RadsportDoping-Verdacht bei der Tour: Polizei durchsucht Teamhotel von Bahrain Victorious

Radsport / Doping-Verdacht bei der Tour: Polizei durchsucht Teamhotel von Bahrain Victorious
Das Team Bahrain Victorious ist ins Visier der Dopingjäger geraten Foto: AFP/Thomas Samson

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Die französische Polizei hat im Rahmen der Tour de France am Mittwochabend das Hotel des Teams Bahrain Victorious in Pau durchsucht. Es geht um Doping-Verdacht.

Eine Polizei-Razzia hat in der finalen Woche der Tour de France ein mittelschweres Erdbeben ausgelöst. Die französischen Behörden durchsuchten wegen Doping-Verdachts bis tief in die Nacht auf Donnerstag das Hotel des bislang stärksten Tour-Teams Bahrain Victorious in Pau. Dies teilte die Staatsanwaltschaft Marseille mit.

Es sei bereits am 3. Juli eine Voruntersuchung wegen des möglichen „Erwerbs, des Transports, des Besitzes und der Einfuhr einer verbotenen Substanz oder Methode zur Verwendung durch einen Athleten ohne medizinische Rechtfertigung“ eingeleitet worden, hieß es in einem Statement der Staatsanwaltschaft. Das Verfahren werde fortgesetzt, um die Hintergründe zu untersuchen.

Bahrain bestätigte den Sachverhalt, fügte aber hinzu, dass die Gründe für die Durchsuchung unbekannt seien. Das Team habe sich „zu höchster Professionalität und zur Einhaltung aller Vorschriften verpflichtet“ und werde immer „auf professionelle Art und Weise kooperieren“, hieß es in einer Mitteilung.

Die sieben verbliebenen Bahrain-Victorious-Fahrer um den Niederländer Wout Poels, den Führenden in der Bergwertung, traten am Donnerstag wie geplant zur 18. Tour-Etappe nach Luz Ardiden an.

„Wir zahlen den Preis für unsere Leistung“, sagte Sonny Colbrelli, der in der Punktewertung derzeit den dritten Platz belegt. Eine solche Razzia würde geschehen, wenn man intensive Höhentrainingslager durchführe, sich gut vorbereite und viel Geld ausgebe, ergänzte der italienische Meister: „Wenn man gute Ergebnisse erzielt, dann passiert so etwas.“

Keine Verhaftungen

Die Durchsuchung sei von der Polizei der Zentralstelle für den Kampf gegen Verstöße gegen die Umwelt und die öffentliche Gesundheit (Oclaesp) durchgeführt worden, berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf eine nahestehende Quelle.

„Es war nichts Besonderes, wir hatten einen Besuch von der Polizei. Sie haben nach den Trainingsunterlagen der Fahrer gefragt, den Bus kontrolliert, und das war’s“, sagte Teamchef Milan Erzen dem Fachportal Cyclingnews. Die Fahrer seien „eine Stunde lang gestört worden. Sie haben uns nicht gesagt, was der Grund für den Besuch ist, aber wir werden es heute über unsere Anwälte herausfinden.“

Hotelzimmer der Fahrer und des Staffs wurden durchsucht, Verhaftungen habe es nicht gegeben. Laut Informationen des Fachportals waren bis zu 50 Polizeibeamte im Einsatz.

Das Team aus dem Königreich verbuchte bei der laufenden 108. Großen Schleife bereits zwei Etappenerfolge, Matej Mohoric (Slowenien) und Dylan Teuns (Belgien) triumphierten auf den Teilabschnitten sieben und acht. Poels führte vor der 18. Etappe am Donnerstag zudem die Bergwertung an, auch in der Teamwertung lag Bahrain Victorious vor der letzten Pyrenäen-Etappe an der Spitze.

Verbindungen zur „Operation Aderlass“

Bereits im Juni hatte Teamchef Erzen sein Team verteidigen müssen, nachdem in französischen Medien nach den jüngst starken Leistungen von Bahrain Victorious sowohl beim Giro d’Italia als auch beim Critérium du Dauphiné über Dopingvorwürfe berichtet worden war. „Mich interessiert nicht, was andere Teamchefs sagen. Derjenige kann alles erzählen, was er will“, hatte Erzen gesagt.

Erzen war in der Vergangenheit bereits vom Weltverband UCI wegen angeblicher Verbindungen zur „Operation Aderlass“ beobachtet worden. Bei dieser waren nach Aussagen des früheren österreichischen Ski-Langläufers Johannes Dürr die Blutdopingpraktiken des Erfurter Sportarztes Mark S. aufgedeckt worden.

Die Corona-Pandemie hat den Kampf gegen Doping erschwert und die Anzahl der Tests im Radsport reduziert. Die UCI hatte Anfang Juni aber versichert, dass die Tests außerhalb von Wettkämpfen „auf ein normales Niveau zurückgekehrt“ seien. (SID)