Luxemburger ArbeitsmarktZahl der Arbeitssuchenden deutlich unter Vor-Krisen-Niveau und Rekordzahl an freien Stellen

Luxemburger Arbeitsmarkt / Zahl der Arbeitssuchenden deutlich unter Vor-Krisen-Niveau und Rekordzahl an freien Stellen
Mit der boomenden Luxemburger Wirtschaft hat sich seit Anfang 2021 auch die Lage auf dem Arbeitsmarkt wieder deutlich verbessert Foto: Editpress/Alain Rischard

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Der Luxemburger Arbeitsmarkt hat die Corona-Krise im September deutlich hinter sich gelassen: Die Zahl der Arbeitsplätze insgesamt ist auf ein neues Allzeit-Hoch gestiegen. Die Zahl der Arbeitssuchenden liegt spürbar unter dem Vor-Krisen-Niveau. Und das Arbeitsamt meldet einen Rekord von über 10.000 gemeldeten freien Stellen.

Für den Monat September konnte das Luxemburger Arbeitsamt Adem gute Nachrichten verkünden: Nachdem die Zahl der verfügbaren ansässigen Arbeitssuchenden bereits im August unter das Niveau von vor der Corona-Krise gefallen war, ist die Zahl der Arbeitslosen im September weiter geschrumpft.

Insgesamt wurden in dem Monat hierzulande 15.641 Menschen auf Arbeitssuche gezählt, schreibt das Amt in einer Pressemeldung. Das sind 482 Personen weniger als einen Monat zuvor – und 2.234 Menschen weniger noch als im September 2020. Im Februar 2020, also kurz vor Ausbruch der Pandemie, zählte Luxemburg 16.652 Arbeitssuchende – also rund 1.000 Personen mehr als heute.

Hintergrund der guten Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist die boomende Konjunktur. Im Gegensatz zur Europäischen Union, deren Wirtschaftsleistung heute immer noch unter dem Niveau von vor der Krise liegt, ist die Luxemburger Wirtschaft bereits 3,5 Prozent über das Niveau von vor der Krise hinausgewachsen. Für 2021 rechnet das statistische Institut Statec mit einer Rekord-Wachstumsrate von 6 Prozent, dem höchsten Wirtschaftswachstum seit mehr als zehn Jahren.

Letztes Jahr sah die Lage auf dem Arbeitsmarkt deutlich düsterer aus: Im März 2020 hatte sich die Corona-Krise erstmals in den Zahlen bemerkbar gemacht. Vor allem der Stillstand auf den Baustellen hatte damals zu einem deutlichen Anstieg geführt. Innerhalb eines Monats war die Zahl der Arbeitssuchenden um 2.728 auf 18.398 angestiegen. Im April 2020 verschlechterte sich die Lage weiter: Die Zahl der bei der Adem eingeschriebenen Menschen stieg auf 20.253.

Auch in den Folgemonaten blieb das Jahr 2020 kein einfaches auf dem Arbeitsmarkt. Im Dezember wurden hierzulande immer noch fast 20.000 Arbeitssuchende gezählt. Erst seit Beginn 2021 verbesserten sich die Zahlen auf dem Arbeitsmarkt wieder.

Deutlich bessere Zahlen als erwartet

Auch die von Statec berechnete saisonbereinigte Arbeitslosenquote ist derzeit rückläufig. Sie liegt mittlerweile wieder bei 5,5 Prozent und nähert sich somit wieder dem Vorkrisenniveau. Zu Jahresbeginn betrug sie noch 6,4 Prozent. In den Monaten Mai und Juni 2020 hatte sie, mit 7 Prozent, ihren Corona-Höchststand erreicht. Vor der Pandemie lag sie bei 5,4 Prozent.

Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt gestaltet sich somit aktuell deutlich besser als von den Marktbeobachtern erwartet. Statec hatte zuletzt angegeben, bis Jahresende mit einer Arbeitslosenquote von 6,4 Prozent zu rechnen. Auch die OECD rechnet für Luxemburg bis Jahresende mit einer Quote von 6,4 Prozent. Der IWF seinerseits prognostiziert 6,7 Prozent – die Luxemburger Zentralbank geht von 6,6 Prozent aus.

Gute Nachrichten gab es im September auch bei der Situation von Arbeitssuchenden unter 30 Jahren. Während sie die Krise im April/Juni vergangenen Jahres sehr deutlich spürten (die Zahl der Jugendlichen auf Arbeitssuche war um mehr als 50 Prozent in die Höhe geschnellt), sinkt in dieser Altersgruppe die Zahl der Arbeitslosen nun schneller als im Durchschnitt. Insgesamt lag sie im September 22 Prozent unter der Quote von vor einem Jahr.

Was Alterskategorien anbelangt, so wurde die schwächste Verbesserung bei den über 45-jährigen Arbeitssuchenden (6 Prozent) gemessen.

Langzeitarbeitslosigkeit wird zum Problem

Die Anzahl der Beschäftigungsmaßnahmen hat im Jahresvergleich ebenfalls zugelegt: Die Zahl der Begünstigten einer Maßnahme lag im September 2021 bei 4.479, und damit deutlich (11,7 Prozent) über dem Niveau von September 2020.

Ein Problem, das sich jedoch weiter verschärft, ist die Langzeitarbeitslosigkeit. Dazu zählen die Menschen, die seit mehr als zwölf Monaten als arbeitssuchend registriert sind. Sie stehen mittlerweile für mehr als die Hälfte (52 Prozent) der verfügbaren ansässigen Arbeitsuchenden, schreibt die Adem. „Ein nie zuvor erreichtes Niveau“, hatte sie im Vormonat hervorgehoben.

Auch Statec hatte letzte Woche, im Rahmen des jährlichen Berichts über Ungleichheiten im Land, auf diese Situation hingewiesen. Unter den Betroffenen seien viele Frauen und viele Menschen mit Diplom, so die Statistiker.

Viel mehr offene Stellen gemeldet

Eine sehr deutliche Verbesserung verzeichnete die Arbeitsagentur im September 2021 erneut, was die offenen Stellen angeht, die Arbeitgeber gemeldet haben. Insgesamt wurden letzten Monat 4.299 Stellenangebote an die Adem weitergegeben, eine Steigerung von 38,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Zum Ende des Monats September hat die Adem nun insgesamt 10.708 Jobangebote in ihren Dateien. „Die Dynamik der letzten sechs Monate hat sich fortgesetzt, und die Zahl der offenen Stellen hat erstmals die 10.000er-Marke überschritten“, schreibt die Behörde. Innerhalb eines Jahres hat sich die Anzahl der verfügbaren Stellen um stattliche 60,1 Prozent erhöht.

Zu den am meisten gesuchten Qualifikationen/Berufen zählten im September Mitarbeiter für die Bereiche Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung (1.576), Bauwesen und Handwerk (1.489), Informations- und Kommunikationstechnologie (956), Bank- und Finanzwesen (772) sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe (748).

12.000 neue Arbeitsplätze wurden seit Jahresbeginn geschaffen

Im September 2021 ist die von Statec erfasste Zahl aller Arbeitsplätze in Luxemburg erneut gestiegen. Insgesamt 489.518 Stellen hat das statistische Institut in dem Monat gezählt. Das sind fast genau 12.000 Jobs mehr als zu Jahresbeginn. Seit Anfang 2020 (also vor der Krise) ist es ein Plus von 18.946 Arbeitsplätzen.

Deutlich zugelegt hat auch die Zahl der Grenzgänger. Sie stieg im September auf 214.852 Personen. Das sind 7.332 Personen mehr als zu Jahresbeginn. Mit der Corona-Krise war ihre Zahl zu Beginn letzten Jahres um rund 4.000 Personen eingebrochen, erreicht seit August 2020 jedoch fast jeden Monat wieder neue historische Rekordhöhen. Seit Januar 2020 wurden hierzulande 11.364 neue Grenzgänger eingestellt.

Ein ungleichmäßig verteiltes Wachstum

Je nach Sektor ist das Wachstum der Zahl der Arbeitsplätze im ersten Halbjahr 2021 ziemlich unterschiedlich ausgefallen. 

Von den fast 10.000 Jobs, die im ersten Halbjahr 2021 neu geschaffen wurden, entfallen rund 3.500 auf den Staat (1.200 in der Verwaltung, 800 im Bildungswesen und 1.500 im Bereich Gesundheit und Soziales). Auch im Finanzwesen (plus 1.100 Jobs) und bei den Unternehmensdienstleistungen (plus 2.800 Jobs) wurde ein starker Zuwachs verbucht. In der Industrie (minus 100 Jobs) und im Bereich der Restaurants/Hotels (minus 300 Jobs) wurden im ersten Halbjahr Rückgänge verbucht.

Betrachtet man nur die letzten drei Monate, für die Zahlen vorliegen (April bis Juni 2021), dann ist die Beschäftigung in allen Sektoren am Wachsen.

Der Blick in die Vergangenheit

Von den eigenen Traumzahlen aus der Vergangenheit ist Luxemburg schon lange weit entfernt. Bis vor 1990 zählte das Land weniger als 2 Prozent Menschen auf Arbeitssuche. Danach begann ein langsamer Anstieg. 2005 wurde die 4-Prozent-Marke überschritten. Nach der Finanz- und der Schuldenkrise beschleunigte sich die Zunahme der Arbeitslosigkeit. 2009 wurden 5 Prozent gemessen – 2012 lag die Quote bei über 6 Prozent. Ein Rekord wurde im Mai 2014 erreicht: Die Arbeitslosenquote stieg auf 7,2 Prozent. Danach besserten sich die Zahlen langsam wieder. Im Oktober und November 2019 war mit 5,3 Prozent ein Tiefststand erreicht worden.

Entwicklung der Zahl der Menschen auf Arbeitssuche
Entwicklung der Zahl der Menschen auf Arbeitssuche Bild: Screenshot Adem