ParalympicsTom Habscheid verpasst in Tokio ganz knapp eine Medaille

Paralympics / Tom Habscheid verpasst in Tokio ganz knapp eine Medaille
Im Regen von Tokio konnte Tom Habscheid sein Potenzial nicht ganz abrufen Foto: ATP/AFLO

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In einem schwierigen Wettbewerb, bei strömendem Regen, erreicht der einzige luxemburgische Teilnehmer bei den Paralympics in Tokio, Tom Habscheid, den guten 4. Platz. Die Enttäuschung im Luxemburger Team ist aber nicht zu leugnen, denn insgeheim hatte man von einem Podiumsplatz geträumt.

Vor fünf Jahren, bei seiner paralympischen Premiere in Rio, landete Tom Habscheid auf dem 7. Platz. In Tokio, bei seinem zweiten Auftritt, hat sich der 35-Jährige auf Rang vier verbessert. Ein undankbarer Platz, da nur 21 Zentimeter zu einem Podestplatz und der so angestrebten Medaille fehlten. Ein großer Erfolg, bedenkt man, dass der Luxemburger sich letzten Sommer am gesunden Knie verletzte und rund sechs Monate nicht regulär trainieren konnte. Dabei hatte im Vorfeld, bei den letzten Vorbereitungen in der japanischen Hauptstadt, alles funktioniert. „Wir konnten jeden Tag eine Steigerung von 30 Zentimetern abrufen. Das Training am Vortag war optimal. Zudem hatten wir die letzten drei Tage bei Regen trainiert und uns den Bedingungen angepasst“, weiß sein Trainer Fernand Heintz zu berichten.

Am Wettkampftag hatte der Nieselregen der vorherigen Tage aufgehört und es regnete in Strömen. Die ewigen „Schrubber-Aktionen“ im Ring und der anschließende Versuch des Trocknens mit Tüchern zog den Wettkampf, der weit mehr als eine Stunde dauerte, unendlich lange hinaus. Hinzu kamen noch einige Unterbrechungen durch anstehende Siegerehrungen. Habscheid sucht jedoch keine Entschuldigungen beim Regen, denn eigentlich hatte er sich unter diesen Wetterbedingungen eine Chance ausgerechnet, ganz nach vorne angreifen zu können. „Ich bin enttäuscht, weil ich meine Leistung nicht wie erwartet abrufen konnte. Ich hatte schon mit dem Podium gerechnet, aber nah dran ist eben nicht dabei. Die Konkurrenten hatten alle einen guten Stoß, ich nicht einen. Mental war alles in Ordnung und der Wille war da, aber mein Körper wollte einfach nicht. Ich suche keine Ausreden, ich habe einfach nicht abgeliefert.“ Habscheid kam auch eigentlich gut mit den widrigen Begebenheiten im Stoßring zurecht und zeigte keine wesentlichen Unsicherheiten. Ganz im Gegenteil zum Dritten von Rio, dem Südafrikaner Tyrone Pillay, der gleich mehrere Male ausrutsche und sich sogar bei einem Versuch ernsthaft verletzte. 

Kein volles Risiko

Von Beginn an belegte Habscheid den vierten Rang. Der Iraner Sajad Mohammadian hatte sofort mit einer Saisonbestleistung (14,88 Meter) die Führung vor dem Favoriten Aled Davies und dem Kuwaiter Faisal Sorour (beide 14,13), dem sogar eine persönliche Bestmarke gelang, übernommen. Habscheid war mit einer Weite von 13,64 Metern in den Wettbewerb gestartet, konnte sich im zweiten Versuch auf 13,92 Meter verbessern. Mit seiner weiteren Serie von 13,26, 13,50, 13,80 und noch einmal 13,50 Metern blieb er jedoch weit unter seinen Möglichkeiten. Der Waliser Davies steigerte sich noch auf 15,33 Meter und konnte nach London 2012, Rio 2016 nun in Tokio sein drittes paralympisches Gold feiern.

Ein enttäuschter Tom Habscheid gratuliert seinem Dauerrivalen Aled Davies zu seinem dritten Paralympics-Sieg in Folge
Ein enttäuschter Tom Habscheid gratuliert seinem Dauerrivalen Aled Davies zu seinem dritten Paralympics-Sieg in Folge Foto: ATP/AFLO

Auffallend, dass Tom Habscheid als einziger Konkurrent sechs gültige Versuche bot. Und hier liegt vielleicht ein Problem. „Dies beweist, dass er kein volles Risiko gegangen ist“, analysiert Fernand Heintz diese Zahlen. „Eigentlich ist Tom ein Wettkampftyp. Deshalb habe ich bis zum Schluss daran geglaubt, dass er über 14 Meter stößt. Aber es war der Wurm drin. Schwer zu sagen, an was es gelegen hat.“ Der Sportdirektor des LPC und Delegationsleiter in Tokio, Marc Kiefer, unterstreicht, dass Habscheids 4. Platz das beste Abschneiden eines paralympischen Athleten aus Luxemburg seit 1984 bedeutet. „Leider konnte Tom sein Potenzial nicht ganz abrufen. Er konnte die besten Weiten von Mohammadian und Sorour nicht mehr kontern und blieb mit einer Weite 13,92 Metern unter seinen und unseren Erwartungen zurück. Mit einer Medaille hatte Tom im Vorfeld geliebäugelt, sodass er nun etwas enttäuscht ist, trotz des guten 4. Platzes.“ In seiner kurzfristigen Analyse erwägt Kiefer keine Änderungen in der unmittelbaren oder längerfristigen Vorbereitung und hebt hervor, dass sich Habscheid seit 2016 sowohl körperlich als auch mental stark verbessern konnte.

Ich bin enttäuscht, weil ich meine Leistung nicht wie erwartet abrufen konnte

Tom Habscheid

Fakt ist, dass Habscheid nach seiner Verletzung im letzten Jahr nie mehr zu seiner vorherigen Stabilität zurückfand, sich aber trotzdem glücklich schätzen konnte, wegen der Verlegung der Spiele auf 2021 überhaupt in Tokio antreten zu dürfen. Immerhin konnte er erst Anfang des Jahres wieder richtig ins Training einsteigen. Die momentane Enttäuschung über die verpasste Medaille dürfte somit auch nur vorübergehend sein. Was bleibt, ist das Resultat und ein guter 4. Platz unter den Besten der Welt. Seine Silbermedaille bei der Europameisterschaft im Juni rundet eine gute Saisonleistung ab, auf die der luxemburgische Para-Athlet stolz sein kann. 

Im Überblick

Kugelstoßen (F42/F63):
1. Aled Davies (GBR) 15,33 Meter, 2. Sajad Mohammadian (IRN) 14,88, 3. Faisal Sorour (KUW), 4. Tom Habscheid (LUX) 13,92, 5. Palitha Halgahawella (SRI) 13,40, 6. Mukhammad Rikhsimov (UZB) 13,26, 7. Ed Roberto Floriani (BRA) 12,82, 8. Tyrone Pillay (RSA) 11,94, 9. Akmal Qodirov (TJK) 8,44