UngarnNeue Oppositionshoffnung Peter Marki-Zay rechnet sich gegen Viktor Orban Chancen aus

Ungarn / Neue Oppositionshoffnung Peter Marki-Zay rechnet sich gegen Viktor Orban Chancen aus
„Wir können nur gemeinsam gewinnen“: Peter Marki-Zay führt die ungarische Opposition an  Foto: AFP/Attila Kisbenedek

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Die Konkurrenz in Ungarns Opposition hat Provinzbürgermeister Peter Marki-Zay erfolgreich aufgerollt. Nun nimmt der selbstbewusste Außenseiter den Premierposten ins Visier: Als erprobter Fidesz-Bezwinger rechnet sich der Herausforderer von Viktor Orban bei der Wahl im April durchaus Chancen aus.

Zum verfrühten Jubel verspürt der Überraschungssieger der Vorwahlen von Ungarns Opposition keinen Grund. „Dies war eine Schlacht, aber wir müssen auch den Krieg gewinnen“, mahnte Peter Marki-Zay am Sonntag seine begeisterten Anhänger nach der erfolgreichen Wahlkür zum Spitzenkandidaten bei der Parlamentswahl im April. „Niemand kann die Einheit der Opposition brechen“, versicherte der konservative Bürgermeister der südungarischen Provinzstadt Hodmezövasarhely: „Wir können nur gemeinsam gewinnen.“

Ungarns Wahlsystem bevorzugt die stärkste Partei. Um die Vorherrschaft der Fidesz-Partei des autoritär gestrickten Premiers Viktor Orban endlich zu brechen, haben die wichtigsten Oppositionsparteien ihre Kräfte gebündelt. In zwei Wahlgängen ließ das von der sozialistischen MSZP bis hin zur nationalistischen Jobbik-Partei reichende Zweckbündnis seine Anhänger nicht nur über die gemeinsamen Wahlkreiskandidaten, sondern auch über den landesweiten Spitzenkandidaten entscheiden: Überraschend klar setzte sich bei der Stichwahl letzte Woche der parteilose Marki-Zay gegen die linke Europaabgeordnete Karla Dobrev (DK) mit 56,71 Prozent der Stimmen durch.

Alle gegen Fidesz

„Fidesz oder kein Fidesz“ bleibe für die Opposition bei der anvisierten Schaffung eines „neuen Ungarns“ die Schlüsselfrage, so das Credo des 49jährigen Vorwahl-Triumphators: „Der Ausweg ist weder rechts noch links, sondern nur vorwärts und aufwärts.“ Auch die unterlegene Dobrev bemühte sich, die im hart geführten Stimmenstreit entstandenen Risse im Oppositionslager zu kitten: „Ab heute werden wir uns nicht mehr miteinander befassen, sondern nur damit, wie das Bündnis 2022 Orban bezwingen kann.“

Als Fidesz-Bezwinger ist der neue Hoffnungsträger der Opposition bereits erprobt: 2018 und 2019 setzte sich der schon damals von einem breiten Oppositionsbündnis unterstützte Politnovize Marki-Zay erst bei den Nach- und dann bei den regulären Bürgermeisterwahlen in seiner Heimatstadt gleich zwei Mal gegen die favorisierte Fidesz-Konkurrenz durch – ein Husarenstück, das der gelernte Elektronik-Ingenieur bei der Parlamentswahl wiederholen will.

Mit Marki-Zay sind der Wahlkampf und die Wahl unberechenbar geworden

Gabor Török, Politologe

Chancenlos geht der selbstbewusste Außenseiter gegen den nur scheinbar übermächtigen Platzhirsch Orban keineswegs ins Rennen. In Umfragen liegen die Opposition und Fidesz nahezu gleichauf. Bei der Wahl 2018 konnte sich die Regierungspartei mit 46 Prozent der Stimmen dank einem Wahlsystem nach Maß zwar noch die Zweidrittelmehrheit der Sitze sichern. Doch mit einem geeinten Oppositionsauftreten könnte sich das Mehrheitswahlrecht bei der Vergabe der Direktmandate auch gegen Fidesz kehren.

Viele konservative Ungarn haben von der Vetternwirtschaft im feudal geführten Fidesz-Staat und dessen selbstherrlichen Vormann Viktor Orban genug. Der Katholik und siebenfache Familienvater Marki-Zay spricht auch diejenigen enttäuschten Orban-Wähler an, die die überwiegend linken und liberalen Oppositionsparteien bisher nicht erreichen konnten. Auch wegen des größeren Wählerpotenzials des Konkurrenten hatte Budapests grünlinker Bürgermeister Gergely Karacsony, der nach dem ersten Wahlgang noch auf dem zweiten Rang lag, zu Gunsten des drittplatzierten Marki-Zay das Handtuch geworfen.

Verwaiste Mitte

Doch nicht nur wahltaktische Erwägungen haben auch linke, grüne und liberale Oppositionsanhänger für Marki-Zay stimmen lassen. Als Pro-Europäer besetzt der Konservative die durch das nationalistische Abdriften von Fidesz verwaiste Mitte. Die ausführliche Berichterstattung über die erstmaligen und überraschend stark frequentierten Vorwahlen haben den landesweiten Bekanntheitsgrad des polyglotten Marketing-Experten zudem merklich erhöht.

Bis zu den Wahlen werde es für Marki-Zay die „schwerste Aufgabe sein, das Oppositionslager zusammenzuhalten“, glaubt der Politologe Gabor Török. Für Orban und Fidesz wiederum sei der Provinzbürgermeister auch wegen der Wählersehnsucht nach einem neuen Gesicht ein gefährlicher Herausforderer: Mit Marki-Zay seien „der Wahlkampf und die Wahl unberechenbar“ geworden.