Klimawandel und LuftfahrtEU plant Mindeststeuer für umweltschädliche Flugkraftstoffe

Klimawandel und Luftfahrt / EU plant Mindeststeuer für umweltschädliche Flugkraftstoffe
Die nationale Fluggesellschaft Luxair sieht den Vorschlag der EU-Kommission aus Brüssel, einen Mindeststeuersatz für umweltschädliche Flugkraftstoffe einzuführen, kritisch Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Die Europäische Kommission plant einem Entwurf zufolge einen EU-weiten Mindeststeuersatz für umweltschädliche Flugkraftstoffe. Luxemburgs Fluggesellschaft Luxair begegnet dem Entwurf aus Brüssel verhalten und fordert, auch „erdgebundene Transportlösungen“ bei dem Vorhaben zu berücksichtigen und zu besteuern.

Das Ziel ist klar: Die Europäische Union hat sich verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden. Bereits bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um mindestens 55 Prozent sinken. An diesem Mittwoch will die für europäische Gesetzgebungsvorschläge zuständige EU-Kommission nun sagen, wie der Weg dorthin aussehen soll.

Im Gespräch sind etwa strengere Kohlendioxid-Grenzwerte für Autos. Im Verkehrssektor gab es in den vergangenen Jahrzehnten keinen wirklichen Rückgang der Treibhausgasemissionen. Die Fahrzeuge selbst stoßen zwar im Schnitt heute weniger aus, aber es gibt deutlich mehr Verkehr. Bisher gilt, dass der CO2-Ausstoß bei Neuwagen 2030 im Schnitt um 37,5 Prozent niedriger sein muss als 2021. Es wird erwartet, dass die EU-Kommission vorschlägt, die Zielvorgabe auf einen Wert von 50 oder noch mehr Prozent anzuheben.

Nicht ganz ausgeschlossen ist auch, dass für 2035 ein Einsparziel von 100 Prozent zur Diskussion gestellt wird. Sollte dies tatsächlich so kommen, dürfte das Aus für herkömmliche Benziner und Diesel besiegelt sein. Autohersteller machen allerdings deutlich, dass strengere Grenzwerte nur dann machbar seien, wenn die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge verbindlich ausgebaut wird.

Luxair reagiert

Auch die Luftfahrtbranche wird bei diesem Thema jetzt nicht mehr ausgeklammert. Nicht nur Luxair, alle Airlines seien von der geplanten EU-Kerosinsteuer betroffen, heißt es in einer schriftlichen Antwort ans Tageblatt am Donnerstag: „Keine Firma soll ihr Geschäft auf dem Rücken der Natur machen und Luxair wird seinen Teil dazu beitragen.“ Wichtig sei es, dass es ein „level-playing field“ (dt.: „gemeinsames Betätigungsfeld“) innerhalb Europas und an den Außengrenzen gebe, welches ökologische, wirtschaftliche und soziale Gegebenheiten berücksichtige, so die Luxair in ihrer Antwort. Der Luftfahrt allein den schwarzen Peter zuzuschieben, dagegen wehrt man sich am Findel. Erdgebundene Transportlösungen müssten natürlich miteinbezogen und besteuert werden, heißt es. 

Die geplante Besteuerung würde auch den Luxemburger Nationalcarrier finanziell belasten. „Airlines haben heute schon eine sehr kleine Rendite. Das Geschäftsmodell wird durch weitere Kosten umso mehr erschwert, wenn auch soziale Kriterien berücksichtigt werden müssen“, schreibt Luxair in der Antwort. 

Laut ihren Angaben bemühe sich die Fluggesellschaft bereits jetzt, „so spriteffizient wie möglich zu fliegen“. Doch diese Anstrengungen haben spätestens dann ihre Grenzen erreicht, wenn es um die Motoren geht, heißt es. „Wir sind darauf angewiesen, dass die Motorenhersteller ihre Flugzeugmotoren zumindest auf Bio-Sprit umstellen und genehmigen.“ Zusätzlich will Luxair in den kommenden Jahren in moderne Flugzeuge investieren, um so CO2-effizienter zu fliegen, heißt es.

EU-Emissionshandel

Im Rahmen des Emissionshandelssystems (EU-ETS) soll es weniger Verschmutzungsrechte geben. Bestimmte Unternehmen brauchen derzeit für den Ausstoß bestimmter Treibhausgase Zertifikate, die sie entweder kaufen müssen oder kostenlos zugeteilt bekommen. Die Menge an Zertifikaten sinkt stetig – für Unternehmen ein Anreiz, ihre Emissionen so weit wie möglich zu reduzieren. Die Menge der verfügbaren Verschmutzungszertifikate dürfte in den kommenden Jahren noch stärker gesenkt werden, ebenso die der kostenlos abgegebenen Zertifikate.

Zudem gibt es die Überlegung, EU-weit für die im Verkehr und in Gebäuden genutzten Brennstoffe ein Emissionshandelssystem zu schaffen. Der Preis fossiler Brenn- und Kraftstoffe wie Erdgas, Kohle, Diesel und Benzin würde sich dann vermutlich erhöhen. Unklar ist, wie verhindert werden soll, dass Verbraucher mit vergleichsweise niedrigeren Einkommen überdurchschnittlich belastet würden.

Um Unternehmen zu schützen, die im Wettbewerb mit Firmen stehen, die außerhalb der EU weniger in Klimaschutz investieren müssen, ist ein sogenannter CO2-Grenzausgleichsmechanismus geplant. Er soll Arbeitsplätze sichern und verhindern, dass Emissionen ins Ausland verlagert werden. Auf bestimmte Produkte könnte so eine CO2-Abgabe eingeführt werden – damit könnte Strom, Stahl oder Aluminium aus Nicht-EU-Ländern mit weniger strengen Klimaschutzauflagen deutlich teurer werden.

Erneuerbare Energien

Zudem dürfte es unter anderem neue Ziele für erneuerbare Energien geben. Derzeit gilt, dass ihr Anteil am Energiemix spätestens im Jahr 2030 32 Prozent erreichen soll. Wahrscheinlich ist, dass diese EU-weite verbindliche Zielvorgabe deutlich angehoben wird – zum Beispiel auf 40 Prozent. Die Luftfahrtbranche befürchtet eine europaweite Kerosinsteuer.

Künftig sollen schließlich auch mehr Emissionen etwa durch Aufforstung kompensiert werden. Dadurch soll der Treibhausgasausstoß u.a. in der Landwirtschaft ausgeglichen werden. Denn solange wir etwa Milchprodukte und Fleisch essen, werden Treibhausgase wie Methan durch die Verdauung von Kühen produziert. Umweltschützer warnen jedoch vor zu viel Kompensation, denn z.B. ein Waldbrand könne viele CO2-Emissionen wieder freisetzen.

Nach der Präsentation der Vorschläge an diesem Mittwoch fangen die eigentlichen Verhandlungen an. Sie werden vor allem zwischen den Mitgliedstaaten im Rat der EU und dem Europäischen Parlament geführt werden. Wie lange die Gespräche dauern, ist unklar. Grundsätzlich ist aber Eile geboten, um Industrie und Verbrauchern möglichst viel Zeit für die Umstellungen und Reduktionen zu geben. 

lucilinburhuc
22. Juli 2021 - 15.34

" Wie lange die Gespräche dauern, ist unklar." - Voraussichtlich 2 Jahren. Dann bleiben uns nur noch in etwa 7 Jahren bis der Meilenstein 2030...