mit unserem politischen System unzufrieden – aber wir lassen uns nicht erpressen. Doch das tun Sie nicht. Sie haben die Unzufriedenen mit Ihrer scharfen, fast arroganten Rhetorik provoziert, sich allerdings nicht einmal ansatzweise dazu bewegen lassen, z.B. eine Impfpflicht für die Gesundheitsberufe einzuführen. Zu groß ist die Unlust, dass man es sich mit dem Wahlvolk verscherzen könnte, nicht wahr?

Und dann wäre da das Phänomen des Saumur-Copytanis. Viele Zeitgenossen nahmen es Ihnen im Sommer übel, einen epidemiologischen Lapdance zu leben, während Sie zur allgemeinen Vorsicht mahnten. Zugegeben: das wirkte sehr prüde, waren Sie doch ein schönes Mahnmal für die Risiken der neu gewonnenen Freiheiten. Aber: es war ein erster Riss in Ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit. Obschon Sie sich im rechtlichen Rahmen bewegten, blieb der fade Beigeschmack: Da tanzt jemand außerhalb der von ihm vorgezeichneten Normen.

Fast harmlos wirkt dagegen die Plagiatsaffäre. Im Vergleich zu den Herausforderungen unserer Zeit ist sie das auch. So fair sollte man sein. Allerdings ist Ihre Attitüde im Umgang damit Ausdruck eines kriminell-naiven Politikverständnisses: Wer im Zeitalter der sozialen Medien Reputation und Glaubwürdigkeit unterschätzt, verkennt die Wirkungsmechanismen politischer Einflussnahme durch zeitgenössische Kommunikationsmittel. Wenn Sie also die Plagiatsaffäre aussitzen, eine halbherzige Mitteilung schreiben, um danach wieder zum Running Gag überzugehen, den brillentragenden Forscher bei der nächsten PK zu geben: bitte ersparen Sie uns das Oberflächliche. Ihre Beeinflussungsstärke leidet zurzeit und sie nimmt mit zunehmendem Alter Ihrer Zielgruppen ab. Vereinfacht formuliert: Alte, sture Böcke sind hoffnungslose Fälle. Dafür können Sie noch viele Ihrer jungen Kritiker zurückgewinnen. Wenn es jedoch nicht einmal dafür reicht, sich für eine zusammengeklebte Arbeit zu entschuldigen, sollten Sie sich nicht darüber wundern, dass sich die Wähler von morgen „ein wenig verarscht“ fühlen könnten.

Kloos
20. November 2021 - 19.31

@Harry "Den Mann do gett emmer mei unglaubwürdig an onerträglech als Premier zreck trieden,Basta." Mir haten Iech schonn déi éischte Kéier verstanen. Trotzdeem trëtt hien net zréck a mir wielen hien nach e puer Mol erëm.

Harry
20. November 2021 - 11.07

Den Mann do gett emmer mei unglaubwürdig an onerträglech als Premier zreck trieden,Basta.

Harry
20. November 2021 - 11.07

Den Mann do gett emmer mei unglaubwürdig an onerträglech als Premier zreck trieden,Basta.

Sorry,
20. November 2021 - 10.45

Excusez-moi, hien hat neischt gemach. Genau Här Bettel, guer neischt.

Willi
19. November 2021 - 11.47

Gudde Kommentar, komplett anverstaan, esou lamentabel Politikerbonzen braucht Luxusbuerg nett.

Gardner
18. November 2021 - 12.24

@Laird Glenmore Nach eigener Aussage war er doch gar nicht Anwärter für den Posten des Premierministers...

Sepp
18. November 2021 - 11.21

Es gibt nunmal heutzutage neben Leuten die gerne auf Minoritäten rumhacken ein neues Phänomen: Leute, die einer Minorität angehören wollen. Nicht falsch verstehen, es sei jedem gegönnt, wenn er sich als Minderheit wohlfühlt, ich kann es sogar sehr gut nachvollziehen. Aber man kann nicht Bettel vorwerfen, dass er sich durch Plagiate asozial verhält und dann als Impfgegner auf dem Kirchberg gegen gemeinnützige Regeln demonstrieren. Dies wirkt ebenfalls nicht glaubhaft.

Laird Glenmore
18. November 2021 - 11.20

Da frage ich mich als Akademiker ob ich meine Zeit damals nicht umsonst bzw. sinnlos verplempert habe wenn es auch anders geht, wozu brauchen wie dann eine UNI in Luxemburg man kann doch einfach in die Staatsbibliothek gehen um aus einschlägigen Büchern sich die Passagen herausschreiben oder noch einfacher Internet. Ich hoffe das bei den nächsten Wahlen die Rechnung dafür präsentiert wird. Man sollte vielleicht die Anwärter für den Posten als Premier genauer durchleuchten und nicht blindlinks vertrauen.

jul
18. November 2021 - 10.40

ganz niëwe bäi : ët së nët nëmmen déi Jong déi sëch „ein wenig verarscht“ fühlen könnten ëch géing mol soën, mëi wéi d'Halschend vun der Bevölkerung wären dat mä nët nëmmen wéingst dem 'Copytani', dat war déi läscht Drëps fiir dat d'Fass iwwerleeft, ët ass och wéingst dem 'Covitani' d'Läit fillen sëch ëmmer mëi veraarscht vun der ganzer Regierung, déi just do ass well së 1 Sëtz méi hun, a notzen ët aus fiir de 'Profitani' zum Commentari am allgemengen : gut esou, ët muss dach eemol raus wat an engem banne wullt Merci DS

70 Jahre gefühlt wie 30 ?
18. November 2021 - 10.37

Top Artikel vom Doktor, aber auch? Top Comment vom Wetter Frosch?

Wieder Mann
18. November 2021 - 8.30

@Sabharwal: Findet Ihr Artikel im Großen Teil meine Zustimmung , umso mehr empört mich Ihre diskriminierende Haltung der Alten. „ Alte , sture Böcke sind hoffnungslose Fälle.“ Ich bin es schon gewohnt , den Alten im Lande oft viele diskriminierende Sprüche an den Kopf geworfen werden.Ob nun man nicht auf jeden gesellschaftlichen modernisierenden Trend aufspringt, sich nicht der digitalen Technik hingibt wie gefordert oder als auf der Tasche der Allgemeinheit liegender im Luxus lebender Renter als Störfaktor angesehen wird. Als Kind der 68 Generation, des Wirtschaftswunder,des Kalten Krieges, einer anderen gesellschaftlichen, schulischen Erziehung muss man sich sicherlich nicht im Sinne eines Ökosozialismus umerziehen lassen . Dass mancher alter Sack nicht mit der Politik unserer Regierung zufrieden ist , liegt auf der Hand. Außer man den Alten wegen seiner Anfälligkeit für jegliche Corona Einschränkung verantwortlich macht , wurden die alten sturen Säcke von dieser Regierung nur zur Kasse gebeten. Mir platzt der Kragen , wenn Politiker glauben mit viermal dem Mindestlohn , fast 9000€, arme Eltern für ihre Kinder gratis Mahlzeit , Betreuung erhalten müssen, finde ich das absurd. Mir scheint als wisse so manch Politiker, Bürger nicht was Armut heißt. Was nun diese Armut angeht, sind dann nach Einschätzung der sturen , alten Böcke die Mehrzahl der Renter arme ,sehr arme Bürger. Als alter sturer Bock nervt eine Politik mich ,die nicht den Menschen alle Wahrheiten auf den Tisch legt. Beispiel E Mobilität und die desaströse Zerstörung großer Naturschutzgebiete durch Tagebau von Lithium( Siehe Norden Portugal 600 ha,Serbien) , den alten sturen Bock aber noch auf das Fahrrad zwingen möchte. Ich bin in einer konservativen Zeitepoche aufgewachsen, aber eines hatten diese veralteten sturen Politiker Böcke doch unseren heutigen Politiker vorneweg. Sie hätten ihre politische Verantwortung ,Konsequenzen übernommen und solche Possen wie Cahen,Semedo,Dieschbourg,Bettel,……bis Nagel nicht belanglos abgetan. Übrigens bringt die orientalische Gesellschaft ihren Alten mehr Respekt,Achtung entgegen als der Okzident.Nun mag ich alter, sturer Bock nicht immer unbedingt gendergerecht die Luft abgelassen haben , aber lieber ein alter sturer Bock sein, nicht heuchlerisch mich hinter der Meinung der Allgemeinheit verstecken und trotzdem andere Meinungen akzeptieren, tolerieren.

Gerd
18. November 2021 - 7.54

Den Noll op den Kapp getraff mat dem Kommentar, ganz gutt geschriwwen.

Master ouni Plagiat, 1994
18. November 2021 - 7.48

Total ! verascht, net bessi !