Relevant (4): GemeindesekretärGeneralsekretär der Gemeinde Esch, Jean-Paul Espen: „Administrative Hürden nerven“

Relevant (4): Gemeindesekretär / Generalsekretär der Gemeinde Esch, Jean-Paul Espen: „Administrative Hürden nerven“
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Das Coronavirus hatte Auswirkungen auf so ziemlich jeden Beruf in unserer Gesellschaft. Einige dieser Jobs standen weniger in der Öffentlichkeit. Wir wollten wissen, was diese Berufe eigentlich an Arbeit bedeuten und was während der Pandemie anders war. Eins ist sicher: Relevant sind sie alle. Wie etwa der des Gemeindesekretärs. Jean-Paul Espen, 42, steht seit 2010 als Jurist im Dienst der Escher Gemeinde. Heute ist er Generalsekretär. „Vor allem Management- und Wirtschaftskompetenzen sind gefragt“, sagt er im Tageblatt-Gespräch. 

Tageblatt: Was ist der Unterschied zwischen einem Gemeindesekretär und einem Generalsekretär der Gemeinde? 

Jean-Paul Espen: Voraussetzung, um Generalsekretär zu werden, ist ein abgeschlossenes Universitätsstudium der Rechts- oder Wirtschaftswissenschaften. Die Gesetzgebung definiert das Berufsbild nicht sehr genau. Klar scheint jedoch, dass der Gesetzgeber aufgrund des Studiums erwartet, dass der Generalsekretär Aufgaben erledigt, die über jene des normalen Gemeindesekretärs hinausgehen. 

Also sind Sie eigentlich der wichtigste Mann im Rathaus?

(Lacht) Also das würde ich jetzt nicht so sagen, das ist natürlich immer noch der Bürgermeister, und dann folgt der Schöffenrat. 

Nun gut, aber jetzt ernsthaft, warum haben Sie Esch als Arbeitsplatz ausgewählt? 

Ich bin kein Escher, bin aber immer regelmäßig in Esch gewesen, habe mich dort auch stets wohlgefühlt. Es ist eine Stadt mit viel Potenzial, was mir gut gefällt. Genau wie die Mentalität der Leute. In Esch fühle ich mich nach wie vor sehr wohl, auch wenn viel und schlecht über die Stadt geredet wird. Meine Erfahrungen sind im Prinzip positiv. Dass ich hier gelandet bin, liegt aber auch daran, dass der damalige Schöffenrat neue Ideen umsetzen wollte und ich von Anfang an dabei sein und mitarbeiten konnte. 

Was ist denn die Frage, die Ihnen am häufigsten gestellt wird? 

„Wie weit sind wir mit dem Dossier?“ 

 Foto: Editpress/Frank Goebel

Wie beginnt Ihr normaler Arbeitstag? 

Einen normalen Arbeitstag habe ich selten. Aber zunächst mal fahre ich die Kinder morgens zur Schule. Anschließend fahre ich aus der Gemeinde Schengen, wo ich wohne, nach Esch. Im Rathaus mache ich mir einen Kaffee, warte darauf, dass der Computer hochfährt, und lese anschließend meine Mails. Öfters überwiegen die aktuellen Fragen und ich komme nicht dazu, das zu erledigen, was ich mir eigentlich vorgenommen habe. 

Gemeindesekretär oder Generalsekretär: Mit dem, was sich normalerweise unter einem Sekretär vorgestellt wird, haben Sie kaum etwas zu tun? 

Also in der Praxis hat es damit recht wenig zu tun. Es ist Management, Organisation und Koordination …

… und mit den Leuten klarkommen? 

Das gehört für mich zum Management dazu, wie in einem „normalen“ Unternehmen. Wenn man Verantwortung trägt und nicht mit den Menschen klarkommt, dann muss man sich Fragen stellen. 

Nun sind Sie bereits eine ganze Weile auf dem Posten. Was sind rückblickend Ihre Erfahrungen?

Allgemein ist es die positive Entwicklung sowohl der Gemeindeverwaltung wie auch der Stadt Esch. Die Verwaltung ist professioneller und effizienter geworden. Bei Esch sind es die verschiedenen Kulturprojekte, die mir gut gefallen, die „Konschthal“, das Brüderhaus oder das „Bâtiment IV“ zum Beispiel. Vor Jahren gab es nur das Theater, die „Rockhal“ und die Kufa. 

Was nervt? 

Was vor allem nervt, das sind die administrativen Hürden. Es mag komisch scheinen, wenn ich das als Generalsekretär selber erwähne. Wir haben mit einer Gesetzgebung zu arbeiten, zudem haben wir unsere eigenen Richtlinien. Die stellen für verschiedene subjektiv gut scheinende Ideen manchmal eine gewisse Hürde dar. Aber Gesetze und Regeln müssen nun mal respektiert werden.   

Würden Sie jungen Menschen Ihren Job empfehlen? 

Ja, aus meiner Sicht, klar ja. Es hängt viel davon ab, was man aus dem Job macht. Man kann sich auf das Nötigste beschränken, man kann aber auch versuchen, gemeinsam mit dem Schöffenrat, mehr draus zu machen, den Beruf mit mehr Inhalt zu füllen, was ja sehr interessant ist, weil man dann ja aktiv an der Gestaltung einer Stadt mitwirken kann.

Was für Auswirkungen hatte die Pandemie auf Ihre Arbeit?

Es hat begonnen mit dem Lockdown 2020. Wir hatten da das große Glück, dass unser informatisches System intern bereits so ausgebaut war, dass wir eigentlich sofort alle Möglichkeiten hatten, um „normal“ im Homeoffice arbeiten zu können. Neu und eine sehr interessante Erfahrung war es, eine Schöffenratssitzung auf Distanz zu organisieren und abzuhalten, über „Zoom“ zum Beispiel. Eine gewisse Umorganisation war es zu Beginn natürlich schon, um die Gemeinde am Laufen zu halten, auch im Lockdown mussten die Dienste garantiert sein, eine gewisse Präsenz vor Ort war also nötig. Nach zwei, drei Wochen hatten wir das aber alles im Griff.

Sonst etwas Außergewöhnliches? 

Die Verteilung der Masken an eine Bevölkerung von 35.000 Menschen, das war nicht ohne. Innerhalb von zwei Tagen hatten wir das bewältigt. 

Beeinflusst die Pandemie Ihre Arbeit immer noch? 

Relevant – die Serie

Das Coronavirus hatte Auswirkungen auf fast jeden Beruf in unserer Gesellschaft. Einige dieser Jobs standen weniger im Fokus der Öffentlichkeit. Und trotzdem waren auch sie auf eine gewisse Weise „relevant“. Was macht diese Berufe aus – und die Menschen, die sie ausüben? Für unsere Serie „Relevant“ haben wir uns mit ihnen unterhalten.

Im Moment äußerst minimal. Was aber als Folge der Krise bleibt, das ist die Frage der Arbeitszeitorganisation. Es hat sich ja gezeigt, dass es andere Methoden gibt, seine Arbeit zu erledigen, als von morgens bis abends am Arbeitsplatz im Büro zu sitzen. Man hat im Homeoffice nicht weniger gearbeitet, hatte aber mehr Zeit für die Familie. Das wird uns noch beschäftigen. Physische Präsenz bleibt immer wichtig, die Frage ist, ob sie fünf Tage die Woche nötig ist. 

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winston
11. Oktober 2021 - 19.03

Uns nervt eher der Schöffenrat.