Politischer EndspurtCovid-Gesetz wird vor Sommerpause verlängert – Parlament wird Arbeit im September wieder aufnehmen

Politischer Endspurt / Covid-Gesetz wird vor Sommerpause verlängert – Parlament wird Arbeit im September wieder aufnehmen
Die legislative Kammer Luxemburgs hofft auf einen ruhigeren Sommer als vergangenes Jahr Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Das Luxemburger Parlament kann getrost als politischer Wechselblüter bezeichnet werden. Mit der ansteigenden Hitze, die unverkennbar die kommende Sommerpause ankündigt, verfällt auch die Chamber in einen zunehmend trägeren Rhythmus – bis sie Mitte Juli zu einem kompletten Stillstand kommt. Doch in Corona-Zeiten ist alles anders, die legislative Kammer wappnet sich für den Endspurt. Was vor der Sommerpause noch auf dem Programm steht und welche Entscheidungen erst im September gefällt werden, finden Sie hier im Überblick.

Normalerweise geht es gen Sommer etwas gemächlicher in Luxemburgs Polit-System zu. Eigentlich – würde nicht die Corona-Pandemie seit über einem Jahr den Takt angeben. Parlamentspräsident Fernand Etgen (DP) spricht von einem gut gefüllten Programm vor den Sommerferien. „Wir werden die letzten Sitzungen alle brauchen, um das Restprogramm vor den Sommerferien abzuarbeiten. Es muss noch über einige wichtige Gesetzesprojekte abgestimmt und Orientierungsdebatten geführt werden“, sagt Etgen gegenüber dem Tageblatt. Im September wolle man die Arbeiten dann aber wieder aufnehmen – und nicht bis zur offiziellen parlamentarischen „Rentrée“ Anfang Oktober warten, kündigt der DP-Parlamentspräsident an.

Vergangenes Jahr mussten die Abgeordneten wegen der Pandemie noch im August zur Abstimmung antreten – und ihren Job einen Monat danach wieder aufnehmen. Nun soll ein Großteil der anfallenden Aufgaben noch vor der Sommerpause erledigt werden. Die Corona-Pandemie bleibt in fast allen Ausschüssen der gemeinsame Nenner.

Corona-Gesetzgebung

Eine der wohl spannendsten Fragen wird sein, wie Regierung und Parlament die Corona-Gesetzgebung über den Sommer handhaben werden. Der Präsident der Gesundheitskommission, Mars di Bartolomeo (LSAP), sagt im Gespräch mit dem Tageblatt, dass der Gesetzgeber Mitte Juli noch mal aktiv werden wird. „Die Gesundheitskommission muss vor dem 15. Juli auf jeden Fall noch einmal zusammentreten, sollte das Virus nicht auf wundersame Weise verschwinden“, sagt der LSAP-Politiker.

In den vergangenen Monaten hat das Parlament die Covid-Gesetzgebung um jeweils einen Monat verlängert – was bei gleichbleibendem Schema eine Verlängerung von Mitte Juli bis Mitte August bedeuten würde – und genau in die Sommerpause fallen würde. „Ich glaube, es hätte niemand etwas dagegen, wenn wir ein Gesetz stimmen würden, das über den gesamten Sommer gültig sein wird“, meint Mars di Bartolomeo in der Hinsicht.

Gesundheitskommission

Gesetzesprojekte, die derzeit in der Gesundheitskommission besprochen werden, hält der Kommissionspräsident noch nicht für spruchreif. Auch das neue Arzneimittel-Gesetz werde nicht vor der Sommerpause zur Abstimmung gebracht.

Zusammen mit der Kommission für Arbeit, Beschäftigung und Sozialversicherung wolle man aber eine gemeinsame Ausschusssitzung organisieren, um im Kontext des „Gesondheetsdësch“ über die Finanzierung des Luxemburger Gesundheitswesens zu diskutieren, sagt di Bartolomeo.

Bildungskommission

Die Arbeiten der Bildungskommission wurden in den letzten Monaten ebenfalls von einem Thema dominiert: Corona. Für die „Rentrée“ im September wolle man aber einen möglichst coronafreien Neustart wagen: „Der Schulstart im September soll möglichst ohne Beschränkungen vonstattengehen“, sagt der Präsident der Bildungskommission Gilles Baum (DP) gegenüber dem Tageblatt.

Wegen Corona sollen vor der Sommerpause noch einige kleinere Gesetzesprojekte gestimmt werden, bevor sich die Abgeordneten in die Sommerpause verabschieden. Ein wichtiger Gesetzentwurf betrifft die Lehrerausbildung in Luxemburg. Wegen der Corona-Pandemie und den einschränkenden Maßnahmen der Regierung müssen angehende Lehrer erst am Ende ihrer zweijährigen Probezeit ein Rettungsschwimmerdiplom und einen erfolgreich bestandenen Erste-Hilfe-Kurs vorzeigen.

Die Corona-Pandemie hat auch das Leben der Studenten im vergangenen Jahr maßgeblich bestimmt. Studenten, die im akademischen Jahr 2020/2021 an einer Universität eingeschrieben waren, sollen für ein zusätzliches Semester eine Beihilfe beim „Centre de documentation et d’information sur l’enseignement supérieur“ (Cedies) anfragen können, sollte sich das Studium pandemiebedingt verlängern. Am Dienstag wird das Gutachten des Staatsrats erwartet, das Gesetz soll zum 1. August in Kraft treten.

Ein weiterer Gesetzentwurf, der möglichst schnell verabschiedet werden soll, betrifft die Anerkennung der Diplome britischer Staatsbürger im Gesundheitssektor. Da auf europäischem Niveau noch keine neue Regelung seit dem Austritt Großbritanniens in Kraft getreten ist, sieht sich das Luxemburger Parlament genötigt, selbst aktiv zu werden. Diplome mit Bezug zum Gesundheitssektor, die in Großbritannien erworben wurden, sollen in Luxemburg auf Basis eines „droit acquis“ anerkannt werden.

Außerdem wird im Chamberausschuss über einen Gesetzentwurf diskutiert, der den Verpflegungsdienstleister Restopolis in eine staatliche Administration umwandeln soll, die dem Bildungsministerium direkt unterstellt werden soll. Restopolis ist ein Dienstleister, der unter anderem in Luxemburgs Schulen und der Universität die Kantinen betreibt.

Justizkommission

Bei der Justiz dominiert ebenfalls Corona die Gesetzgebung vor der Sommerpause. Die Ausnahmeregelung, dass zivile Hochzeiten auch außerhalb des Rathauses begangen werden können, wird bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. Wie Sie unter dem neuen Covid-Check-System eine Hochzeit feiern können, lesen Sie hier.

Auch die derzeit geltenden Regelungen bei Gerichtssitzungen sollen noch vor der Sommerpause bis zum 31. Dezember verlängert werden – ebenso wie die Ausnahmeregelungen, die Vereinen eine größere Flexibilität bei der Ausrichtung ihrer Generalversammlungen zugestehen.

Arbeitskommission

Der Präsident der Arbeitskommission, Georges Engel (LSAP), sagt dem Tageblatt, dass vor den Sommerferien keine größeren Projekte mehr aus der Arbeitskommission kommen. Jedoch kündigt der LSAP-Politiker an, dass man mit den Sozialpartnern wohl zu einer Übereinkunft beim Thema Telearbeit kommen werde. Engel kann allerdings noch keine Details nennen.

Arbeitsminister Dan Kersch (LSAP) werde der Arbeitskommission aber wahrscheinlich noch ein Gesetzesprojekt zum „droit à la déconnexion“ („Recht auf Ausloggen“) vorlegen, das im Rahmen des Home-Office ja auch zunehmend interessanter werde, sagt Engel. Im Regierungsrat werde dann demnächst über ein Gesetzesprojekt zum Thema Mobbing beraten. „Ob wir noch vor der Sommerpause an dem Gesetzesprojekt arbeiten werden, weiß ich jedoch nicht“, sagt der LSAP-Fraktionsvorsitzende.

Die Arbeitskommission beschäftigt sich mittlerweile auch zunehmend mit dem Phänomen der Plattformarbeit. „Wir versuchen, die Plattformarbeit mit unserem Arbeitsrecht in Einklang zu bringen“, sagt Engel. Es bestehe die Gefahr, dass Arbeitende rechtlich gesehen als „Selbstständige“ gelten, faktisch jedoch von den Internetplattformen abhängig sind – und somit keine soziale Absicherung genießen. Diese Scheinselbstständigen („faux indépendants“) sollen in Luxemburg möglichst vermieden werden, sagt Engel.

Wohnungsbau

Der Pacte Logement 2.0, der besonders bei den Gewerkschaften nicht auf Gegenliebe stößt, soll ebenfalls noch vor der Sommerpause im Plenum verabschiedet werden, teilt Parlamentspräsident Fernand Etgen dem Tageblatt mit.

Verfassungsreform

Über die Luxemburger Verfassungsreform wird vor den Sommerferien nicht mehr abgestimmt werden. Das haben mehrere Mitglieder der zuständigen Kommission dem Tageblatt gegenüber bestätigt. Nun aber hat der Präsident der zuständigen Kommission Mars di Bartolomeo einen ambitionierten Fahrplan vorgelegt. Schon zur „Rentrée“ könne über das Kapitel zur Justiz eine erste Abstimmung in der Chamber stattfinden, sagt der LSAP-Politiker.


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J.C. Kemp
23. Juni 2021 - 16.46

Mit dem Unterschied, dass Wechselblüter mit steigender Temperatur lebhafter werden. Da hinkt der Vergleich.