„A boire avec modération” Weinfestival: Von Klassikern und Neuheiten

„A boire avec modération”  / Weinfestival: Von Klassikern und Neuheiten
Beim Cactus-Festival der französischen Weine stehen 549 edle Tropfen zur Auswahl. Eine breite Mischung aus Klassikern und Neuheiten, aus traditionellen und biologisch zertifizierten Weinen wird geboten. Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Warnung, die die französischen audiovisuellen Medien jedem Bericht über Wein vorausschicken müssen, soll hier nur als Bonmot gelten. Weinfreunde können sich an der 45. Auflage des traditionellen Cactus-Festivals der französischen Weine vor allem Freude machen. Auch wenn, bedingt durch die Gesundheitslage, noch nicht alles wieder so läuft wie gehabt, berichtet unsere Korrespondentin Claude Wolf. 

Verzichten müssen vor allem die rund 3.500 Mitglieder des „Club Vin sur Vin“. Die traditionell für sie ausgerichtete Verkaufsaktion am ersten Festival-Tag fällt dieses Jahr zum zweiten Mal aus. Die gewohnten Verkaufsstände sind vom 11. bis zum 24. Oktober in den Gängen der „Belle Etoile“ auch noch nicht wieder vorzufinden.

Jedes Jahr aufs Neue stellen die Spezialisten der Cactus-Gruppe, Jean-Marc Hubertus (l.) und Damien Lassance, ein abwechslungsreiches Weinsortiment für das Festival zusammen
Jedes Jahr aufs Neue stellen die Spezialisten der Cactus-Gruppe, Jean-Marc Hubertus (l.) und Damien Lassance, ein abwechslungsreiches Weinsortiment für das Festival zusammen  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Dafür ist das Angebot, das die Spezialisten der Cactus-Gruppe, Jean-Marc Hubertus und Damien Lassance, zusammengestellt haben, durchaus ein eingehendes Studium wert. Zu erwerben ist es zu den normalen Öffnungszeiten in den Weinregalen der „Belle Etoile“, des Cactus Bascharage und im Cactus Howald, mit einem verkaufsoffenen Sonntag am 24. Oktober in der „Belle Etoile“.

Die 549 zum Verkauf stehenden Weine sind eine breite Mischung aus Klassikern und Neuheiten, aus traditionellen und biologisch bescheinigten Weinen.

Vom Elsass und der Champagne im Nordosten bis zur Provence und dem Languedoc-Roussillon im Süden sind sämtliche Weingegenden vertreten. Den Rotweinen des Languedoc-Roussillon gilt sogar ein ganz besonderes Augenmerk: Nach den beträchtlichen Preissteigerungen der Bordeaux- und der Burgunderweine weichen mittlerweile viele Liebhaber auf die Weine aus, die westlich vom Mittelmeer angebaut werden.

Die Region, die sich vom südlichen Zipfel des Rhonetales im Bogen bis zur spanischen Grenze erstreckt, ist mit 290.000 Hektar das größte Weinbaugebiet Frankreichs. Schon in der römischen Zeit (seit 118 vor Chr.) wurde hier Wein angebaut. In den letzten Jahren hat sich die Qualität durch den Abbau der Anbauflächen und die Professionalisierung der Herstellung deutlich verbessert. Unter den 60 angebotenen Weinen ist das „Château Seguala Icône Tautavel“ (Jahrgang 2018) eine echte Entdeckung. Diesem Produktvorschlag waren erbitterte Diskussionen vorausgegangen, so Hubertus und Lassance mit einem leisen Lächeln. „Wir sind uns bei weitem nicht immer einig. Unsere Geschmäcker und Vorlieben sind sehr unterschiedlich“, sagen die beiden Spezialisten, die jedoch seit vielen Jahren ein gutes Gespann bilden.

Andere Gewohnheiten

Weinfestivals sind national und international große Renner. Umfragen zufolge nutzen rund 45 Prozent der Verbraucher die Angebote, 70 Prozent der Befragten gehen dafür in die Super- bzw. Hypermärkte. 38 Prozent von ihnen kaufen Bordeaux-Weine, 30 Prozent kaufen Burgunder und 28 Prozent sprechen den Weinen aus dem Rhonetal zu. In der Regel geben die französischen Kunden 11 bis 20 Euro pro Flasche aus, sie sind jedoch je nach Angebot bereit, darüber hinauszugehen, wobei die psychologische Hürde etwa bei 35 Euro liegt. „Weniger, jedoch bessere Produkte trinken“, wurde auf entsprechende Umfragen geantwortet.

Das Gleiche gilt wohl auch für die luxemburgische Kundschaft. Ihre Vorlieben sind die gleichen, das Preislevel jedoch liegt etwas höher: Der Cactus-Weinkatalog bietet viele Weine der Spanne 11 bis 20 Euro an. Die hiesigen Weinliebhaber sind aber durchaus bereit, über diesen Preis hinauszugehen. Besonders bei den klassischen französischen Rebsäften schiebt sich die Obergrenze hierzulande punktuell bis an die 100-Euro-Grenze.

Spitzenprodukt Bio

Sie haben zum Beispiel das Angebot an biologisch hergestellten Weinen beträchtlich ausgebaut. Das entspricht sowohl ihrer persönlichen Überzeugung als auch dem Wunsch der Konsumenten, die immer stärker auf die natürliche Machart und den Verzicht auf chemische Zusatzmittel setzen. Mehr als 100 der 549 angebotenen Weine tragen das grüne Label, darunter ein Pommard „Les Vigniots“ 2019 aus dem Domaine Rossignol-Février. Der aktuelle Besitzer Frédéric steht für die fünfte Winzergeneration. Er setzt bereits seit 2013 resolut auf Bio-Weine, seine jüngsten Produkte befolgen die Demeter-Auflagen, die noch viel strenger sind als der klassische biologische Anbau.

Zum Verwöhnen

Insgesamt 17 Neuheiten und weitere 40 Sonderangebote mit einem Preisabschlag bis zu 30 Prozent warten ab Montag auf die Liebhaber. „Wenn wir schon keine Verkostungen anbieten können, dann müssen wir die Kunden auf andere Art und Weise verwöhnen“, so Hubertus.

Dem internationalen Preisdruck zum Trotz kommt den Weinen aus Bordeaux und Burgund nach wie vor ein Ehrenplatz im Angebot zu. „Der 2019er Jahrgang bietet eine breite Diversität, mit gut strukturierten, harmonischen Weinen“, freut sich Hubertus und verweist auf die lange Haltbarkeit des Jahrgangs.

Zu seinen Favoriten gehören der Burgunder aus der Abbaye de Santenay „Clos de la Comme“ (Jahrgang 2018) von Ludovic Pierrot (22,50 Euro) oder der „Château Samion“ (Jahrgang 2018, 19,95 Euro) aus Lalande de Pomerol. Die Domäne gehört der Familie Berrouet, die ebenfalls den prestigereichen „Château Pétrus“ verarbeitet. Mit seinem runden, seidigen Rotfruchtgeschmack passt dieser Wein hervorragend zu Rindfleisch, aber auch zu einem Kalbs- oder Gefügelgericht. Ein weiterer Pluspunkt dieses Weines ist die Tatsache, dass er frühzeitig getrunken werden kann.

Dieser Wunsch entspricht einer immer stärkeren Erwartung der hiesigen Kundschaft, die nicht immer geeignete Langlagerungsmöglichkeiten hat, bzw. ihr Geld nicht so lange blockieren will. Immer mehr Kunden kaufen Weine zum unverzüglichen Konsum. Und sie nutzen, vor allem unter den aktuellen Hygienemaßnahmen, das Angebot von letzshop.lu. So können sie den Katalog des Weinfestivals von zu Hause aus einsehen, ihre Auswahl treffen und ihre Weine anliefern lassen.

 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Für Liebhaber

Vin Orange heißt ein neuer Insider-Tipp, und er schmeckt tatsächlich nach Orange. Nicht etwa, weil ihm Orangensaft oder -aromen zugefügt wurden, sondern weil er nach einem Verfahren hergestellt wird, das aus Georgien kommt. Hier wurden schon vor 4.500 Jahren die Trauben so verarbeitet und dann in irdenen Amphoren vergraben. Die Georgier haben die Mode in den 90er Jahren schon lanciert. Die Provence und Bordeaux haben sich dem Trend angeschlossen.

Hergestellt wird dieser Wein aus weißen Trauben, die mit der Schale und den Kernen gepresst und dann wie Rotwein weiterverarbeitet werden. So entstehen die Farbe, der leichte Orangengeschmack und eine gewisse Bitterkeit. Benutzt wird eine Mischung aus mehreren Rebsorten, darunter Chardonnay, Vionnier und Muscat.

Das Angebot beim Weinfestival trägt den Namen Genora, kommt aus der Gegend von Bordeaux und ist ein Produkt von Gérard Bertrand, Jahrgang 2020 (8,95 Euro). Es passt zum Aperitif, kann aber auch zu Jakobsmuscheln oder zu chinesischen Enten- oder Hähnchenzubereitungen gereicht werden.


Alles anders

Der Jahrgang 2021 ist größtenteils noch nicht in den Flaschen und doch bei allen Verkostungen ein Thema. Bedingt durch die Wetterumstände sind die gelesenen Mengen nicht mit den Vorjahren vergleichbar. Frankreich wird 2021 mit 33,6 Millionen Hektoliter knapp zwei Drittel seiner gewohnten Weinmengen haben.

Über die Qualität gehen die Meinungen auseinander: Während die einen mit einem klassischen Jahrgang rechnen, verweisen andere auf die Notwendigkeit, die gelesenen Trauben sorgfältig auszusortieren, weil der Pilzbefall durch die große Feuchtigkeit und die wenigen Sonnenstunden des letzten Sommers groß ist. Besonders die Bio-Winzer erwarten Einbußen von 15 bis 20 Prozent.

International wird aber auch auf die Gefahr einer konsequenten Preissteigerung verwiesen, mit dem Ratschlag, die aktuellen 2018er, 2019er und 2020er Angebote zu nutzen, um das verhängnisvolle 2021er Jahr zu überbrücken.