Frankfurter BuchmesseVerleger Ian De Toffoli: „Es ist wichtig, dass man die Menschen wiedersieht“

Frankfurter Buchmesse / Verleger Ian De Toffoli: „Es ist wichtig, dass man die Menschen wiedersieht“
Der erfahrene Verleger verbindet auf der Frankfurter Buchmesse das Mühsame mit dem Vergnüglichen. Besonders wichtig sind ihm zufolge die geselligen Treffen der Branchen-Fachleute. Hier finden Annäherungsversuche zwischen Verlagshäusern statt und – wenn alles glattläuft – werden die Geschäfte gleich bei einem Drink abgewickelt. Archivfoto: Editpress/Didier Sylvestre

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Seit vergangenem Mittwoch tummeln sich wieder Verleger, Agenten und Autoren in den Hallen der Messe Frankfurt. Endlich, sagen die Menschen in der Branche. Denn im vergangenen Jahr fiel die seit 1949 bestehende Frankfurter Buchmesse wegen Corona aus, was für den Literaturbetrieb einen bitteren Rückschlag bedeutete. Das Reboot der bekannten Messe erlebt das Tageblatt vor Ort mit und unterhält sich mit Insidern der Luxemburger Publishing-Branche. Der erste auf der Liste: Ian De Toffoli, Leiter des renommierten Hydre-Verlags und Vorsitzender der „Lëtzebuerger Bicherediteuren“.

„Es ist einfach wichtig, die Leute wieder live zu sehen“, sagt Ian De Toffoli, Verleger von Hydre Editions und Präsident der „Lëtzebuerger Bicherediteuren“. Mit einem verschmitzten Lächeln fügt er hinzu: „Zoom kann keiner mehr ausstehen, es wird einem schwindlig, wenn man nur das Wort hört.“ Wir treffen den großgewachsenen Mann mit dem schulterlangen Haar auf der Agora des Messegeländes. Der Wind fegt braune Blätter über den Platz und nimmt den würzigen Geruch, der von den Imbissbuden aufsteigt, mit sich. Die meisten Sitzbänke, die man neben den Foodtrucks aufgestellt hat, sind unbesetzt. Einige wenige Menschen schlendern über die großräumige Beton-Fläche.

Wie auf ein Stichwort sagt De Toffoli: „Es ist etwas leer hier, aber deswegen auch ganz entspannt.“ Er hat recht: Die diesjährige Frankfurter Buchmesse fällt deutlich kleiner aus. Wurden 2019 noch 7.400 Aussteller gezählt, davon mehr als 5.200 aus dem Ausland, haben dieses Jahr nur 2.000 ihren Stand in der deutschen Metropole aufgebaut. Dem angepasst ist auch der aktuelle Hallenplan. Rund ums Buch dreht sich alles in der Festhalle sowie den Hallen 3, 4 und 6. Zum Vergleich: 2019 waren überdies noch in der Halle 5, in der gerade Neubauarbeiten stattfinden, die internationalen Verlage untergebracht und das anliegende Kongresszentrum – das größte von ganz Frankfurt – nutzbar. Dieses Jahr ist das weder möglich noch nötig. Durch die strengen Corona-Auflagen ist die Ausgabe 2021 anders als die vorherigen. Aber ist sie deswegen schlechter? Diesen Eindruck scheint man hier nicht zu haben, im Gegenteil.

So sieht der Hallenplan für die diesjährige Buchmesse aus
So sieht der Hallenplan für die diesjährige Buchmesse aus Bild: Frankfurter Buchmesse

Kontaktpflege im Messe-Rummel

„Es ist wichtig, dass man die Menschen wiedersieht, dass man etwas mit ihnen trinkt, dass man ihnen zuhört, wenn sie über ihre neuen Pläne reden, dass man selbst über seine Pläne redet“, erklärt De Toffoli. Er ist schon lange im Geschäft und bewegt sich deswegen mit Leichtigkeit über das rutschige Parkett der Publishing-Branche. „Das Basic-Networking, das Sich-zusammen-Setzen ist einfach unglaublich wichtig und es ist gut, dass dies jetzt wieder stattfinden kann.“

Die Frankfurter Buchmesse

Die Frankfurter Buchmesse dauert dieses Jahr vom 20. bis zum 24. Oktober. Laut Eigenbeschreibung ist sie ein weltweiter Handelsplatz für gedruckte und digitale Inhalte – vom Roman über Kinderbücher bis zu wissenschaftlichen Datenbanken. Hier treffen sich Expert*innen aus dem Publishing mit Partnern aus der Technologiebranche und den Kreativ-Industrien wie Film und Games zum Austausch.

Die Freude darüber merke man den Fachleuten an. „Ich war so froh, endlich meine Lieblingsverleger wiederzusehen“, erzählt De Toffoli. „Bevor ich überhaupt zum luxemburgischen Stand ging, habe ich bei ihnen vorbeigeschaut – um sie direkt in den Arm zu nehmen.“ Es fühle sich ein wenig so an, als ob man alte Freunde wiedertreffen würde. „Es ist eine Business-Messe“, stellt der Verleger klar. Aber ein wenig Musikfestival-Feeling aufkommen zu lassen, indem man sich mit alten Bekannten auf einen Drink treffe, sei nicht verkehrt. „Das gehört dazu, das hilft.“

Trotz ihrer verringerten Größe wird auch diese Buchmesse wohl einen Gewinn für die Branchenleute bedeuten. Dieses vorsichtige Fazit lässt sich schon vier Stunden nach ihrem Beginn ziehen. „Wir haben bis jetzt drei Deals gemacht“, sagt De Toffoli. „Das ist ein gutes Zeichen.“ Hydre Editions habe Lizenzen und somit die Übersetzungs- und Druckrechte von Luxemburger Werken an zwei griechische Verlage verkauft.

Die Verkaufssummen für die Lizenzen werden vor Ort verhandelt. Immerhin ist die Frankfurter Buchmesse im Gegensatz zu ihrem Leipziger Pendant keine Autoren-, sondern eine Verlegermesse. Hier entstehen Kontakte zwischen Verlagshäusern, Buchhändlern und Agenten, die sich für die Interessen eines speziellen Hauses bei anderen einsetzen. Genau so kam das Geschäft mit den Griechen zustande. „Unsere Agentin vertritt uns mit Freude, wie es aussieht“, sagt De Toffoli. Hydre Editions sei dabei, eine ganze Reihe von Titeln unter die Leute zu bringen.

Mit von der Partie: Luxemburg

Zehn Luxemburger Verlage sind dieses Jahr auf der Buchmesse vertreten. Laut De Toffoli habe es einen „offenen Appell“ vonseiten des Ministeriums gegeben – „jeder, der mitwollte, konnte mit“. Dazu entschlossen haben sich schließlich: capybarabooks, Black Fountain Press, Editions Guy Binsfeld, Editions Phi, Editions Schortgen, Hydre Editions, Kiwi E.L.G, Kremart Edition, Op der Lay und Zoom Editions. Die anwesenden Verlage stellen auf dem Stand Neuerscheinungen wie frühere Programm-Glanzstücke aus.

Unter der Nummer 130 in der Halle 3.0 ist der Luxemburger Stand zu finden. Beteiligt sind – neben KulturLX – u.a. auch das „Centre national de littérature“  (CNL), das „Zenter fir d’Lëtzebuerger Sprooch“  (ZLS) und der Schriftstellerverein „A:LL Schrëftsteller*innen“. Den Auftakt gab am Mittwoch die Gesprächsrunde „Fiction takes the floor: conformism and side step“. Geleitet wurde das Panel von Jeff Thoss, Mitarbeiter von „Hydre Editions“. Thoss interviewte Nora Wagner („Alle meine Freunde“, Editions Guy Binsfeld), Tullio Forgiarini („Céruse“, Hydre Editions) and Anja Di Bartolomeo („Wundholz“, capybarabooks). Das genaue Programm von „Books of Luxembourg“ finden sie hier.

Kleines Land, große Pläne

Als Vorsitzender der „Lëtzebuerger Bicherediteuren“ schätzt De Toffoli die Zusammenarbeit mit dem Exportbüro KulturLX, das dieses Jahr zum ersten Mal die Organisation des Luxemburger Messestands übernommen hat. Zum Hintergrund: KulturLX ist eine staatliche Institution, die sich die Verbreitung der Luxemburgensia über die nationalen Grenzen hinaus auf die Fahne geschrieben hat. Durch ihre gute Organisation habe sie laut De Toffoli international ein größeres Gewicht und biete eine „festere“ Grundlage für die Professionalisierung des Luxemburger Literaturbetriebs.

Begeistert zeigt sich der 40-Jährige von dem neuen Kopf der Literatursparte von KulturLX: Jean-Philippe Rossignol. „Mir fällt niemand ein, der diesen Job besser machen könnte.“ Als Außenstehender habe Rossignol die nötige Neutralität und Distanz, um niemanden zu bevorteilen und den Export der nationalen Literatur gut zu managen. Außerdem sei der Franzose sehr gut vernetzt. „Das Wichtigste ist das richtige Adressbuch“, bemerkt der Hydre-Chef. Und das bringe Rossignol, der durch seine Arbeit bei großen Häusern Connections in ganz Europa habe, sicherlich mit. Also kann man sich freuen auf das, was die Messe – und die fernere Zukunft – dem Luxemburger Publishing-Sektor bringt? „Ich habe da ein gutes Gefühl“, sagt De Toffoli. Er wirft einen letzten Blick auf die Agora, auf der sich mittlerweile die ersten Durstigen mit dem Bier in der Hand zusammengefunden haben, und dreht sich wieder in Richtung Halle um. Denn auf den Verlagsleiter wartet gleich das nächste „Get-together“.

KulturLX – Arts Council Luxembourg

KulturLX wurde im Juli 2020 als Initiative des luxemburgischen Kulturministeriums gegründet. Die Institution dient der Unterstützung, Förderung und Entwicklung der luxemburgischen Kulturszene. Seine Schaffung ist Teil des Kulturentwicklungsplans der luxemburgischen Regierung, der als „Kulturentwécklungsplan 2018-2028“ bekannt ist.

KulturLX hat bereits einige bestehende Initiativen und Institutionen der Kultur- und Kreativbranche, wie z.B. musicLX und Reading Luxembourg, in seine Struktur integriert und arbeitet weiter daran, die zentrale Anlaufstelle für Luxemburger Kulturschaffende zu werden. Das Exportbüro unterstützt und fördert Fachleute aus folgenden Bereichen: Architektur, Design und Kunsthandwerk, Multimedia und digitale Kunst, bildende Kunst, Literatur und Verlagswesen, Musik und darstellende Kunst.

Für das Literatur- und Publishing-Department sind Jean-Philippe Rossignol und Aviva Rübel zuständig. Valérie Quilez ist die internationale Koordinatorin von KulturLX, die nationale Koordination übernimmt Diane Tobes.