EditorialLetzte Chance COP26: Klimagipfel-Seilschaft wandert durchs Tal

Editorial / Letzte Chance COP26: Klimagipfel-Seilschaft wandert durchs Tal
100.000 Menschen haben laut Organisatoren am Freitag und Samstag in Glasgow für mehr Klimagerechtigkeit protestiert Foto: AFP

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Rund 200 Staaten reden seit vergangener Woche im schottischen Glasgow über die bevorstehende Klimakatastrophe. Das Ziel: die Erderwärmung auf noch erträgliche 1,5 Grad einzudämmen. Und dafür sind ambitionierte Ziele nötig. Das hat sogar der Luxemburger Premierminister Xavier Bettel (DP) in seiner Rede auf dem COP26-Klimagipfel gesagt – und ignoriert, dass Luxemburg im Kampf gegen den Klimawandel selbst nur lauwarme Lösungen präsentiert. Grund genug also, den Politikern in Glasgow genau auf die Finger zu schauen. Die dort getroffenen Entscheidungen könnten – und sollten – dauerhaft unseren Alltag beeinflussen. Das zweiwöchige Gipfeltreffen ist wahrscheinlich die letzte und beste Möglichkeit, diese Krise auf globaler Ebene anzugehen, bevor die Auswirkungen nicht mehr aufzuhalten sind.

Das wichtige Stichwort dabei lautet „global“. Denn nur wenn die größten Umweltverschmutzer der Welt, wie die USA, Indien und China, an den Initiativen teilnehmen, kann der Gipfel auch wirklich ernst genommen werden. Und hier liegt das Problem. So haben sich zum Beispiel mehr als 40 Länder darauf geeinigt, aus der Kohleverbrennung, dem größten Verursacher des Klimawandels, auszusteigen. Australien, Indien, China und die USA haben sich nicht angeschlossen. Mehr als 100 Länder haben sich an einem Programm beteiligt, das die Methanemissionen bis 2030 um 30 Prozent senken soll. China, Russland und Indien haben sich nicht angeschlossen.

Doch sogar dann, wenn sich die großen Verschmutzer gemeinsam an einen Tisch setzen und sich auf ein gemeinsames Vorhaben einigen, bleibt ein fader Beigeschmack. Ein Beispiel: Mehr als 100 Staats- und Regierungschefs haben auf der COP26 versprochen, die weltweite Entwaldung zu bekämpfen – darunter auch Brasilien, Russland, die USA und China. Die teilnehmenden Nationen decken laut offizieller Seite rund 90 Prozent der weltweiten Wälder ab. Der vorgeschlagene Plan gibt also Anlass zur Freude. Oder? – Jein. Auf dem UN-Klimagipfel 2014 hatten sich auch schon 40 Regierungen vorgenommen, die Entwaldung bis 2020 zu halbieren und bis 2030 sogar zu stoppen. Laut einer Bewertung der „New York Declaration on Forests“ hat das Zerstören der Wälder seitdem allerdings zugenommen. Brasilien hatte sich damals nicht an dem Vorhaben beteiligt. Ob man Staatsoberhäuptern wie dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro vertrauen kann, sich an das neue Versprechen zu halten, bleibt zu bezweifeln.

Diese halbherzigen und nicht-bindenden Initiativen lösen bei vielen Menschen verständlicherweise Unmut aus – die Nachricht, dass die Teilnehmer teils per Privatjet zum Gipfel geflogen sind, hilft auch nicht. Zehntausende Menschen haben am Freitag und Samstag in vielen Ländern protestiert und ihrem Ärger über den jahrzehntelang verschleppten Klimaschutz Luft gemacht.

Damit aus dem Gipfel nicht „eine zweiwöchige Feier des Business as usual und des Blablabla“ wird – wie Greta Thunberg die Veranstaltung betitelt –, muss in den nächsten Tagen noch viel passieren. Denn die bisher vorgeschlagenen Programme klingen zwar gut, kommen aber zehn Jahre zu spät. Vor allem stützen sich diese Pläne auf die Hoffnung, dass nun wirklich jeder Staatschef den Ernst der Lage verstanden hat – und dass ihnen das bevorstehende Leiden der Menschen nicht schnuppe ist.

Taxpayer
10. November 2021 - 8.55

Soso. Die Leute auf dem Foto demonstrieren also für "mehr Klimagerechtigkeit" - was immer das auch heissen soll. Offensichtlich aber nicht alle. Für welchen Protest stehen zB die beiden riesengrossen Palästina-Fahnen auf der linken Bildseite?

werner
9. November 2021 - 13.58

Ausgerechnet England, wo sie die Abwasserbehandlung privatisiert haben, die haben £60 Milliarden Dividenden ausgeschüttet und die Scheiße in die Bäche, Flüsse, Seen und Ozeane geleitet. Mehrere Dutzend Strände sind schon geschlossen. Die haben ja nicht mal getrennte Regenwasserkollektoren, bei jedem Platzregen laufen die Kläranlagen über und die Kacke läuft in die Bäche.

Observer
9. November 2021 - 12.44

Allein die Idee eines 1,5 Grad Ziels ist irrsinnig! Wenn man auf die Entscheidungen der Politik wartet hat man sowieso schon verloren, genau so wie bei der Pandemie.Selbstverantwortung übernehmen ist angebracht.

Wieder Mann
9. November 2021 - 7.56

Die Grünfinken sind wohl mit dem Fahrrad ,CO2 neutral, angereist.Alles andere wäre Betrug an ihrer eigenen Sache . Doch wie schon oft ,Politik ist eine undurchsichtige Brühe. Nehme ich die Anführer der deutschen Jugenklimabewegung unter die Lupe , stammen sie aus der obersten Klasse der reichsten Wirtschaftsfamilien im Lande.