Hohe InflationMehrere Euro-Notenbankchefs sinnieren über Ende der Notfallhilfen

Hohe Inflation / Mehrere Euro-Notenbankchefs sinnieren über Ende der Notfallhilfen
Manche Währungshüter beginnen, den rasanten Preisanstieg in ihr Blickfeld zu nehmen Foto: AFP/Daniel Roland

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Mehrere Notenbankchefs von Euro-Ländern denken laut über eine Abkehr von den billionenschweren Corona-Notfallhilfen der Europäischen Zentralbank (EZB) nach. Einfach werden wird das jedoch nicht.

„Das Motto heißt Ausstieg“, sagte Belgiens Notenbankchef Pierre Wunsch am Freitag auf einer Konferenz im slowakischen Strbske Pleso. Dies werde ein schwieriges Vorhaben, denn es gehe darum, weniger zu machen und nicht mehr. Auch seine EZB-Ratskollegen, der slowakische Notenbankchef Peter Kazimir und Sloweniens oberster Währungshüter Bostjan Vasle, waren auf der Veranstaltung der Ansicht, dass der Zeitpunkt für ein Ende der Hilfen nun näherrücke.

Das auf 1,85 Billionen Euro angelegte Notfall-Anleihenkaufprogramm PEPP soll nach bisherigen Planungen noch bis mindestens Ende März 2022 laufen. Seit März 2020 hat die EZB auf diese Weise bereits über 1,4 Billionen Euro in die Anleihenmärkte gepumpt. Den Euro-Ländern beschert das unter anderem ultraniedrige Refinanzierungskosten. „Gegenwärtig sind wir die besten Freunde der Finanzminister, aber das wird nicht für immer so bleiben“, sagte Kazimir auf der Konferenz. Sein Ratskollege Vasle merkte an, er sehe das „Potenzial für weitere Spannungen zwischen Zentralbankern und Regierungen“, wenn die EZB ihre Geldpolitik normalisiere.

EZB nicht ewig bester Freund der Finanzminister

Sorgen bereitet den Währungshütern jedoch derzeit der Blick auf die rasant steigenden Preise. Die Inflation werde wohl höher ausfallen als von der EZB zuletzt vorhergesagt, merkte Wunsch an. Die Teuerungsrate im Euroraum war im September mit 3,4 Prozent so hoch wie seit 13 Jahren nicht mehr. Ein Großteil des Auftriebs ist aus Sicht der Euro-Wächter aber nur vorübergehend und durch die Folgen der Corona-Krise bedingt – so auch Lieferkettenprobleme und Materialengpässe. Eine Bemerkung von EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte jüngst jedoch aufhorchen lassen: Demnach gibt es mehrere Unsicherheitsfaktoren, die einen länger andauernden Inflationsdruck mit sich bringen könnten. Am europäischen Geldmarkt wird bereits über eine Zinserhöhung Ende 2022 spekuliert.

Zunächst dürfte es für die Währungshüter jedoch darum gehen, zu klären, wie es mit dem PEPP-Programm weitergeht. Wenn sich die Konjunktur normalisiere und die Covid-Lage es erlaube, werde das PEPP seine Aufgabe erfüllt haben, betonte jüngst EZB-Vizepräsident Luis de Guindos. Im Dezember werde die EZB über „mögliche Alternativen“ entscheiden, falls dieses Projekt im März beendet werden sollte. Viele Experten gehen davon aus, dass die EZB dann ihre Anleihenkäufe nicht komplett einstellt, sondern ihr aktuell kleineres Kaufprogramm APP in der einen oder anderen Form weiterführen wird.

Im Dezember werden auch die Inflationsprognosen der EZB-Volkswirte aktualisiert. Die EZB erwartet bisher, dass die Inflation mittelfristig unter ihrem Ziel von zwei Prozent bleiben wird. Für 2021 wird eine Teuerung von 2,2 Prozent unterstellt, die 2022 auf 1,7 und 2023 auf 1,5 Prozent fallen soll.

Eine Politik mit Folgen

Das viele Geld, das in den Markt gepumpt wird, hilft den europäischen Staaten dabei, ihre Schuldenberge zu stemmen. Auch Luxemburg profitiert aktuell von überdurchschnittlich niedrigen Zinsen. Die Zeit der niedrigen Zinsen hat jedoch kaum ein Land genutzt, um Schulden abzubauen. Doch die mittlerweile seit fast zehn Jahren andauernde Krisenpolitik zeigt nach und nach immer mehr auch ihre negativen Seiten. 

Die Geldpolitik treibt unter anderem die Preise von Investitionsgütern, wie etwa Aktien und Immobilien, in die Höhe. Zudem machen die Negativzinsen vielen Banken und Finanzinstituten das Leben schwer: So hat die Situation bereits die Luxemburger Post gezwungen, ihr Geschäftsmodell zu ändern, während die Gewerkschaft CGFP sich dazu genötigt sah, ihr „Service de placement“, nach mehr als 45 Jahren, ganz einzustellen. Im Monat Dezember 2020 war der durchschnittliche Zinssatz, den die Luxemburger Banken ihren Kunden anboten, erstmals in den negativen Bereich gerutschtVon den wohlhabenden Kunden fordern die meisten Banken indes bereits seit längerer Zeit Negativzinsen auf Sparguthaben.

Observer
9. Oktober 2021 - 19.33

Sie sollten über eine Erhöhung der Zinsen nachdenken!