ResozialisierungTanson und Cahen stellen betreutes Wohnprogramm für entlassene Häftlinge vor

Resozialisierung / Tanson und Cahen stellen betreutes Wohnprogramm für entlassene Häftlinge vor
Man wolle niemanden bevorzugen, sagen Justizministerin Sam Tanson und Familienministerin Corinne Cahen. Man wolle aber Ex-Häftlingen eine Chance bieten, zurück auf die Beine zu kommen. Foto: Editpress/Alain Rischard

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Für viele Häftlinge ist die Entlassung aus dem Gefängnis der erste Schritt in ein neues Leben. Oft ist dieser Neuanfang aber auch mit ernsthaften Herausforderungen verbunden. Um einen Rückfall in alte Gepflogenheiten zu verhindern, will die Regierung den Betroffenen nun mit einem sozialen Begleitprogramm zur Seite springen. Ein festes Dach über dem Kopf soll bei diesem zweijährigen Pilotprojekt im Mittelpunkt stehen.

Ehemalige Häftlinge sollen künftig – sofern sie es wollen – nach ihrer Entlassung intensiver betreut werden. Das haben Justizministerin Sam Tanson („déi gréng“) und Familienministerin Corinne Cahen (DP) am Mittwoch angekündigt. Das zweijährige Pilotprojekt richtet sich in erster Linie an Personen, die sich nach ihrer Freilassung auf der Straße wiederfinden. Auf dem Weg zurück in die Gesellschaft wird ihnen nicht nur eine professionelle Begleitung angeboten, sondern vor allem auch ein festes Dach über dem Kopf.

„Leider kommt es immer noch vor, dass ehemalige Häftlinge bei ihrer Entlassung kein soziales Netz und keine feste Bleibe vorfinden“, stellt Tanson fest. Ziel des Pilotprojektes sei es, diese Menschen aufzufangen und ihnen kurz- und mittelfristig eine Bleibe anzubieten. Schließlich handele es sich bei der Wohnungsfindung um einen wichtigen Schritt zurück ins Leben: „Eine feste Adresse ist eine grundsätzliche Voraussetzung, um in der Gesellschaft wieder Fuß fassen zu können“, unterstreicht die Justizministerin.

Programm in drei Phasen

Das Pilotprojekt ist Bestandteil der Gefängnisreform von 2018 und tritt am 1. Januar in Kraft. Das Programm wurde auf zwei Jahre ausgelegt und wird vom Justiz- und Familienministerium gemeinsam getragen. Es kann von Menschen in Anspruch genommen werden, die nach ihrer Entlassung über keine feste Bleibe verfügen, sich jedoch rechtmäßig in Luxemburg aufhalten dürfen. Infrage kommen ehemalige Untersuchungshäftlinge und Verurteilte, die ihre Strafe komplett abgesessen haben bzw. unter Auflagen frühzeitig entlassen wurden.

Die Teilnahme ist freiwillig. Ex-Häftlinge unterschreiben einen Vertrag mit dem Träger der Aufnahmeeinrichtung, in der sie untergebracht werden. Gleichzeitig wird den Betroffenen ein „Agent de liaison“ zugeteilt, der ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht. Die Unterbringung selbst läuft in drei Phasen ab. Die ersten Tage – maximal eine Woche – verbringen die Teilnehmer in einer vorübergehenden Unterkunft, z.B. der „Wanteraktioun“ oder dem „Foyer Ulysse“.

Anschließend kommen sie maximal sechs Monate in einer betreuten Wohnungseinrichtung unter, die auf mittelfristige Aufenthalte ausgelegt ist. Infrage kommen etwa Angebote der „Fondation pour l’accès au logement“, des „Comité national de défense sociale“ (CNDS) oder von „Caritas Accueil et Solidarité“. Während dieser Zeit werden die Teilnehmer zusätzlich von den Sozialarbeitern vor Ort betreut. Dabei werden sie zurück in die Eigenständigkeit geführt und auf eine längerfristige Wohnsituation vorbereitet. Die anschließende „Phase d’autonomisation“ soll nicht länger als drei Jahre dauern. In dieser Zeit erhalten die Ex-Häftlinge die Möglichkeit, in einer eigenen, festen Wohnung zurück ins Leben zu finden.

Gut für die Gesellschaft

„Natürlich spricht nichts dagegen, dass die Betroffenen nach ihrer Entlassung gleich in der mittelfristigen Unterkunft untergebracht werden. Es hängt eben ganz von der Verfügbarkeit ab“, betont Familienministerin Corinne Cahen. Notunterkünfte wie die „Wanteraktioun“ seien nur für den Fall gedacht, dass auf die Schnelle keine andere Option zur Verfügung steht.

Aktuell gehen die Behörden von zwischen 50 und 80 Kandidaten im Jahr aus. Betreut werden diese in einer ersten Phase von zwei „Agents de liaison“, die vom Justizministerium finanziert und vom CNDS angestellt werden. Das Programm soll regelmäßig ausgewertet und, falls nötig, angepasst werden. Nach zwei Jahren wird das Pilotprojekt dann einer endgültigen Bewertung unterzogen.

Damit wäre die sogenannte „Maison de transition“ vom Tisch. Man wolle keine Stigmatisierung der Bewohner, unterstreicht Tanson. Deswegen habe man sich gegen eine betreute Wohneinrichtung nur für Ex-Straftäter entschieden. Luxemburg sei ein kleines Land. Außerdem wolle man verhindern, dass die Betroffenen nur Kontakt zu ehemaligen Mithäftlingen haben.

Trotz Engpässen auf dem Wohnungsmarkt zeigen sich die Ministerinnen zuversichtlich. Es kämen genügend Einheiten infrage. „Vor allem kurzfristig finden wir immer eine Lösung“, verspricht die Familienministerin. „Nur mittelfristig müssen wir wohl noch etwas nachrüsten.“ Dabei wolle man auch auf eine geografisch gerechte Verteilung der Wohneinheiten achten.

Es gehe auch nicht darum, Ex-Straftäter gegenüber der Bevölkerung zu bevorzugen, betont Tanson. Vielmehr wolle man den Betroffenen eine Chance bieten, mit der richtigen Betreuung zurück ins Leben zu finden. „Menschen, die im Gefängnis waren, sind auf einen bestimmten Rahmen angewiesen“, sagt auch Cahen. „Wir hoffen, dass die Betroffenen am Ende des Programms wieder auf eigenen Füßen stehen.“ Eine erfolgreiche Resozialisierung käme schließlich der gesamten Gesellschaft zugute.

Wieder Mann
28. Oktober 2021 - 18.32

@Sheriff: Die Verurteilten haben nach Beendigung der Haft für ihre Taten gesühnt.Die Gesellschaft sollte jetzt die Hand reichen. Allerdings löst dies nicht das Problem , dass entlassene Strafgefangene wieder rückfällig werden trotz Resozialisierungsmassnahmen. Entweder taugen die Resozialisierungseinrichtungen , die Resozialisierungsprogramme, die Gesellschaft oder ehemaligen Täter nichts. Bisher konnte ich keinen wissenschaftlich fundierten Bericht zu dieser Thematik finden .

Rene
28. Oktober 2021 - 15.01

Alles blödsinn, well et gin och hei am land leit, dei onschelleg am prisong waren, an net nemmen an der usa. An frankraich zeguer 30%. An et bleiwt ze hoofen dass dei leit dei domm schwätzen geint detenuen, dass dei ebenfall engkeier an dei situatioun kommen. Sinn gespaant ob se dann nach emmer sou domm krittiseieren.

Sheriff
28. Oktober 2021 - 10.42

Wat e Kabes, Geldverschwendung. Déi meescht gi réckfälleg, an hu se bei hiren Taten nëmmen eng Sekonn un hir Opfer geduecht vun deenen hire Steiersuen se elo gesponsort gin?

Wieder Mann
28. Oktober 2021 - 8.13

Dann müsste man die Chance auch nutzen.Mehr als 50 Prozent der Straftäter trotz Betreuung in Österreich werden rückfällig.