Formel 1Verstappen schlägt Hamilton im Herzschlagfinale

Formel 1 / Verstappen schlägt Hamilton im Herzschlagfinale
Red Bull und Mercedes lieferten sich in Le Castellet ein Kopf-an-Kopf-Rennen Foto: AFP/Christophe Simon

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Max Verstappen bezwingt Lewis Hamilton nach einer nervenaufreibenden Aufholjagd – auch die Mercedes-Hochburg Le Castellet ist gefallen.

Max Verstappen hätte im Siegesrausch um ein Haar seinen Vater Jos und seine Freundin Kelly übersehen. Im Duell der Generationen um die Formel-1-Krone hat der 23-Jährige den Dauer-Weltmeistern Mercedes und Lewis Hamilton mit einer gewagten Strategie einen Tiefschlag versetzt. Der Red-Bull-Star baute durch das entscheidende Überholmanöver in der vorletzten Runde seine WM-Führung vor dem doppelten Heimrennen in Spielberg auf zwölf Punkte aus – und hinterließ bei Mercedes einen Berg von Sorgen.

„Das geht auf uns“, funkte Silberpfeil-Chefstratege James Vowles schuldbewusst an den aufopfernd kämpfenden Hamilton. Der siebenmalige Champion war in der einstigen Mercedes-Hochburg Le Castellet über das gesamte Wochenende langsamer als Verstappen und durfte doch fast bis zur Zielflagge auf den Sieg hoffen. Letztlich hatte der 36-Jährige aber keine Abwehrchance gegen Verstappen, der einmal häufiger beim Reifenwechsel war und auf frischeren Pneus vorbeizog. Im Mai in Barcelona hatte Hamilton mit dieser Taktik noch die Nase vorn gehabt.

Überholmanöver in der zweitletzten Runde

„Die Strategie war der Schlüssel“, sagte Verstappen nach seinem 13. Formel-1-Sieg: „Ich habe das genossen. Wir kämpfen weiter, das wird noch eine aufregende Saison.“ Für Hamilton war auch der zweite Rang dicht hinter dem Niederländer und vor dessen Teamkollegen Sergio Perez (Mexiko) nach schwierigen Tagen offensichtlich ein Trost. „Wir hatten das ganze Wochenende über Probleme“, sagte er, „dafür ist das ein gutes Resultat. Wir haben auf den Geraden viel auf Red Bull verloren, das müssen wir uns nochmal genauer anschauen.“

Le Castellet galt eigentlich als Mercedes-Strecke, nach den desaströsen Vorstellungen der Dauersieger auf den Stadtkursen in Monaco und Baku hoffte man auf der konventionellen Rennstrecke von Paul Ricard auf eine Rückkehr zur Normalität – immerhin feierte der 36-jährige Hamilton bei den vergangenen beiden Auflagen in Südfrankreich jeweils ungefährdete Siege.

Doch in diesem Jahr ist Red Bull mindestens auf Augenhöhe. Auf den Geraden hatte Verstappen sogar deutliche Vorteile gegenüber Hamilton und dessen Teamkollegen Valtteri Bottas. Noch wertvoller für Verstappen könnte aber die Signalwirkung sein. „Diese Strecke war in den letzten Jahren eine solche Hochburg für Mercedes. Wenn wir sie hier schlagen können, dann können wir sie eigentlich überall schlagen“, hatte Red-Bull-Teamchef Christian Horner nach dem Qualifying am Sky-Mikrofon gesagt.

Besonders auffällig: Red Bull macht Mercedes nun auch bei der Strategie Konkurrenz, konnte damit eigene Fehler übertünchen. „Irgendwo ist der Wurm drin. Wir müssen so etwas vermeiden und den Fehlerteufel austreiben“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff bei Sky: „Es war ein Abwägen bei der Strategie. Heute haben wir die schwächere Karte gezogen.“

Hamilton erklärte, er habe „den bestmöglichen Job gemacht“, sei nicht am Boden zerstört, aber: „Wir hätten früher stoppen und einen Zwei-Stopp machen können. Dann hätten wir wahrscheinlich das Rennen gewonnen.“

Verstappen gewann den Start, rutschte aber in der zweiten Kurve weg und musste Hamilton passieren lassen. Der Brite konnte sich Zehntel um Zehntel absetzen. Als Verstappen am Ende der 18. Runde zum Reifenwechsel in die Box kam, betrug sein Rückstand auf den WM-Rivalen gute drei Sekunden – doch diese holte er in einer Runde auf: Als Hamilton einen Umlauf später aus der Boxengasse auf die Strecke zurückrollte, hatte Verstappen knapp die Nase vorn.

Hamilton attackierte, kam aber nicht in Schlagdistanz. Verstappen klagte allerdings alarmierend früh über nachlassende Reifen, 21 Runden vor Rennende tauschte der Niederländer nochmal auf Medium, Hamilton blieb draußen und schonte seine Pneus.

Doch es nutzte nichts. Verstappen machte es wie Hamilton beim vierten Saisonrennen in Barcelona. Er nahm einen zwischenzeitlichen Platzverlust in Kauf, um mit frischen Reifen wie in Siebenmeilenstiefeln die Spitze zurückzuerobern. Phasenweise war Verstappen zwei Sekunden pro Runde schneller als Hamilton, in der 52. von 53 Runden übernahm der Niederländer die Spitze.

Im Überblick

Großer Preis von Frankreich, 7. von 24 Läufen zur Formel-1-WM 2021, 53 Runden = 309,690 km:
1. Max Verstappen (Niederlande) Red Bull 1:27:25,770 Stunden (212,530 km/h im Schnitt), 2. Lewis Hamilton (Großbritannien) Mercedes 2,904 Sekunden zurück, 3. Sergio Perez (Mexiko) Red Bull 8,811, 4. Valtteri Bottas (Finnland) Mercedes 14,618, 5. Lando Norris (Großbritannien) McLaren 1:04,032 Minuten zurück, 6. Daniel Ricciardo (Australien) McLaren 1:15,857, 7. Pierre Gasly (Frankreich) AlphaTauri 1:16,596, 8. Fernando Alonso (Spanien) Alpine 1:17,695, 9. Sebastian Vettel (Deutschland) Aston Martin 1:19,666, 10. Lance Stroll (Kanada) Aston Martin 1:31,946, 11. Carlos Sainz jr. (Spanien) Ferrari 1:39,337, eine Runde zurück: 12. George Russell (Großbritannien) Williams, 13. Yuki Tsunoda (Japan) AlphaTauri, 14. Esteban Ocon (Frankreich) Alpine, 15. Antonio Giovinazzi (Italien) Alfa Romeo, 16. Charles Leclerc (Monaco) Ferrari, 17. Kimi Räikkönen (Finnland) Alfa Romeo, 18. Nicholas Latifi (Kanada) Williams, 19. Mick Schumacher (Deutschland) Haas, 20. Nikita Masepin (Russland) Haas
Schnellste Rennrunde: Verstappen 1:36,404 (35. Runde)

Nach dem Großen Preis von Frankreich ergibt sich folgender Stand in der Fahrerwertung:

1. Verstappen 131, 2. Hamilton 119, 3. Perez 84, 4. Norris 76, 5. Bottas 59, 6. Leclerc 52, 7. Sainz jr. 42, 8. Gasly 37, 9. Ricciardo 34, 10. Vettel 30, 11. Alonso 17, 12. Ocon 12, 13. Stroll 10, 14. Tsunoda 8, 15. Räikkönen 1, 16. Giovinazzi 1

Teamwertung:
1. Red Bull 215, 2. Mercedes 178, 3. McLaren 110, 4. Ferrari 94, 5. AlphaTauri 45, 6. Aston Martin 40, 7. Alpine 29, 8. Alfa Romeo 2

Im Duell der Generationen hat Max Verstappen (links) die Nase aktuell vorn
Im Duell der Generationen hat Max Verstappen (links) die Nase aktuell vorn Foto: AFP/Christophe Simon