ProzessPropaganda für den IS bringt junges Paar aus Luxemburg vor Gericht

Prozess / Propaganda für den IS bringt junges Paar aus Luxemburg vor Gericht
Wenn aus Worten Taten werden: Wozu islamistische Ideologie führen kann, zeigt auch das Beispiel des Französischlehrers Samuel Paty. Er starb vor einem Jahr in einem Pariser Vorort durch die Hand eines islamistisch motivierten 18-Jährigen. Foto: AFP

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Werbung für islamistische Ideologie ist strafbar. Vor Gericht muss sich deshalb nun ein junges, in Luxemburg lebendes Paar verantworten. Weitere Vorwürfe lauten: Mitgliedschaft in einer Terrororganisation, Aufruf zum Hass und Anstiftung zum Terror. Rückblick auf den ersten Prozesstag.

Alle am Prozess Beteiligten sind am Mittwochnachmittag anwesend – nur der Hauptbeschuldigte nicht. Abgemeldet hat er sich nicht. Was nun?

„Mein Mann hat seit drei Jahren das Haus nicht verlassen, die ganze Sache macht ihn krank“, sagt seine offensichtlich etwas verzweifelt wirkende Frau auf Französisch im Gerichtssaal. Sie trägt ein blaues Kopftuch, das Oval des Gesichtes ist frei, wäre da die Corona-Schutzmaske nicht. Die Frau A. (25), Französin aus Toulon, ist mitangeklagt. In Absprache mit dem Anwalt des Paares wird entschieden, trotzdem, ohne ihren Mann, zu beginnen. 

Die beiden Experten gehen auf das Leben und das Wesen von K., einem 29-jährigen Luxemburger, ein. Was sie beschreiben, ist sicherlich keine schöne Kindheit: Trennung der Eltern. Die Mutter zieht weg. K. wächst beim Vater auf. Traumatisch sei das für den Jungen gewesen. Wegen wiederholten Fehlens oder Schlägereien sei er von diversen Schulen geflogen und irgendwann in Dreiborn („Centre socio-éducatif de l’Etat“) gelandet. Dort sei es auch gewesen, wo, laut K., ein Erzieher bei ihm das Interesse am Islam geweckt habe.

Besessen vom Islam

Mit 14 habe K. davon geträumt, im Kampfsport Karriere zu machen. Er wollte zur Armee oder einen Schulabschluss in Abendkursen nachholen, sogar eine islamische Universität besuchen. Ohne Erfolg. Eine Rückenverletzung habe er gehabt und ein Magengeschwür. 

Die Beschäftigung mit dem Islam aber habe ihn nicht mehr losgelassen. Er sei viel im Internet unterwegs gewesen, dort habe er auch seine Frau kennengelernt, die in der Folge aus Frankreich nach Luxemburg kam. Er habe nie vorgehabt, extrem zu werden. Irgendeinen Mittelweg habe er gesucht. 

Die beiden Experten sprechen von K’s konservativer Lebenseinstellung und von seinem Misstrauen. Misstrauen gegenüber Menschen und konventioneller Medizin. Sie sprechen von seiner Naivität, seinen depressiven Tendenzen, seinem Verfolgungsgefühl, seinem minderen Selbstwertgefühl – „bei der geringsten Kritik fühlte er sich verletzt“ – und seinen Ängsten. Zum Beispiel der Angst, verlassen zu werden oder in einem Gefängnis sterben zu müssen.

Alles in allem lassen die Aussagen der Experten darauf schließen, dass K. durchschnittlich intelligent, wenig gebildet und empfänglich gewesen ist für die islamistische Ideologie. Sie könne ihm einen gewissen Halt in seinem unsteten Leben gegeben haben. Er könne lange Zeit vermisste Akzeptanz erlebt haben. Er habe in seinen Äußerungen auch gezeigt, dass er Andersgläubige als minderwertig ansehe. Was die Experten auch sagen, ist, dass K. nie auf Alkohol oder Drogen zurückgegriffen habe.

Irgendwann, so scheint es, ist er besessen gewesen von der Idee, mehr über den Islam herauszufinden, auch über dessen Auswüchse wie die islamistische Ideologie. Ein Satz aus dem Munde der Experten lässt aufhorchen: „Der Islam ist K. nicht streng genug gewesen.“

Verfangen in der Ideologie des IS

Das Bild, das anschließend die beiden Ermittler zeichnen, zeigt, wie sehr K. in der Ideologie des IS verfangen gewesen ist. Seine Kontakte zeigen, dass er sich viel ausgetauscht hat und dass er auch in der gewaltbereiten Szene gut vernetzt gewesen ist. Was er auf fünf Social-Media-Kanälen zugeschickt bekommt und weiterschickt, scheinen keine Fotos von Kindergeburtstagen zu sein. Die Ermittler lassen durchblicken, dass es K. wirklich darum ging, den Hass auf Andersgläubige zu schüren, und dass er die Terrorakte des IS zumindest nicht verurteilte. 

A., die Frau von K., soll gesagt haben, dass der Islamische Staat oft verdammt werde, dabei aber auch viel Gutes bewirkt habe.

Der Prozess wird heute fortgesetzt.


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Wieder Mann
29. Oktober 2021 - 9.14

@Grober/HTK: Wer den Islam, die morgenländische Kultur nicht versteht , sollte nicht mit westlicher Kolonialmentalität versuchen seine Werte aufzuzwingen . Unser Glaube die islamische , westliche Kultur könnten auf der Basis westlicher Werte eine Gesellschaft formen, unterliegt dem Irrsinn.Der in Deutschland lebende Schriftsteller Rafik Schami hat es auf den Punkt gebracht.:“ Bei Allah, dieser Karl Ben May hat den Orient im Hirn und mehr verstanden als ein Heer heutiger Journalisten ,Orientalisten und Idiotisten.“ Wie auch Schami in einem Interview der Tagesschau sagte:“ Ein Großteil der Politiker denkt beim Wort Integration nur an Unterwerfung der Minderheit…..“

Grober J-P.
28. Oktober 2021 - 22.21

@ @ Wie wäre es, wenn wir denn mal Koran und Bibel in Frage stellen würden, oder besser dessen Auslegung? Was haben uns Religionen oder besser noch die "Theologen" gebracht? "ein Erzieher bei ihm das Interesse am Islam geweckt habe." Wenn das so ist, müsste der Erzieher auch ans Richterpult.

HTK
28. Oktober 2021 - 22.12

Es geht doch nicht um aufzwingen oder tolerieren,wenn Fanatiker ein Buch(Koran)so auslegen können,dass sie glauben Schülerinnen in ihren Schulen abfackeln zu können. Wo leben wir denn? "Pas de rondes jambes" heißt es in einem bon mot. Wenn irgendwo auf der Welt eine Schweinerei passiert,dann sollte man aufstehen und die Sache anprangern ,auch oder gerade wenn es sich um Religionen handelt die meinen die Wahrheit gepachtet zu haben. Allah akbar! PS: Die anderen Buchreligionen ( Juden/Christen) sind oder waren nicht besser.Siehe Geschichte oder West-Jordanland.

Realist
28. Oktober 2021 - 14.48

Wieder Mann: Tut mir leid, aber Ihre Kommentare sind mit ihrer an Meister Yoda erinnernden, verdrehten Syntax oft nur schwer verständlich. Womöglich haben Sie hier aber recht. Der logische Umkehrschluss, der sich aus Ihrer Theorie ableitet lautet jedoch, dass dann der Islam, bzw. islamische Werte ebenso wenig kompatibel mit unserer westlichen Gesellschaft wären. Und um dies heute öffentlich zu formulieren, muss man schon Mut haben. Allein im deutschen Sprachraum gilt das Wulffsche Bonmot "Der Islam gehört zu Deutschland" schliesslich längst als unumstössliches Dogma. Und wer es ernsthaft in Frage stellt, muss drüben damit rechnen, dass er politisch, gesellschaftlich und inzwischen sogar wirtschaftlich erledigt ist.

Wieder Mann
28. Oktober 2021 - 10.01

Zu diesem Prozess kann man nur beifügen , die luxemburgische Gesellschaft nicht in das Schema fällt den Islam , die Kulturen des Morgenlandes mit dem IS in einen Topf zuwerfen.Die westliche Gesellschaft muss auch lernen zu akzeptieren , man den Kulturen des Morgenlandes unsere westliche Werte nicht aufzwingen kann.Der Islam nicht ist,wie katholische, evangelische Glaubensgemeinschaften der modernisiert, reformiert , liberalisiert werden kann.Eine Modernisierung,Liberalisierung würde den gesamten Koran in Frage stellen.