Reportage / „Drogensuche nur ein Spiel“: So bildet der Zoll seine Spürhunde aus
Sie sind der Schreck der Drogenhändler in Luxemburg: die Einsatzteams des Zolls mit ihren Spürhunden. Doch wie werden die Tiere eigentlich ausgebildet? Das Tageblatt hat die Ausbildungsstätte der Spürhunde der „Brigade de recherches et cynotechnique“ besucht und mit den Drogenfahndern über die Beziehung zwischen Tier und Trainer geredet. Das alles an einem historischen Ort: dem „Birelerhaff“ in Sandweiler.
Hund Kobe rennt auf einer Hofwiese in Sandweiler über eine Rampe, danach folgt ein Slalom. Sein Herrchen begleitet ihn auf Schritt und Tritt. Alle paar Sekunden schaut das Tier seinen Hundehalter erwartungsvoll an, denn jedes korrekte Verhalten wird belohnt. Was kinderleicht aussieht, „erfordert viel Einfühlungsvermögen und Wissen“, sagt Sam*, der Verantwortliche für die Ausbildung der Spürhunde bei der „Brigade de recherches et cynotechnique“ des Zolls.
Der Ausbilder könne die Körpersprache des Hundes deuten. „Man muss wissen, wie man mit dem Tier spielt, und zwar so ähnlich, wie Hunde untereinander spielen“, erklärt Sam. Der Hund bekomme dann praktisch nie genug von den Übungen.
Das heiß begehrte Spielzeug des Hundes ist Dreh- und Angelpunkt des Trainings – das Röhrchen aus Plastik ist die Belohnung, die den Hund antreibt. „Wichtig ist, dass der Hund nicht weiß, wann genau er das Spielzeug bekommt“, sagt Sam. Der tägliche Ernst des Fahnders sei „für den Spürhund nur ein Spiel“, sagt der Hundetrainer. Denn das Tier glaube sein Leben lang, es würde seinem Spielzeug hinterherjagen.
Drogen, Geld und Sprengstoff
Das Training besteht aus zwei Teilen: Erst kommt das Gehorsamstraining, bei dem das Tier lernt, seinem Herrchen zu vertrauen. „Ein Hund hat so wie wir Menschen auch eine Komfortzone“, erklärt Sam. Damit der Vierbeiner den Ausbilder an sich ranlässt, werde immer zuerst der Gehorsam trainiert. Hierbei muss der Hund in Begleitung des Ausbilders verschiedene Hindernisparcours durchlaufen. Dieses Training dauert ein bis zwei Monate.
„Danach lernt der Hund im Suchtraining, Drogen, Geld, Sprengstoff oder andere Substanzen zu finden“, erklärt Sam weiter. Die Methode: Das Tier steht vor mehreren Kisten, von denen nur eine die Substanz und auch das Spielzeug enthält. Findet der Vierbeiner die Substanz durch seinen ausgeprägten Geruchssinn, folgt automatisch die Belohnung: Das Lieblingsobjekt ist an der gleichen Stelle. „Manchmal liegt das Spielzeug aber auch in einer anderen Kiste, das soll dem Hund vermitteln, dass es nicht allein auf diesen Gegenstand ankommt“, sagt Sam. Niemals kommt der Hund mit einer illegalen Substanz direkt in Kontakt. Dieser Teil der Ausbildung dauert acht bis zwölf Monate und findet an einem historischen Ort statt: dem „Birelerhaff“.
Der aus dem 14. Jahrhundert stammende „Birelerhaff“ in Sandweiler könnte mit seinem Taubenturm und der ehemaligen Kapelle einem Film über luxemburgische Geschichte entsprungen sein. Anders als man es vielleicht von einer solchen Kulisse erwartet, ist dies der Ort, an dem der Zoll seine Spürhunde ausbildet. Die Regierung hat das Anwesen Ende 2009 erworben und zwei Jahre später der „Brigade de recherches et cynotechnique“ zur Verfügung gestellt. Einziger Haken: Ihre Büros befinden sich nicht in dem schönen Altbau, sondern in einem Container – direkt hinter dem Hof.
Legalisierung von Cannabis: Kein Problem für den Zoll
Die Drogenspürhunde des Zolls können laut Ausbilder Sam verschiedene Stoffe finden. Einer dieser Stoffe soll in nächster Zeit legalisiert werden: Cannabis. Der Zoll ist jedoch nicht um die Zukunft der Spürhunde besorgt. „Einige Hunde werden bereits nicht mehr auf Hanf getrimmt, aber es wird immer ein Bedarf an Hunden geben, die Cannabis aufspüren können“, sagt Jean-Marc*, Stellvertreter des Hofchefs auf dem „Birelerhaff“. Denn der Transport großer Hanfmengen werde wohl weiterhin verboten bleiben. Darum werde das Durchsuchen vor allem von Lastwagen auch nach der geplanten Legalisierung von Cannabis mit hoher Wahrscheinlichkeit gängige Praxis bleiben.
Beim Luxemburger Zoll gibt es zwei Hundetypen: Der Passiv-Hund spürt nur illegale Güter auf, der Combi-Hund hingegen sucht nach Illegalem und wird darauf trainiert, die Beamten im Ernstfall zu verteidigen. „Den Combi-Hund haben wir dabei, wenn wir nachts unterwegs sind oder jemanden verhaften“, sagt Jean-Marc. Bei Gefahr sei die abschreckende Wirkung des Hundes – egal ob Passiv- oder Combi-Hund – nützlich. „Die Menschen wissen, dass die Beamten nicht ohne Grund handgreiflich werden dürfen, der Hund hingegen wirkt unberechenbar“, ergänzt Sam. Die Brigade arbeitet mit der Rasse Malinois sowie mit dem Holländischen und dem Deutschen Schäferhund. Insgesamt sind es zehn Hunde. Dabei wird es aber nicht bleiben, denn das Spektrum der Zollarbeit hat sich laut Gérard in den vergangenen Jahren vergrößert. „Heute werden im Darknet Drogen verkauft, dafür wird dann meist die Post in Anspruch genommen“, sagt Gérard.
Das Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem Zoll und den Schmugglern nimmt stetig neue Formen an. Letztere lassen sich immer neue Verstecke für ihr Rauschgift einfallen. Von Schulterpolstern, deren Füllung mit Drogenpäckchen ersetzt wurde, bis zu klassischen Verstecken wie dem doppelten Boden hat Jean-Marc schon so einiges gesehen. Einige implantieren Drogen sogar in Tiere oder schlucken die Drogenpäckchen gleich selbst. „Der Körperschmuggel ist sehr beliebt in Luxemburg“, sagt Gérard. Bei aller Hinterlist machen die Schmuggler jedoch häufig Fehler und werden dann vom Zoll erwischt. Dabei stellen sich einige eher ungeschickt an: zum Beispiel eine Person, die „auf Facebook geprahlt hat, sie sei mit ihren illegalen Waren am Zoll vorbeigekommen“, sagt eine Mitarbeiterin des Zolls.
„Manche sind wie paralysiert, andere werden wütend“
Menschen, die beim Zoll mit Spürhunden arbeiten wollen, müssen nicht nur ein Händchen für Hunde haben, sondern auch körperlich fit sein und eine dicke Haut besitzen. Jeder Bewerber wird unter anderem getestet, ob er mit Druck umgehen kann. „Manche sind vom Druck wie paralysiert, andere wiederum werden wütend – beides ist nicht gut für unseren Beruf“, sagt Jean-Marc.
Auch die Lebenssituation der Person muss stimmen, denn der Hund kommt bei seinem Herrchen zu Hause unter. „Der Beruf passt einfach nicht zu jemandem, der jedes Wochenende wegfährt“, meint Jean-Marc und sagt, dass man als Mitarbeiter des Zolls eine stabile Persönlichkeit haben muss. Besonders heutzutage, denn: „Die Hemmschwelle zur Gewalt ist im Vergleich zu früher niedriger, man hat heute weniger Respekt vor den Autoritäten und es kommt schneller zu Auseinandersetzungen“, führt Jean-Marc weiter aus.
Der Zoll kauft zehn bis 20 Monate alte Hunde, da die Tiere in diesem Alter bereits einen festen Charakter haben. Nicht alle Hunde sind für die Drogensuche geeignet, es kommt auf die Persönlichkeit an. „Der Hund sollte einen ausgeprägten Spieltrieb haben, sozial und natürlich gesund sein“, sagt Sam. Beim Tierarzt wird der vierbeinige Kandidat einem großen Check-up unterzogen. Wenn keine Probleme festgestellt werden, kann die einjährige Ausbildung beginnen. Nach einem Abschlusstest ist es dann so weit: Der Hund kann mit seinem Hundehalter auf Drogenjagd gehen.
* Die kompletten Namen sind dem Tageblatt bekannt. Um die Einsatzkräfte der „Brigade recherche et cynotechnique“ zu schützen, wurden sie unkenntlich gemacht.
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