Tageblatt: Beschreiben Sie sich in drei Wörtern.
Carine Mertes: Sozial, wissensdurstig und erwartungsvoll, sowohl mir selbst als leider auch anderen gegenüber.
Was wollen Sie mit Ihrer Kunst erreichen?
Natürlich soll sie gefallen. Was mir aber viel wichtiger ist, ist, den Menschen zu zeigen, dass Wolle sehr polyvalent ist. Früher wurde sie nur benutzt, um in Form von Hüten, Hausschuhen oder Mänteln warm zu halten, aber man kann so viel mehr damit machen. Drittens will ich naturnahe und nachhaltige Objekte herstellen. Wolle ist eine nachhaltige Ressource, die immer wieder nachwächst. Ich will keine chemischen Materialien wie Silikon in meinen Werken nutzen, auch wenn meine Vasen dann nicht dicht sind.
Mit welchem/welcher Künstler*in würden Sie gerne einmal zusammenarbeiten?
Mich interessieren besonders Synergien zwischen verschiedenen Materialien. Mit der Glasbläserin Pascale Seil wäre es bestimmt interessant, zusammenzuarbeitet. Ich würde gerne die Kombination zwischen Filz und Glas erforschen.
Welcher Teil des Kunstschaffens gefällt Ihnen am wenigsten?
Der Druck, sich immer neu erfinden zu müssen. Wie auch bei der Mode wollen die Leute immer etwas Neues. Dieser Zwang zur Kreativität hat mich besonders während der Pandemie gehemmt. Außerdem gibt es Kunden, die kein Verständnis für die Preise meiner Objekte haben. Da ich darauf achte, welche Wolle ich einkaufe und mich regelmäßig weiterbilde, habe ich hohe Ausgaben.
Wie erfahren Sie die Kunstszene als Frau?
Ich habe immer noch das Gefühl, dass Textilkunst belächelt wird, weil sie die Konnotation einer Frauenarbeit hat. Auf Märkten habe ich bemerkt, dass sich Männer zwar generell für die Technik des Filzens interessieren, nicht aber für die Produkte.
Was würden Sie sich für die luxemburgische Kunstszene wünschen?
Kunstwelt und Kunsthandwerk sind zweierlei. Ich habe das Gefühl, dass Kunst in Luxemburg bisher mehr Ansehen genossen hat als Kunsthandwerk. Ich wünsche mir, dass Initiativen wie „De Mains de Maîtres“ gepflegt werden, damit das Kunsthandwerk sichtbarer und der Übergang zwischen beiden Gruppen fließender wird. Außerdem wünsche ich mir mehr Zusammenarbeit zwischen Kunstschaffenden. Ich habe schon mit Maler*innen und Bildhauer*innen ausgestellt, da haben sich die Materialien wunderbar ergänzen.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Ich kann nicht damit aufhören, im Filz zu arbeiten. Vielleicht will ich neue Kombinationen innerhalb der Textilkunst ausprobieren.
Welche luxemburgische Künstlerin empfehlen Sie?
Die luxemburgische Goldschmiedin Martine Schmit, die ihr eigenes Geschäft in Luxemburg-Stadt hat. Wir haben auch schon zusammengearbeitet.
FR.A.RT
Frauen sind in der Kunstwelt nach wie vor unterrepräsentiert. Um dem entgegenzuwirken, stellt die FR.A.RT-Porträtserie Künstlerinnen vor, die eine Verbindung zu Luxemburg haben. Jedes Porträt besteht aus einem Interview und Fotos. Das Projekt schließt diverse visuelle Kunstgenres sowie etablierte Künstlerinnen und Newcomerinnen ein.
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