Auf den Punkt mit …Jeunesse-Stürmer Gary Bernard: „Ich bin froh, dass die Schiedsrichter nicht immer alles hören“

Auf den Punkt mit … / Jeunesse-Stürmer Gary Bernard: „Ich bin froh, dass die Schiedsrichter nicht immer alles hören“
Gary Bernard (Jeunesse Esch) Foto: Editpress/Alain Rischard

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In unserer Rubrik „Auf den Punkt mit …“ fühlen wir Akteuren aus der BGL Ligue auf etwas andere Art auf den Zahn. Diesmal ist Jeunesse-Angreifer Gary Bernard an der Reihe – der am Sonntag 21 Jahre jung wird. Weitere Themen waren u.a. Platzverweise, Schalke 04 und Familienverhältnisse.

Tageblatt: Ihr Bruder Cliff Bernard ist Verteidiger bei Ehrenpromotionär Weiler. Haben Sie ihn schon früher das Fürchten gelehrt?

Gary Bernard: Er ist ja ein bisschen älter und durfte demnach auch früher zum Training als ich. Wir haben gemeinsam in Kayl begonnen und sind danach für zwei Jahre zur Jeunesse gewechselt. Meist spielten wir dann sogar in der gleichen Alterskategorie, obwohl ich jünger war. Vor zwei Jahren – es war ausgerechnet das letzte Spiel vor dem Corona-Abbruch – haben wir zum ersten und bislang einzigen Mal gegeneinander gespielt (damals stand Bernard noch in Canach unter Vertrag, d.Red.). Ich habe 2:0 gewonnen und beide Tore geschossen. Es war sehr lustig, denn er hat über den ganzen Platz gerufen: „Ich sagte doch, dass jeder ein Tor schießen könnte, außer er …“ Das hat mich natürlich gefreut. Er war schon immer der Große, Unbewegliche. Bei mir war das anders. Mein Vater Dan war mein Vorbild, er war auch Stürmer und hat den gleichen Charakter wie ich.

Sie waren 2016 bei Schalke 04 im Probetraining. Liegt Ihnen der Verein auch heute noch am Herzen?

Sagen wir so … Es ist nicht mein Verein. Das hatte sich nur so ergeben. Ich bin schon immer Gladbach-Fan gewesen. Damals habe ich mir bei den Schalkern am letzten Trainingstag den Arm gebrochen, weil ich nach einem Zweikampf unglücklich zu Boden gegangen war. Ich weiß nicht mehr, wer der Gegenspieler damals war, aber drei von den Jungs, die damals mittrainiert waren, kennt man heute. Weston McKennie spielt jetzt bei Juventus, Ahmed Kutucu verließ Schalke in diesem Jahr in Richtung Türkei und Malik Thiaf ist inzwischen deutscher U21-Nationalspieler. 

Danach gab es noch Tests in Kaiserslautern sowie in diesem Sommer in Nancy. Ist der nächste Probelauf der richtige?

Ich hoffe, dass ich noch Angebote bekommen werde. Ich habe ein paar Kontakte. Es war wichtig, dass ich mit der U21 im Ausland auf mich aufmerksam machen konnte, denn bei diesen Spielen sind immer viele Scouts vor Ort. Eigentlich war der Test in Nancy sehr positiv. Ich habe im Testspiel ein Tor geschossen. Allerdings steht der Verein aufgrund finanzieller Probleme vor dem französischen Sportgericht. Sie hätten mich nur für ein Jahr ausleihen können. Da ich allerdings gerade mein Abitur mache, wäre es nicht in meinem Interesse gewesen, dieses Risiko einzugehen und dafür die Schule zu opfern. 

Sind Sie manchmal selbst verwundert, dass Sie trotz Ihrer energischen und aggressiven Spielweise noch nie vom Platz geflogen sind?

(lacht). Ein bisschen schon, denn ich bin wirklich ein sehr schlechter Verlierer. Wenn es schlecht läuft und ich mich dann auch noch vom Schiedsrichter beleidigt fühle … Sagen wir so: „Dann hunn ech de Bak opstoen.“ Ich kann froh sein, dass sie das anscheinend nicht immer mitbekommen.

Sie waren bei der ersten Pressekonferenz von Trainer Jeff Strasser live dabei. Gehören Sie zu der Kategorie Spielern, die über alles Bescheid wissen wollen?

Natürlich interessierte mich das, allerdings war ich eher aus Zufall da (lacht). Ich hatte damals vorher ein Gespräch mit dem Vorstand und dem Trainer, denn ich war gerade erst vom Trainingslager der U21 zurückgekehrt und wollte wissen, ob ich ein paar Tage freinehmen könnte. Der Coach hätte mir einen Urlaub zugestanden, allerdings habe ich dann trotzdem beschlossen, ohne Pause weiterzumachen. Es wäre der falsche Moment gewesen, gleich eine Woche zu verpassen, während der Trainer eine neue Philosophie mitbringt. Er hat mir damals aber schon erklärt, dass es immer möglich sei, eine Lösung zu finden, falls ich mal zu viel Stress wegen der Schule hätte.

Warum sind Sie ein zweites Mal zur Jeunesse gewechselt?

Es ist der größte Verein des Landes, mit den meisten Titeln. Die Ambitionen dieses Klubs sind noch immer die gleichen. Ich bin da ganz ehrlich: Ich will einen Titel mit der Jeunesse feiern. Als junger Spieler überlegt man es sich nicht lange, wenn man diese Chance bekommt. Als Kind bin ich meinem Vater damals nach Mondorf gefolgt, da er dort einen Trainerjob angenommen hatte. 

Auch heutzutage ist er ja irgendwie noch Ihr Trainer …

Er ist echt bei jedem Spiel dabei, sogar bei den unwichtigsten. Ich spiele in unserer Schulmannschaft des „Lycée Nic Biever“ – und nicht einmal diese Begegnungen lässt er sich entgehen. Er will, dass ich immer und überall meine Bestleistung abrufe und berichtet mir dann auch, was ihm nicht so gut gefiel. Er will, dass ich mir mehr zutraue. Ich bin jemand, der das schnelle Passspiel bevorzugt. Auf dem Flügel ist es aber so, dass ich auch mal den Zweikampf suchen soll. Allerdings fällt es mir manchmal noch schwer, den Kopf nicht hängenzulassen, wenn ich den Ball verliere. Andererseits sieht man im Fernsehen ja dann, dass auch Ronaldo nicht davon verschont bleibt.

Wissen denn schon alle Teamkollegen Bescheid, dass Sie am Sonntag 21 werden?

Ein paar, wie Milos (Todorovic) oder Dennis (Besch), wissen es. Das Problem ist, dass man ja an einem Spieltag nicht wirklich viel machen kann. Bei einem Sieg wird die Kabine nach dem Spiel aber wohl zu klein sein … Ich würde zu einem Tor sicher nicht Nein sagen, aber die drei Punkte wären wichtiger. Ansonsten wird das am Montag im Training nachgeholt. Wir haben unseren Katalog, wo klar drinsteht, wie das abläuft.


2 Fragen zum Wochenende

Die Jeunesse kassierte bei der Niederlage in Ettelbrück wieder einen Platzverweis. Macht man sich das Leben derzeit selbst schwer?

Ja, wir bringen uns selbst in diese Lage. Es war nicht die erste unnötige Rote Karte in dieser Saison, deretwegen wir dem Gegner hinterherlaufen mussten. Gegen Petingen hat es am Ende zwar noch gereicht, gegen Wiltz waren es ja sogar zwei Platzverweise und eine Niederlage. Auch ohne diese Rote hätten wir in Ettelbrück gewinnen müssen, aber wir haben es verpasst, das Spiel früher zu entscheiden. Das darf so nicht mehr vorkommen.

Gegner Déifferdeng 03 strotzt vor Selbstbewusstsein. Worauf muss sich die Jeunesse gefasst machen?

Sie spielen eine richtig gute Saison und verfügen über ein starkes Team. Wir müssen anständig verteidigen und unsere Torgelegenheiten besser ausnutzen. Wir haben in der ganzen Saison noch kein Spiel gedreht: Wenn wir in Rückstand geraten sind, haben wir jedes Mal verloren.