StandpunktFacebooks Auslandskatastrophen: Warum Mark Zuckerberg der „hässlichste aller Amerikaner“ ist

Standpunkt / Facebooks Auslandskatastrophen: Warum Mark Zuckerberg der „hässlichste aller Amerikaner“ ist
 Foto: AFP/Kirill Kudryavtsev

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

„Der hässliche Amerikaner“, der Titel eines Romans von Eugene Burdick und William Lederer aus dem Jahr 1958, ist zum Inbegriff für rüpelhafte amerikanische Beamte im Ausland geworden, die versucht haben, das Leben der dortigen Menschen zu verbessern, ohne sich die Mühe zu machen, etwas über ihre Sprache, Kultur oder Bedürfnisse zu lernen. Viele dieser hässlichen Amerikaner, meist Politiker oder Regierungsbeamte beider Parteien, glaubten, sie müssten – auf der Grundlage idealisierter Versionen amerikanischer Werte wie Demokratie, Marktwirtschaft und Menschenrechte – nur simple Patentrezepte anwenden, um traditionelle Konfliktgebiete wie Afghanistan oder den Irak in westlich orientierte Konsum-Utopien zu verwandeln. Natürlich haben sie diesen Ländern damit mehr geschadet als genützt.

Heute ist der hässlichste aller Amerikaner kein Politiker, sondern ein Privatbürger – Mark Zuckerberg, der CEO von Facebook. Dafür, dass sein Konzern die amerikanische Politik und Kultur massiv beeinflusst hat, wurde er immer wieder kritisiert. Weniger Aufmerksamkeit erhielt Facebooks Einfluss auf ausländische Märkte, die Zuckerberg skrupellos erobert hat – offensichtlich ohne sich darum zu kümmern, welche Folgen es für traditionell instabile Länder mit schwachen Institutionen haben würde, dort solche massiven sozialen Experimente durchzuführen.

Lobgesang auf den Cyberspace

2015 tat sich Zuckerberg mit dem Musiker Bono zusammen, um für ein Menschenrecht auf Internetzugang zu werben. Der übliche Glaube der amerikanischen Unternehmenselite, ihr wirtschaftliches Eigeninteresse führe gleichzeitig zum Wohl der Welt, offenbarte sich dabei in Form eines Lobgesangs auf den Cyberspace, den das Duo für die New York Times schrieb:

„In Äthiopien und Tansania beispielsweise gehen Bauern online, um bessere Preise zu bekommen, Lagerbestände zu verfolgen und sich mobil gegen schlechtes Wetter zu versichern. In Nigeria verwenden die Bürger die mobile App BudgIT, um zu ermitteln, ob die Regierungen ihre Ausgabenversprechen erfüllen … In Guatemala können sich Mütter über ihre Mobiltelefone über gesunde Schwangerschaften informieren. Und in Kenia konnten Frauen dank des brillanten M-Pesa-Mikrofinanzsystems über ihre Handys Finanzdienstleistungen abrufen.“

Die Wirklichkeit war etwas anders: In Äthiopien haben Facebook-Posts „Gewalt, ethnische Zusammenstöße sowie Razzien gegen die unabhängige Presse und kritische Stimmen ausgelöst“. In Nigeria teilten Facebook-Nutzer gruselige Bilder von Leichen, die fälschlicherweise einem Massaker von Mitgliedern einer ethnischen Gruppe an Menschen einer rivalisierenden Gruppe zugeschrieben wurden – was eine Welle grausamer Morde auslöste. In dem Land mit 24 Millionen Facebook-Nutzern gab es nur vier Angestellte, um die Posts der Plattform auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

Aufruf zu ethnischer Gewalt

In Myanmar wurden Facebook-Konten dafür genutzt, zu ethnischer Gewalt gegen die Rohingya aufzurufen, die zu Zehntausenden getötet und ins Exil getrieben wurden. In Indien haben Nutzer zu Gewalt und Lynchaktionen gegen Muslime aufgerufen. Ähnliche Berichte darüber, dass über das soziale Netzwerk zu Konflikten und Massakern aufgestachelt wurde, kamen aus Sri Lanka, dem Jemen, dem Irak und aus Bangladesch. Und in vielen anderen Ländern von Vietnam bis Polen haben Regierungen und ihre Unterstützer Facebook dazu genutzt, Dissidenten, politische Gegner und verletzliche Minderheiten zu schikanieren und in Gefahr zu bringen.

Im oben zitierten Times-Artikel hat sich Zuckerberg für das Internet eingesetzt und nicht für Facebook selbst. Aber inzwischen wissen wir, dass der Konzern mit dem Zugang zum Internet eng verbunden ist – sowohl in Zuckerbergs Plan als auch in Wirklichkeit. Nicht nur in den Vereinigten Staaten sind Facebook und seine Töchter Instagram und WhatsApp die dominanten sozialen Medien, sondern auch in vielen anderen Ländern.

Seit der Artikel veröffentlicht wurde, waren sowohl das Internet als auch Facebook sehr erfolgreich: Von 2015 bis heute ist der Prozentsatz der Weltbevölkerung mit Internetzugang von 41% auf 66% gestiegen, und Facebooks monatlich aktive Nutzerbasis hat sich von 1,49 auf 2,89 Milliarden fast verdoppelt. Wie stark Facebook in dieser Zeit tatsächlich zum Abbau von Demokratie und Menschenrechten beigetragen hat, ist zwar nicht bekannt, aber bei einigen der schlimmsten weltweiten Grausamkeiten hat die Plattform eindeutig eine Rolle gespielt – und fast überall auch bei der Verrohung des politischen Lebens.

In die Schranken verweisen

Aber obwohl Zuckerbergs Ziel des Aufbaus einer „globalen Gemeinschaft“, wie er es 2017 ausdrückte, dem der amerikanischen Außenpolitik (zumindest bevor sie im Irak und in Afghanistan gescheitert ist) ähnelt, ist Facebook natürlich ein Privatunternehmen. Es unterliegt amerikanischem Recht und nicht umgekehrt. Das gedemütigte außenpolitische Establishment der USA könnte also gemeinsam mit dem Kongress und dem Präsidenten darüber nachdenken, ob es Amerika der Welt nicht schuldet, Facebook in Ländern, deren eigene institutionelle Kapazitäten dazu nicht ausreichen, in seine Schranken zu weisen.

Dazu bieten sich einige Reformmöglichkeiten an: Der US-Kongress könnte ein Gesetz verabschieden, das amerikanische Social-Media-Konzerne dazu verpflichtet, im Ausland proportional ebenso viel für Überwachung und Wahrheitsprüfung auszugeben wie in den USA. (Momentan konzentriert Facebook viel mehr dieser Ressourcen auf sein Heimatland.)

Mit einem weiteren möglichen Gesetz könnte es Ausländern erlaubt werden, gegen Falschinformationen und Hassrede in den sozialen Medien entsprechend ihrem lokalen Recht vor US-Gerichten zu klagen. Selbst wenn ein solches Gesetz in Verbindung mit dem ersten Verfassungszusatz angefochten wird, könnten die Gerichte dem Kongress für die Regulierung sprachlicher Äußerungen im Ausland mehr Spielraum geben als zu Hause – insbesondere, wenn dies ein Ausdruck der Freundschaft mit fremden Ländern ist. Außerdem könnte der Kongress ein Gesetz verabschieden, das Strafen für Medienkonzerne vorsieht, die erwiesenermaßen und rücksichtslos dazu beigetragen haben, dass auf ihren Plattformen zu erheblichen Grausamkeiten aufgerufen wurde – oder dies nicht verhindert haben.

Der Titel von Burdicks und Lederers Roman bezog sich ironischerweise auf einen der wenigen guten Amerikaner in der Geschichte. Die negative Bedeutung ist aber im Gedächtnis geblieben, weil die Kurzbezeichnung besser zutraf: Der schlechte Typus des Amerikaners war viel häufiger als der gute. Und jetzt – teilweise dank Facebooks Außenpolitik – ist der hässliche Amerikaner überall.

* Eric Posner ist Professor an der Law School der Universität von Chicago und Verfasser von „How Antitrust Failed Workers“.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

Copyright: Project Syndicate, 2021. www.project-syndicate.org

Klod
15. November 2021 - 9.53

Ist der haesslichste nun nicht mehr trump??? Ob zuckerberg haesslicher ist als biden oder bush oder clinton oder manche andere kriegstreiber im weissen haus sei nun mal dahin gestellt.