KonzertZwischen zwei Welten

Konzert / Zwischen zwei Welten
Visuelle Untermalung war bereits bei der Vorstellung der „Tokyo Stories“ in der Philharmonie ein Schlüsselelement seiner Konzerte

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Von Bach zu Techno: Der Spagat zwischen Klassik und Elektronik ist beim Luxemburger Musiker Francesco Tristano mittlerweile selbstverständlich, für seine vom Atelier organisierte p:anorig-Show am kommenden Sonntag wird es elektronisch und immersiv zugehen. Das Tageblatt hat sich mit dem Ausnahmemusiker über die Show, das Schaffen in der Pandemie und seine nächsten Projekte unterhalten.

Seit Jahren oszilliert Francesco Tristanos Arbeit zwischen klassischem Klavier und seiner Begeisterung für elektronische Klänge. Auf Platten wie dem rezenten „Tokyo Stories“, das Tristano vor zwei Jahren – als die Welt noch in Ordnung war – in der Philharmonie vorstellte, befinden sich beide Welten in einer faszinierenden Symbiose, die mitunter auch an die Arbeit von Nils Frahm erinnert. Für seinen vom Atelier organisierten Auftritt am Sonntag vor der Kulisse der Echternacher Abtei stellt Francesco Tristano dem Luxemburger Publikum erstmals sein immersives p:anorig-Projekt vor – eine Performance, die vor fünf Jahren ihr Debüt feierte und  auf eine quasi synästhetische Art elektronische Klänge und Lichtshow verschmelzen soll.

Tageblatt: Am kommenden Sonntag stellen Sie Ihr p:anorig-Konzert in Luxemburg vor. Können Sie das Konzept dahinter kurz erläutern?

Francesco Tristano: Es handelt sich um mein erstes immersives Projekt, das über die Essenz des Klaviers hinausgehen und mitunter dank des Lichtspiels den Zuhörer in eine Welt, die nicht nur aus Klängen besteht, eintauchen lassen soll – wofür es natürlich ein ganzes Team an Produzenten, Ton- und Lichttechnikern benötigt. Für das Spektakel war eine lange Vorbereitungszeit erforderlich, erste Vorstellungen gab es 2016 in Tokio und Berlin. Es wird dies die erste Projektvorstellung in Luxemburg sein und mein Team und ich sind nach diesen zwei verwirrenden und komischen Jahren gespannt und voller Vorfreude.

Hat sich das Projekt seit seiner ersten Vorstellung maßgeblich verändert? Gibt es Freiraum für Improvisation?

Gegenüber dem ursprünglichen Set gibt es so einige Änderungen und Zusätze, was natürlich auch mit sich gebracht hat, dass die Lichtshow umprogrammiert werden musste – bei p:anorig steht zu jedem Zeitpunkt das Zusammenspiel zwischen Musik und Licht im Vordergrund. In dem Sinne handelt es sich nicht mehr um das Projekt in seiner Originalform. Hinzu kommt, dass der Kontext ein anderer ist, wir haben eine Pandemie durchlebt und es ist eine ganze Weile her, dass wir das Projekt auf einer Bühne vorstellen durften – die letzte Show fand in Rom im Jahre 2019 statt.

Stichwort Pandemie: Wie haben sich die letzten anderthalb Jahre auf Ihren Schaffensprozess und Ihre Karriere ausgewirkt?

Die erste Herausforderung war, all das emotional durchzustehen. Nicht reisen zu dürfen, war die eine Sache, da das Reisen ein wichtiger Bestandteil meines Lebens und meiner Karriere ist. Des Weiteren bedeuteten die urplötzlichen Absagen aller Kulturevents, dass man an dem einen Tag noch auf der Bühne stand, um die erschaffenen Klangwelten mit anderen Menschen zu teilen – und einem diese in der Musik doch so fundamentale Erfahrung dann quasi von einem Moment auf den anderen genommen wurde.

Konnten Sie diese von außen auferlegte Pause nutzen, um den kreativen Schaffensprozess voranzutreiben?

Ehrlich gesagt war ich während dieser doch sehr verwirrenden Zeit nicht wahnsinnig produktiv. Dennoch konnte ich mein neues Soloalbum, an dem ich zuvor schon gewerkelt hatte, aufnehmen und hatte Zeit, eine Reihe von Remixes, die ich eh machen wollte, fertigzustellen. Zudem soll ein neues elektronisches Projekt folgen, sodass ich trotzdem nicht den Eindruck habe, allzu viel Zeit verloren zu haben.

Können Sie bereits mehr über das Album und die Projekte verraten?

Sehr explizit will ich noch nicht werden, ich kann allerdings verraten, dass sich das Projekt rund um die „Musique ancienne“ – also um modale Musik aus der Renaissance, dem 16. und dem 17. Jahrhundert – bewegt, der ich huldigen möchte, indem ich ihr gleichzeitig einen persönlichen Touch gebe: Die Idee ist, so etwas wie eine Playlist rund um die „Musique ancienne“ zu erstellen. Mit meinem nächsten elektronischen Projekten gedenke ich, mich dem Berliner Techno der 90er Jahre zu nähern.

Sie sind in zwei ziemlich unterschiedlichen Welten zu Hause – wie stimmt man dies in der Praxis ab? Gibt es eine Verschmelzung von beiden Universen?

Es gibt natürlich eine ganze Reihe an zum Teil kontextbedingten Unterschieden zwischen den Welten der Klassik und der Technomusik. Die Klangtexturen, die Art, wie sich die Harmonien in den Konzertsälen oder in einem Club entfalten, die Umstände, unter denen man die Musik erlebt, könnten unterschiedlicher fast nicht sein – es ist doch etwas ganz anderes, ob man um 18 Uhr in einer Konzerthalle sitzt oder gegen Morgengrauen auf einem Dancefloor tanzt. In der Gestaltung und den Umständen sind beide Welten deswegen diametral entgegengesetzt. Und dennoch: Musik ist eine universelle Sprache, die im Gegensatz zu dem, was wir in den letzten Jahren erfahren mussten, keine Territorialität, keine Grenzen, keine geopolitischen Einschränkungen kennt. Und innerhalb dieser Sprache arbeitet man mit den gleichen Konsonanten und Vokalen – auch wenn sich daraus die unterschiedlichsten Wortbildungen, Möglichkeiten und Welten ergeben können.

Das Konzert findet am 1. Februar um 20.00 Uhr im Abteihof Echternach statt.