LuxemburgMarokkanisches Lounge-Restaurant eröffnet: „Wollen Luxemburg etwas zurückgeben“

Luxemburg / Marokkanisches Lounge-Restaurant eröffnet: „Wollen Luxemburg etwas zurückgeben“
Said Benaapache (l.) steht in dem Lounge-Restaurant in der Küche, während sich der jüngere Bruder Khalid Benaapache um die Gäste kümmert Foto: Editpress/Julien Garroy

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Gutes aus dem Orient entdecken und so gefühlt eine Reise in die Ferne machen – eine Bar mit Restaurant in Luxemburg-Stadt macht es möglich. Die Brüder Khalid und Said Benaapache aus Marrakesch haben in Limpertsberg eine Lounge mit marokkanischem Restaurant eröffnet. Dies an einer für sie altbekannten Adresse.

„Fühlt euch wie zu Hause“, sagt Khalid Benaapache und breitet die Arme aus, um mit einer einladenden Geste den Weg in den gemütlichen Innenraum seiner Bar zu zeigen. Goldene Leuchten hängen von der Decke und lassen den liebevoll dekorierten Raum in einem warmen Licht erstrahlen, während orientalische Klänge aus den Lautsprechern ertönen. Nicht selten werden die Gäste in dem Lokal in der hauptstädtischen Avenue Pasteur 37 an der Tür vom Inhaber persönlich begrüßt. Khalid Benaapache und seinem Bruder Said gehört das Lounge-Restaurant „Caftan“, in dem man auf einen Kaffee, Pfefferminztee oder Cocktail vorbeikommen, aber auch marokkanisch zu Mittag oder Abend essen kann.

Während Said Benaapache in der Küche marokkanische Gerichte mit viel Gemüse zaubert, kümmert der jüngere Bruder sich im Gastraum um die Kunden. „In Luxemburg nennen mich alle ‚Ben‘ – abgeleitet von meinem Nachnamen“, erklärt Khalid Benaapache mit breitem Grinsen. Seit 2010 lebt der 41-Jährige im Großherzogtum und spricht sechs Sprachen: Arabisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch und seit kurzem auch Luxemburgisch.

Die Landessprache hat der zielstrebige Mann während seiner Vorbereitungen für den Erhalt der Luxemburger Staatsangehörigkeit gelernt. „Ich wollte die Sprache des Landes lernen, in dem meine Kinder aufwachsen. Vor allem aber wollte ich die Kultur des Großherzogtums kennenlernen und mich so auch integrieren“, erklärt der hochgewachsene Mann, der scherzend von sich selbst sagt, 1 Meter 85 groß zu sein – mit Frisur allerdings 2 Meter. Nun hat Khalid Benaapache die doppelte Nationalität, ist Marokkaner und Luxemburger. 

Viele der handgemachten Einrichtungsgegenstände im „Caftan“ kommen aus Marrakesch
Viele der handgemachten Einrichtungsgegenstände im „Caftan“ kommen aus Marrakesch Foto: Editpress/Julien Garroy

Zwischen Gastro und Raumausstattung

Das Beherrschen der Landessprache hilft ihm dabei, mit den Gästen in der Bar ins Gespräch zu kommen. „Bei den Luxemburgern dauert es oft einen Moment, bis sie dir vertrauen. Aber die Menschen sind sehr nett und vor allem offen“, stellt Khalid Benaapache fest. Er und sein Bruder schätzen am Großherzogtum, dass so viele unterschiedliche Nationalitäten und Kulturen aufeinandertreffen und die Leute offen füreinander sind.  

Inhaber Khalid Benaapache ist in Marrakesch geboren und will den Menschen in Luxemburg etwas zurückgeben, indem er ihnen seine Heimat ein Stück näher bringt
Inhaber Khalid Benaapache ist in Marrakesch geboren und will den Menschen in Luxemburg etwas zurückgeben, indem er ihnen seine Heimat ein Stück näher bringt Foto: Editpress/Julien Garroy

Khalid Benaapache ist in Marrakesch geboren und aufgewachsen und hilft als junger Erwachsener seinem Vater in dessen Werkstatt für Raumausstattung. Abends jobbt er in der Gastronomie. Nach längeren Aufenthalten im spanischen Barcelona und Madrid zieht es Khalid 2010 ins Großherzogtum zu seinem großem Bruder Said. Gemeinsam mit dem heute 49-Jährigem und einem weiteren Partner aus Luxemburg eröffnet Khalid noch im selben Jahr eine Lounge mit marokkanischem Restaurant – an der exakt gleichen Adresse des heutigen „Caftan“. Nach rund fünf Jahren schließt das Lokal und die Brüder gehen gemeinsam zurück in den Bereich der Raumausstattung. 

Die Idee einer gemeinsamen Bar lässt das energiegeladene Geschwisterpaar dann doch nicht los und beide machen sich auf die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten – erfolglos. Bis sich vor kurzem der befreundete Besitzer des Lokals in der Avenue Pasteur 37 meldet: Das Etablissement ist zu verkaufen. Vier Monate arbeiten die Brüder auf die Eröffnung einer neuen Bar an der alten Adresse hin.

Weg mit Hindernissen

Doch die Eröffnung verschiebt sich um ein ganzes Jahr: Zuerst kann Mitinhaber Said Benaapache wegen abgesagter Flüge in der Corona-Pandemie nach einem Besuch in Marrakesch im Dezember 2020 während rund sechs Monaten nicht nach Luxemburg zurückkehren. Wichtige Papiere, die gemeinsam unterzeichnet werden müssen, müssen warten. Und dann fallen auch noch ein Großteil der liebevoll ausgesuchten und aus Marrakesch mitgebrachten Dekorationsgegenstände sowie die Elektrik den Wassermassen vom Juni 2021 zum Opfer – kurz vor der geplanten Eröffnung im Juni. Bis zu 50 Zentimeter steht das Untergeschoss des Lokals unter Wasser.

Bei den Überschwemmungen im Juni 2021 stand das Wasser auch im Keller des „Caftan“. Bis zur Eröffnung im September wurde alles wieder hergerichtet.
Bei den Überschwemmungen im Juni 2021 stand das Wasser auch im Keller des „Caftan“. Bis zur Eröffnung im September wurde alles wieder hergerichtet. Foto: Editpress/Julien Garroy

Trotzdem gibt das Geschwisterduo nicht auf. „Die arabische Mentalität ist nicht immer ganz logisch“, stellt Said Benaapache lachend fest und erklärt weiter: „Wir leben eher im Jetzt als in der Zukunft. Über die Gegenwart kann man selbst bestimmen, sie liegt in den eigenen Händen. Wenn man gut arbeitet, dann kommt die Zukunft von ganz alleine. Aber dabei sollte man nie vergessen, den Kontakt zu anderen Menschen zu pflegen. Mit anderen reden, gutes Essen – darauf kommt es an.“

Und das lässt sich im „Caftan“ inmitten eines aufwendig gestalteten Innenraums genießen. Es gibt zahlreiche Unikate, vieles ist selbstgemacht. So kommen die Dekorationen aus der Familienwerkstatt in Marrakesch, die mit Samt überzogenen Bänke haben Khalid und Said Benaapache vor Ort von Hand angefertigt. Wie ein Papagei, der auch auf dem Logo des „Caftan“ zu sehen ist, soll das Lokal farbenfroh sein. Und wie ein Kaftan – eine festliche Robe, die in Marokko ursprünglich vor allem zu Hochzeiten getragen wurde – soll es schick sein. 

Mithilfe von Freunden

Freund Jaouad Roukiba ging den beiden Söhnen aus einer Handwerkerfamilie bei der Einrichtung zur Hand und packt aktuell im Service mit an. „Ich ziehe den Hut vor den beiden, dass sie gerade in der Corona-Zeit das Risiko eingehen, eine Bar zu eröffnen. Mir war gleich klar, dass ich sie vor allem am Anfang unterstützen will“, erklärt der 35-jährige Marokkaner, der in Belgien aufgewachsen ist und dort gelebt und gearbeitet hat. Seinen Job als sportlicher Coach hat er gekündigt, um sich selbst ein Leben im Großherzogtum aufzubauen und seine Freunde bei der Eröffnung ihrer Bar zu unterstützen. Nun will der freundliche Coach im Bereich des Luxemburger Fußballs Fuß fassen. 

Der 35-jährige Jaouad Roukiba unterstützt die beiden Brüder in ihrem Vorhaben
Der 35-jährige Jaouad Roukiba unterstützt die beiden Brüder in ihrem Vorhaben Foto: Editpress/Julien Garroy

Für das Team von sechs Personen gab es in den ersten Wochen nach der Eröffnung am 15. September alle Hände voll zu tun – eine Tatsache, die die Inhaber freut. Denn so können sie weiter das Ziel verfolgen, das sie mit der Bar erreichen wollen: „Wir sind in Luxemburg gut aufgenommen worden und wollen mit der Bar nun etwas zurückgeben. Wir machen den Menschen eine Freude, indem wir sie mit auf eine Reise nehmen“, erklärt Said Benaapache.

Und tatsächlich: Wer auf einer der Samtbänke Platz nimmt, den süßen Duft eines frisch aufgebrühten Minztees einatmet und den Blick über den Innenraum im Stil von Tausendundeiner Nacht schweifen lässt, kann sich für einen Augenblick an einen anderen Ort träumen. Wenn die Menschen dabei entspannt lächeln, als wären sie gerade im Urlaub, wissen Khalid Benaapache und Bruder Said, dass sie ihr Ziel erreicht haben.

Issame
11. Oktober 2021 - 15.48

bonne chance et bon courage

Sepp
1. Oktober 2021 - 10.44

Mir fällt immer wieder auf wieviele Freunde man haben muss um sich selbstständig zu machen. Da gibt es einen Handwerker der die Stühle repariert, da gibt es einen Bruder der ein bisschen kellnert, die Familie die aus dem Ausland Waren schickt. Meine Schlussfolgerung ist also: Ohne Freunde und Familie kann man in diesem Land nichts auf die Beine stellen.

Miette
30. September 2021 - 21.54

Viel Erfolg wünsche ich von ganzem Herzen. Ich werde das tolle Restaurant bald besuchen, liebe die marrokanische Küche sehr❤